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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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sagen können, wie sie sich unter solchen Umständen zu benehmen haben. Auch erinnere ich mich mehrerer Unterredungen mit meinem Herrn, wo ich gelegentlich von Lügen und falscher Darstellung sprach, da wir uns gerade über die Natur der Mannheit in andern Ländern unterhielten, so daß er nur mit Schwierigkeit den Sinn meiner Worte verstand, ob er gleich sonst eine scharfsinnige Urtheilsgabe besaß. Seine Schlußfolge war nämlich diese: der Gebrauch der Rede ist uns zum gegenseitigen Verständniß und zur Kenntniß der Thatsachen gegeben. Sagt nun Jemand irgend etwas, welches nicht existirt, so wird der Zweck verfehlt, weil man ja von mir nicht sagen kann, daß ich den Sinn seiner Rede begreife, auch bin ich so weit davon entfernt, etwas mir Neues zu erfahren, daß ich schlimmer daran bin, als wüßte ich gar Nichts; ich glaube zuletzt etwas Weißes sey schwarz, und etwas Kurzes lang. Dieses waren alle Begriffe, die er über das Vermögen des Lügens besaß, welches von allen Menschengeschöpfen so vollkommen verstanden und so allgemein ausgeübt wird.

    Ich kehre von dieser Abschweifung zurück. Als ich behauptete, die Yähus seyen ausschließlich in meinem Vaterlande die herrschenden Thiere, sagte mein Herr, dies übersteige seine Begriffe. Alsdann wünschte er zu wissen, ob wir auch Hauyhnhnms hätten und wie dieselben beschäftigt wären. Ich erwiderte ihm, wir besäßen eine große Anzahl Hauyhnhnms; sie grasten im Sommer auf den Wiesen und würden des Winters in Häusern mit Heu und Hafer ernährt; Yähu-Bedienten wären bei ihnen angestellt, um ihre Haut rein zu striegeln, ihre Mähnen zu kämmen, ihre Hufe zu untersuchen, ihnen Futter zu reichen und ihr Bett zu machen. Ich verstehe Dich wohl, sagte mein Herr, wie sehr die Yähus auch auf die Vernunft Anspruch machen, sind die Hauyhnhums dennoch die Herren. Ich wünsche nur, daß man mit Euren Yähus eben so gut umgehen kann.

    Ich bat ihn: Seine Gnaden möge mich entschuldigen, daß ich nicht weiter fortfahre. Ich sey überzeugt, der Bericht, den ich Ihr geben werde, müsse Ihr im höchsten Grade mißfallen. Mein Herr bestand jedoch auf seinem Befehle, ihm Gutes und Schlimmes zu sagen. Alsdann berichtete ich, um ihm zu gehorchen: Die Hauyhnhums, die wir bei uns Pferde nennen, seyen die großmüthigsten und zierlichsten Thiere, die wir besitzen, sie hätten ausgezeichnete Vorzüge durch Körperkraft und Schnelligkeit; wenn sie Personen von Stande gehörten, würden sie zu Reisen, Wettrennen und Wagenziehen gebraucht. Sie würden sehr sorgfältig und gütig behandelt, bis sie krank oder an den Füßen lahm wären.

    Alsdann aber verkaufe man sie und placke sie auf jede nur mögliche Art, bis sie todt seyen; hierauf ziehe man ihnen die Haut ab und verkaufe dieselbe nach dem Werthe; den Leichnam aber lasse man von Hunden und Raubvögeln verschlingen.

    Die gewöhnliche Pferderace sey jedoch nicht so glücklich; sie werde von Pächtern, Fuhrleuten und anderem gemeinen Volke gehalten, welche eine größere Arbeit verlangen und schlechteres Futter geben.

    Ich beschrieb so gut wie möglich unsere Art zu reiten

    die Form und den Gebrauch des Zaums,

    des Sattels,

    des Sporns,

    der Peitsche, des Geschirrs und der Räder.

    Ich fügte hinzu: Wir befestigen Platten von einer gewissen harten Substanz, welche wir Eisen nennen, unten an die Füße, um zu verhindern, daß die Hufe nicht auf steinigen Wegen zerbrechen, auf denen wir gewöhnlich reiten.

    Nachdem mein Herr seinen Unwillen ausgedrückt hatte, sprach er sein Erstaunen aus, wie wir uns auf den Rücken eines Hauyhnhnm wagen könnten; er sey überzeugt, der schwächste Diener seines Hauses sey im Stande, den stärksten Yähu abzuwerfen, oder wenn er sich niederwerfe und auf dem Rücken rolle, jenes Thier zu Tode zudrücken. Ich erwiderte, unsere Pferde würden vom dritten und vierten Jahre an für den Zweck, den wir beabsichtigen, zugeritten; würden einige von ihnen als schlecht erkannt, so gebrauche man sie zum Wagen ziehen; für jede boshafte Laune würden sie in ihrer Jugend gehörig gepeitscht; die Hengste, die man zum gewöhnlichen Reiten oder Ziehen bestimme, würden gewöhnlich im zweiten Jahre nach ihrer Geburt verschnitten, um ihren Muth zu vermindern, und um sie zahmer und sanfter zu machen; sie seyen allerdings für Belohnungen und Strafen empfänglich, allein Seine Gnaden möge bedenken, daß sie nicht die geringste Spur von Vernunft besäßen, eben so wenig, wie die Yähus in diesem Lande.

    Ich

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