Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
Vom Netzwerk:
Traldragdubh oder Trildrogdrib (so weit ich mich erinnere, wird das Wort in beiderlei Arten ausgesprochen) mit zehn Mann Kavallerie zu transportiren. Mein ganzes Zubehör bestand aber aus dem armen Bursch von Dollmetscher, den ich überredet hatte, in meinen Dienst zu treten, und auf mein demüthiges Gesuch erhielten wir Beide zwei Maulesel, um darauf zu reiten. Ein Bote ward auf eine halbe Tagereise uns vorausgeschickt, um dem König Nachricht von unserer Ankunft zu geben, und den Wunsch auszudrücken, Seine Majestät möge gnädigst geruhen, Tag und Stunde zu bestimmen, wo es sein allerhöchstes Vergnügen seyn würde, daß ich die Ehre erhalten möchte, den Staub vor Seinem Fußschemel abzulecken.

    Dies ist der Hofstyl; auch fand ich, daß es nicht eine bloße Förmlichkeit sey. Als ich nämlich zwei Tage nach meiner Ankunft Audienz erhielt, wurde mir befohlen, auf dem Bauch zu kriechen und den Boden abzulecken während ich vorwärts kroch; da ich jedoch ein Fremder war, so hatte man zuvor dafür gesorgt, den Fußboden so rein zu machen, daß der Staub mir nicht sehr unbequem wurde. Dieses war jedoch eine besondere Gnade, welche nur den Personen vom höchsten Range bewilligt wird, wenn sie eine Audienz zu erhalten wünschen. Bisweilen wird sogar der Boden absichtlich mit Staub bestreut, wenn die Person, welche Zutritt erhält, bei Hof mächtige Feinde hat. Auch habe ich gesehen, daß der Mund eines vornehmen Herrn so vollgestopft war, daß er kein einziges Wort aussprechen konnte. Dagegen gibt es auch kein Mittel, weil es für diejenigen, welche Audienz erhalten, als Todesverbrechen gilt, wenn sie in Gegenwart Ihrer Majestät ausspucken, oder sich den Mund wischen.

    Es gibt noch eine andere Gewohnheit, die ich durchaus nicht billigen kann; wenn der König die Absicht hat, einen seiner Edelleute in sanfter und milder Art zu tödten, so läßt er den Fußboden mit einem gewissen braunen Pulver, einem tödtlichen Gifte, bestreuen, welches Jeden, der es aufleckt, in vierundzwanzig Stunden tödtet. Um jedoch der großen Milde dieses Königs und der Sorgfalt, die er hinsichtlich des Lebens seiner Unterthanen hegt, genügende Gerechtigkeit widerfahren zu lassen (und ich wünschte, daß die europäischen Monarchen ihm hierin nachahmten), so muß ich zu seiner Ehre erwähnen, daß genaue Befehle gegeben wurden, die vergifteten Theile des Fußbodens nach einer solchen Hinrichtung genügend zu waschen und abzukehren. Unterlassen dies seine Hausbedienten, so sind sie der Gefahr ausgesetzt, die königliche Ungnade sich zuzuziehen. Ich hörte selbst, wie er Befehle ertheilte, einer seiner Pagen solle gepeitscht werden; es war nämlich die Reihe an demselben gewesen, die Reinigung des Fußbodens zu besorgen, und er hatte es boshafterweise unterlassen. Durch die Vernachläßigung ward ein junger hoffnungsvoller Lord, welcher eine Audienz erhalten hatte, unglücklicherweise vergiftet, obgleich der König damals keine Absicht hegte, ihm das Leben zu nehmen. Doch war der gutmüthige Fürst so gnädig, dem armen Pagen die Peitschenstrafe zu erlassen, als derselbe versprochen hatte, er werde es ohne besonderen Befehl nicht wieder thun.
    Ich kehre nun von dieser Digression zu meinem Berichte zurück. Als ich bis auf vier Ellen vom Throne gekrochen war, erhob ich mich langsam auf meine Knie, schlug dreimal mit der Stirne auf den Fußboden und sprach in der Landessprache einen Satz, den ich am Abend vorher erlernt hatte, und den ich folgendermaßen übersetze: Mag Eure himmlische Majestät die Sonne um elf und einen halben Monat überleben! Dieses ist das gesetzmäßige Kompliment des Landes, für alle Leute, welche Audienz erhalten. Der König gab eine Antwort, die ich nicht verstand, und ich erwiderte, wie ich zuvor gelernt hatte: Meine Zunge ist im Munde meines Freundes, worauf der junge, von mir schon erwähnte Mann hereingeführt wurde; durch dessen Hülfe beantwortete ich so viele Fragen, als Seine Majestät ungefähr in einer Stunde an mich richten konnte. Ich sprach im Balnibarbischen und mein Dollmetscher sagte den Sinn meiner Worte im Luggnagischen.
    Der König fand an meiner Gesellschaft viel Vergnügen und befahl seinem Bliffmarklub oder Oberkämmerling, eine Wohnung für mich und meinen Dollmetscher am Hofe einzurichten. Ein bestimmter Betrag von Lebensmitteln ward für meine Tafel geliefert, und ich erhielt einen großen Beutel voll Geld für meine täglichen Ausgaben.
    Nur um dem Könige zu gehorchen, blieb ich drei

Weitere Kostenlose Bücher