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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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anzulegen, denn ich schauderte vor Kälte.
    Ich sagte ihm wie unangenehm es mir sey, daß die Benennung Yähu, dieses verhaßten Thieres, gegen welches ich den äußersten Haß und Verachtung hege, mir so häufig beigelegt werde, und bat ihn deßhalb, er möge das Wort nicht ferner auf mich anwenden und dasselbe seiner Familie und seinen Freunden sagen, denen er erlaube mich zu besuchen. Ich bat ihn ferner, das Geheimniß meiner falschen Körperbedeckung zu bewahren, so lange meine gegenwärtige Kleidung aushalten würde, denn wie sein Diener, der fuchsrothe Klepper, bemerkt habe, werde es im Interesse seiner Ehre seyn, nicht davon zu reden.
    Zu Allem dem gab mein Herr sehr gnädig seine Einwilligung, und so wurde das Geheimniß bewahrt, bis meine Kleider abgenutzt waren, so daß ich genöthigt wurde, dieselben auf verschiedene Weise zu ersetzen, wie ich nachher beschreiben werde. Alsdann sprach er seinen Wunsch aus, ich möge unterdessen die Landessprache erlernen. Er sey nämlich über meine Fähigkeit der Rede und Vernunft noch mehr erstaunt, als über die Gestalt meines Körpers, ich möge mich bedecken oder nicht. Auch warte er voll Ungeduld auf die wunderbaren Dinge, die ich ihm erzählen wolle.
    Von da an verdoppelte er seine Mühe mich zu unterrichten; er brachte mich in alle Gesellschaften und trug Sorge, daß ich höflich behandelt wurde; er sagte nämlich seinen Freunden insgeheim, dies werde mich in guter Laune erhalten und mich für sie unterhaltender machen.

    An jedem Tage legte er mir mehrere Fragen, in Betreff meiner, vor, die ich so gut wie möglich beantwortete; hiedurch hatte er bereits einige allgemeine Ideen erlangt, ob diese gleich noch sehr unvollkommen waren. Es würde langweilig seyn, das ganze Verfahren darzustellen, wodurch ich zu einer regelmäßigen Unterhaltung gelangte. Der erste Bericht, den ich jedoch in einiger Ordnung und Länge von mir gab, war folgender Art:
    Ich sey aus einem sehr entfernten Lande gekommen, nebst fünfzig Andern meines Geschlechtes; wir seyen in einem großen hölzernen Gefäß, welches bei Weitem größer sey, als das Haus Ihrer Gnaden, über das Meer gereist. Ich beschrieb ihm das Schiff so gut wie möglich, und erklärte ihm durch mein Schnupftuch, wie der Wind es vorwärts treibe. Nach einem Zwiste unter uns, sey ich hier an der Küste ausgesetzt worden und weiter gegangen, ohne zu wissen wohin, bis er mich von der Verfolgung der verabscheuungswürdigen Yähus befreit habe. Mein Herr fragte mich hierauf, wie das Schiff gebaut sey, und wie die Hauyhnhnms des Landes dasselbe der Führung von Thieren überlassen könnten. Meine Antwort war: Ich würde in meinem Berichte nicht fortzufahren wagen, wenn er mir nicht sein Wort gebe, daß er sich nicht ärgern wolle, und alsdann würde ich ihm die Wunder erzählen, die ich so oft versprochen. Er bewilligte meine Bitte, und ich gab ihm dann die Versicherung, das Schiff sey von Geschöpfen, die mir gleichen, verfertigt. In meinem Vaterlande, so wie in allen Ländern, die ich durchreiste, seyen die Yähus allein die vernünftigen und regierenden Thiere; bei meiner Ankunft sey ich so erstaunt gewesen, als ich ihn erblickte, daß die Hauyhnhnms als vernünftige Geschöpfe handelten, wie er und seine Freunde sich verwunderten, einige Spuren von Vernunft bei einem Geschöpfe zu finden, das er Yähu zu nennen die Güte habe. Ich gestand ein, daß ich den Yähus in jedem Theile meines Körpers gleiche, daß ich mir jedoch ihre ausgeartete und viehische Natur nicht erklären könne. Ich sagte ferner: Wenn das Glück mich jemals in mein Vaterland zurückführe, um meine Reise hieher, wie ich beschlossen habe, zu erzählen, so würde mir Jeder glauben, ich habe etwas berichtet, was nirgends existire, und hätte eine Geschichte in's Blaue erfunden; ich müsse bei aller Achtung, die ich gegen ihn, seine Familie und Freunde hege, und unter der Bedingung, daß er sich nicht beleidigt fühle, offen eingestehen, daß meine Landsleute mir schwerlich glauben werden, ein Hauyhnhnm sey das herrschende Geschöpf einer Nation und der Yähu das Vieh.

Viertes Kapitel.

    Begriff der Hauyhnhnms von Wahrheit und Falschheit. Des Verfassers Bericht wird von seinem Herrn nicht gebilligt. Der Verfasser gibt einen genaueren Bericht über sich selbst und die Ereignisse seiner Reise.

    Mein Herr hörte mich mit Zeichen des Aergers in seinen Zügen an, denn Bezweifeln oder Nichtglauben ist in diesem Lande so wenig bekannt, daß die Einwohner nicht

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