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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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Nüsse wechselte sich mit dem zuckrigen Aufflammen der Zürgelbaumfrüchte ab. Diese Happen sollten ihm genügend Kraft für die Wanderung zum Central Park geben, wo er weiteren Proviant für den Rest dieser Nacht sammeln konnte.
    Tief im Innern war ihm bewusst, dass er weinte, doch er zog es vor, diese Erkenntnis nicht an die Oberfläche treten zu lassen. Er konnte sie gezielt ausblenden. Es war nicht zu leugnen, drang aber auch nie vollends an sein Bewusstsein: die untröstlichen Schreie seiner eigenen Stimme, die ihm sagen wollte, dass er wahnsinnig war, heillos wahnsinnig, dass er sich Hilfe suchen oder gleich vor ein Auto werfen sollte, weil er wie ein tollwütiges Tier lebte, und wie konnte es nur so weit kommen, warum ist nichts mehr, wie es war, warum rauchen die Straßenlaternen, warum atmen die Telefonmasten, bitte, bitte, bitte– an einer Kreuzung bemerkte der Jäger die verstörten Blicke der modernen Menschen. Er ignorierte sie. Was sahen sie ihn so an? Als würde er heulend und brüllend umherlaufen! Und das, sagte er sich, wäre einem Jäger unangemessen.
    Der Jäger huschte über die Straße zum Grenzzaun des Central Park und glitt zwischen seine Knochen wie ein Messer.

Neunundzwanzig
    Wie sich herausstellte, lebten Scarly und Talia am unscharfen urbanen Rand von Park Slope– nah genug an dem Edelviertel, um den sozialen Druck auf eine Lebensgemeinschaft aus zwei Frauen zu verringern, und doch so weit abseits der offiziellen Grenzlinie, dass man ein bezahlbares Apartment finden konnte. Tallow staunte nicht schlecht, als er direkt gegenüber der Haustür einen öffentlichen Parkplatz und direkt davor mehrere Parklücken entdeckte. Als Einwohner Manhattans war er mindestens fünfminütige Spaziergänge vom Wagen zum Apartment gewöhnt, sodass er sich nun ein wenig veralbert vorkam. Als hätte der Himmel die ganze Zeit gleich hinter der Brücke gewartet und keiner hätte es ihm gesagt.
    Er parkte hinter Scarly und Bat vor einem breiten, gerade mal dreistöckigen Backstein-Apartmenthaus.
    Scarly und Talia hatten sich im dritten Stock eingerichtet, und Talia wartete bereits in der offenen Wohnungstür. Sie war genauso groß wie Tallow und exponentiell besser in Form. Ihr Haar, eine geradezu surreale Kupferdrahtmähne, hatte sie mit Gummibändern zu einer Art Kabelbündel an Hinterkopf und Nacken verschnürt. Sie trug ein graues Unterhemd, das ihre kräftigen, hervorragend definierten Muskeln zur Schau stellte, und eine schwarze Combathose, die den vorherrschenden Eindruck komplettierte: SWAT -Kämpferin nach Dienstschluss. An ihren Füßen, die nackt auf der Fußmatte ruhten, entdeckte Tallow so viele Schwielen, dass er sich ausrechnen konnte, dass sie sich vorwiegend mit Kickboxen fit hielt. Sie hatte kein Make-up aufgelegt; ihre Haut besaß eine beinahe durchscheinende Blässe. Scarlys Umarmung und Kuss erwiderte sie liebevoll, aber zurückhaltend, stets ein Auge auf Tallow gerichtet.
    » Danke, dass du das für uns machst « , meinte Scarly.
    » Kein Problem. Willkommen zu Hause. «
    Bat näherte sich. Nachdem Talia ein Bussi auf die Wange und ein » Hey, Tallie « erduldet hatte, scheuchte sie ihn mit einem nicht nur freundschaftlich gemeinten Klaps auf den Hinterkopf ins Innere.
    Tallow streckte die Hand aus und wagte den direkten Augenkontakt.
    Mit geschürzten Lippen überprüfte Talia, ob er ihrem Blick standhalten konnte, um ihn dann mit einem schnellen, festen Händedruck zu begrüßen.
    Er erwiderte den Händedruck angemessen. » Ich bin John. «
    Einer ihrer Mundwinkel zuckte– die Andeutung eines Lächelns–, bevor sie ihm zunickte, wie um zu sagen: Okay, darfst reinkommen. Tallow hatte sich tatsächlich ein paar Gedanken über sein Auftreten gemacht, und obwohl er in Anbetracht ihrer scharfsichtigen Augen bezweifelte, dass Talia vollständig darauf hereingefallen war, schien sie zumindest seine Bemühungen zu würdigen.
    » Talia « , sagte sie. » Kommen Sie rein, John. «
    Zwischen ihrem Apartment und dem Trollbau, in dem Scarly arbeitete, lagen Welten. Kein einziges Möbelstück war nicht schön, nützlich oder beides. Es war ein sparsam dekoriertes, luftiges und dennoch gemütliches Zuhause– keine kühle, minimalistische Wüste, sondern ein geschmackvoll kuratierter Wohnraum. In der Luft hing süßer Essensduft.
    Scarly ging voraus in die Küche. Unterwegs ließ sie ihren Mantel neben dem Sofa auf den Boden fallen.
    » Scar latta « , fauchte Talia.
    Scarly erstarrte, schlich

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