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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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Zigaretten landeten die Bücher aus dem Wagen und das Tablet aus der Laptoptasche. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich, stand wieder auf, runzelte die Stirn und begab sich auf die Suche nach einem Getränk und einem Aschenbecher. Ganz hinten in seinem kleinen Kühlschrank fand er noch eine steinalte Dose Eiskaffee, im Mülleimer entdeckte er eine leere Styroporschale mit einer Kruste aus verfärbtem Reis. Er setzte sich wieder. Doch als er gerade mit dem Nachdenken anfangen wollte, fiel ihm ein, dass er Bat sein Feuerzeug gegeben hatte.
    Er lehnte sich zurück, klopfte sich geistesabwesend die Taschen ab und sinnierte. Hatte er nicht beschlossen, dass er gar nicht mehr rauchen wollte? Damit würde er sich bloß das Apartment verpesten. Und deshalb würde er sich nun in Selbstkontrolle üben und ignorieren, dass seine Füße immer wieder von der Ferse auf den Ballen und zurück wippten.
    Schließlich ging er in die Küche, zündete sich die Zigarette unter Gefahr für Leib und Leben am Gasherd an, stemmte das kleine Küchenfenster auf, lehnte sich ins Freie wie ein wankelmütiger Selbstmörder im Angesicht des Abgrunds und paffte angewidert drauflos. Morgen früh würde er die Schachtel wegwerfen. Was sollte man noch mit Zigaretten, wenn man nicht mal mehr ein Feuerzeug hatte? Er würde die Dinger ja schon heute wegschmeißen, aber dann würden sie nur im Müll vor sich hin trocknen und ihm erst recht das Apartment vollstinken. Zufrieden mit der Logik seines Gedankengangs, rauchte Tallow weiter.
    Er setzte sich wieder, ließ den Eiskaffee zischen und trank einen ersten Schluck. Sollte Mutter Teresa in den Tiefen Kalkuttas jemals Eiskaffee serviert haben, hätte er auch nicht grässlicher schmecken können als dieses Zeug. Trotzdem genehmigte er sich einen zweiten Schluck, bevor er anfing, sein Notizbuch durchzugehen. Er weckte das Tablet auf, kopierte die Skizzen einiger Tabakgebetsbänder ins Notizbuch und kritzelte eine Erinnerung dazu, Scarly und Bat nach der Zusammensetzung der Farben auf den Waffen zu fragen.
    Außerdem notierte er sich die hoffentlich relevantesten Details der historischen Mordtat von Rochester. Mit ein paar Wischern auf dem Tablet rief er einige Standardzusammenfassungen der Son-of-Sam-Morde auf und hielt wiederum die wesentlichen Punkte fest. Beides gehörte zum selben Hirngespinst. Tallow war bewusst, dass er komplett im Dunkeln tappte, aber solange er über diese antiken Fälle nachdachte, hatte er wenigstens das Gefühl, überhaupt nachzudenken. Und solange sein Hirn in Bewegung blieb, war er in der Lage, die wirklich entscheidenden Tatsachen festzunageln, sobald sie sich zeigten.
    Als er wieder in der Laptoptasche kramte, entdeckte er den Papierkram, den die Lieutenant ihm heute Morgen gegeben hatte. Er hatte sich das Zeug noch gar nicht richtig angeschaut.
    Die erste untersuchte Waffe. Eine Bryco Model 38, Kaliber .32. Eine kleine, klapprige Billigknarre, die massenhaft ausgeliefert wurde. Nichts Besonderes. Bis auf die Manipulationen an der Innenseite des Laufs, von denen im Bericht die Rede war. Tallow machte sich zwei Notizen– einerseits wollte er Bilder des Projektils haben, andererseits wollte er einen Blick in den Lauf werfen. Vielleicht könnte Bat das Ding gleich mit aufschlitzen, wenn er sich seinen Herzenswunsch erfüllte und den Lauf der Steinschlosspistole spaltete.
    Der Tote zur Waffe: Matteo Nardini, Lower East Side, 2002. Fürs Erste konnte Tallow keine Auffälligkeiten entdecken. Er legte das Blatt zur Seite.
    Als Nächstes war die Lorcin Halbautomatik Kaliber .380 dran. Auf der Straße waren Tallow schon einige Lorcins untergekommen– Dreißig-Dollar-Wummen, die eher fürs Angeben als fürs Schießen gedacht waren. Die Dinger waren wahnwitzig unzuverlässig; ein paar Jahre lang kannte man sie im Department bloß als » Pistolen für insolvente Zuhälter « . Man musste die Zinklegierung nur schief anschauen, und schon zersprang sie wie ein Cracker. Tallow erinnerte sich an einen in die Armut abgerutschten Zuhälter, der auf die Polizeiwache geschleppt worden war, nachdem er so bescheuert gewesen war, mit einer Lorcin auf die Cops zu feuern– der Schlitten war von der Waffe auf seine Stirn geschnellt und hatte ihm postwendend die Lichter ausgeblasen.
    Im Bericht stand, dass auch diese Waffe weitreichend modifiziert worden war. Der Typ hatte sich wieder eine Knarre vorgenommen, die nur ein Wahnsinniger für einen Mord benutzt hätte, und instand gesetzt und

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