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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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Eine Menge Materialien, die zur Verfertigung eines Fahrzeuges nothwendig seyen, fehlten in diesem Lande. Ich würde jedoch, aus Gehorsam und Dankbarkeit gegen Seine Gnaden, den Versuch machen, ob ich gleich die Ausführung für unmöglich hielte, so daß ich schon jetzt mich als verloren betrachte; die sichere Aussicht auf einen unnatürlichen Tod, sey das geringste meiner Nebel. Sollte ich nämlich durch irgend einen besondern Zufall dem Tode entgehen, so könne ich doch unmöglich mit Gelassenheit daran denken, mein Leben wieder bei Yähus zuzubringen und in die alte Verderbniß, aus Mangel an Beispielen, wieder zu versinken, welche mich auf die Pfade der Tugend führen und auf denselben erhalten würden. Ich wisse sehr wohl, daß die Beschlüsse der weisen Hauyhnhnms zu richtig begründet seyen, als daß ich, ein erbärmlicher Yähu, sie erschüttern könne. Ich sage ihm deßhalb meinen demüthigen Dank für die mir angebotene Hülfe seiner Diener bei Verfertigung eines Schiffes, bitte um die erforderliche Zeit für ein so schwieriges Werk und wolle mich bemühen, mein elendes Leben zu erhalten. Würde ich jemals nach England zurückkehren, so hege ich einige Hoffnung, meinem Geschlechte dadurch nützlich zu werden, indem ich den Ruhm der berühmten Hauyhnhnms feiern und ihre Tugenden dem Menschengeschlechte zur Nachahmung hinstelle.
    Mein Herr gab mir in wenigen Worten eine sehr gnädige Antwort; er gestattete mir die Zeit von zwei Monaten, um mein Boot zu vollenden, und befahl dem fuchsrothen Klepper, meinem Kameraden im Dienste (so darf ich ihn jetzt, da ich so weit von ihm entfernt bin, wohl nennen), meine Anleitung zu befolgen. Ich sagte nämlich meinem Herrn, die Hülfe desselben werde genügen, und ich wußte, daß dieser mein Kamerad viele Zuneigung zu mir hegte. Mein erstes Geschäft in der Gesellschaft desselben bestand darin, daß ich zu dem Theile der Küste ging, wo meine rebellische Schiffsmannschaft mich hatte an's Land setzen lassen. Ich bestieg eine Höhe, sah nach allen Seiten in das Meer hinein und glaubte eine kleine Insel im Nordosten zu bemerken. Alsdann nahm ich mein Taschenperspektiv zur Hand und konnte dieselbe nach meiner Berechnung in der Entfernung von fünf Stunden deutlich erkennen. Der fuchsbraune Klepper hielt die Insel aber nur für eine blaue Wolke, denn er hatte keinen Begriff, daß es noch ein Land ausser dem seinigen gebe, und konnte deßhalb entfernte Gegenstände auf der See nicht wie wir erblicken, die wir auf diesem Elemente sehr bewandert sind.
    Als ich diese Insel entdeckt hatte, überlegte ich nicht weiter, sondern beschloß, dieselbe solle für's erste mein Verbannungsort werden. Das übrige überließ ich dem Glück.
    Ich kehrte nach Hause, und nachdem ich eine Berathung mit dem fuchsbraunen Klepper gehalten, gingen wir Beide in ein nicht weit von unserm Hause entferntes Gebüsch, wo ich mit meinem Messer und er mit einem scharfen Feuerstein, der nach Landessitte an einem hölzernen Griff sehr geschickt befestigt war, mehreres Eichen-Gesträuch, von der Dicke eines Spazierstocks, und einige größere Stöcke abschnitt. Ich will jedoch den Leser mit einer zu genauen Beschreibung meines Verfahrens nicht langweilen; es genüge die Bemerkung, daß ich im Verlauf von sechs Wochen mit Hülfe des fuchsrothen Kleppers, welcher die mühsamste Arbeit verrichtete, eine Art indianischen Cano's baute; dasselbe war jedoch bei weitem größer. Ich bedeckte es mit Yähu-Häuten und heftete letztere mit Fäden aus Hanf, die ich selbst erfunden, dicht an einander. Mein Segel bestand ebenfalls aus der Haut dieses Thieres; ich gebrauchte jedoch dazu die Häute der jüngeren, denn die der älteren waren viel zu rauh und dick. Auch versah ich mich mit vier Rudern, legte in das Cano einen Vorrath gekochten Fleisches von Kaninchen und Vögeln, so wie auch zwei Gefäße, eines voll Milch und das andere voll Wasser.

    Ich probirte mein Cano in einem großen Teiche bei dem Hause meines Herrn, und verbesserte dann die Mängel, die ich bemerkte, indem ich die Ritzen mit Yähu-Talg verstopfte, bis das Fahrzeug im Stande war, mich und meine Fracht zu tragen. Als es nun vollständig in jeder Hinsicht erschien, wurde es von Yähus auf einem Wagen langsam an das Ufer gezogen, wobei der fuchsbraune Klepper und noch ein anderer Bediente die Treiber waren.

    Als Alles bereit und der Tag meiner Abreise angebrochen war, nahm ich von meinem Herrn, seiner Gemahlin und der ganzen Familie Abschied. Meine Augen

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