Gun Machine
Kindermädchen erschossen, bevor er sich eine Kugel durch den Mund ins Hirn gejagt hatte.
Ein wenig Gelächter im knisternden Rauschen: In Hell’s Kitchen stand das Hauptquartier eines drittklassigen Waffendealers in Flammen, der sich Kutkha nannte, aber allgemein als Antonin Anosov bekannt war. Über die Jahre hatten zahlreiche New Yorker Detectives Anosovs Bekanntschaft gemacht und meist eine liebevolle Verachtung für ihn entwickelt; immerhin zählte er zu den wenigen echten Exzentrikern, die die hiesige Unterwelt in den letzten Jahren hervorgebracht hatte. Niemand hätte offen von Sympathie oder gar Zuneigung gesprochen, doch die, die mit ihm zu tun gehabt hatten, wussten ihn in der Regel zu schätzen. Deshalb entbrannte jetzt ein kleines, scherzhaftes Geplänkel über mögliche Ursachen für den Brand seines Geschäftssitzes.
Ein paar Minuten später trafen erste Meldungen über Leichen an der Brandstelle ein. Viele Leichen. Die Scherze zerfielen zu Asche und wurden von den Funkwellen verweht. Rauchzeichen.
Achtundzwanzig
Der Jäger musste Zeit totschlagen.
Er machte einen Zustand durch, den er inzwischen als Erschöpfung durch Widerwillen bezeichnete. Über längere Zeiträume hinweg ermüdete ihn der überwältigende, existenzielle Ekel, der aus Abscheu vor der modernen Welt in ihm hochkochte. Es laugte ihn aus, sich fortwährend mit einer fremdartigen Umgebung auseinandersetzen zu müssen, die ihn innerlich krank machte und physisch abstieß. Er fühlte sich septisch, matt, richtig alt.
Diese Erschöpfung jagte ihm Angst ein. Sie schwächte ihn, vor allem mental. Auf seiner Wanderung driftete er schließlich so weit nach Mannahatta ab, dass er keine modernen Lichtquellen mehr wahrnehmen konnte. Jähe Dunkelheit umfing ihn, der Verkehr verschwamm zu dahinjagenden Wölfen mit Bernsteinaugen. So schnell er konnte, huschte der Jäger von Baum zu Baum, die Hände unter die Achseln gepresst, um den Gestank seines Angstschweißes zu verdecken. Kein Mensch war eins mit den Wölfen. Wölfe fraßen selbst mächtige Jäger. Unter Raubtieren gab es weder Ehre noch Regeln, und auch die Eingeweide eines Menschen dampften, wenn sie in der kalten Nacht zerfetzt wurden.
Ein Auto brach aus dem Wald und durchbohrte den Jäger beinahe mit seinem Chrom.
Der Jäger wirbelte herum und klammerte sich an einen Rotahorn, während das Auto vorbeiraste und sich in ein silbriges Wolfsrudel dissoziierte, das in dunkle Bäume entschwand.
Er kniff die Augen zusammen. Als er sie behutsam öffnete, nur testweise, erwarteten ihn eine verschwommene Aussicht, die zu etwa achtzig Prozent aus modernem Manhattan bestand, und ein stechender Kopfschmerz. Mit dem Schmerz konnte er leben– er würde seine Sinne zeitweilig schärfen, ehe das penetrante Dröhnen sie wieder abstumpfen ließ. Sofern es nicht vorher verging.
Ein wenig Nahrung wäre von Vorteil. Der Jäger wagte nicht, von der Nahrung Manhattans zu kosten. In einer verzweifelten Lage hatte er einmal einen halb verspeisten Burger ergattert, der in einer braunen Tüte auf einem Mülleimer abgelegt worden war. Schon beim Kauen hatten sich seine Nieren verkrampft, so salzgetränkt war das Fleisch. Außerdem hatte es unverkennbar nach einem Fetzen eines Tiers geschmeckt, das sich in weiten Teilen von seinen eigenen Ausscheidungen ernährt hatte. Das Brötchen, das das Fleisch umschlossen hatte, war vermutlich ein entfernter Nachfahre von Maisbrot gewesen, aber mit einem Beigeschmack nach Ammoniak und Kreide. Eine halbe Stunde später hatte der Jäger seinen gesamten Mageninhalt erbrochen, eine schmerzhafte, langwierige Prozedur. Er hatte Farben erbrochen, die er noch nie hervorgebracht hatte, und er hätte schwören können, dass er nach etwa zwanzig Minuten einen Blick auf den geschwärzten Stumpf eines Milchzahns erhascht hatte, den er mit sechs Jahren verschluckt hatte. Der Jäger hatte sich zu lange von den Früchten dieser Insel der vielen Hügel ernährt. Den maschinell produzierten Dreck, mit dem sich die neuen Menschen mästeten, konnte sein Stoffwechsel schlicht nicht verarbeiten.
Nun stöberte der Jäger in Mantel und Tasche, bis er eine halbe Handvoll geknackter Schwarznüsse und sechs Früchte des Zürgelbaums gefunden hatte, die er im Central Park aufgeklaubt und in ein Stück Zeitung gewickelt hatte. Während er seinen Weg fortsetzte, kaute er jeden Bissen gründlich und methodisch, bevor er sich gestattete, die Nahrung zu schlucken. Das volle, rauchige Weinaroma der
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