Gurkensaat
kann ich nicht entscheiden.« Ein gefährliches Glitzern trat in ihre Augen. »Sie stören die morgendlichen Abläufe auf dieser Station erheblich!«
In diesem Moment erschien der alarmierte Arzt und erlöste die wütende Schwester. Noch einmal erklärten die beiden Besucher die Umstände ihres Hierseins.
»Gut. Ich bin einverstanden. Die Tür bleibt geöffnet, ich kann meine Patientin zu jeder Zeit sehen und werde die Sache sofort abbrechen, wenn ich das Gefühl habe, Sie richten irgendeinen Schaden an.«
Nachtigall und Couvier nickten.
»Und nur Herr Nachtigall betritt das Zimmer. Er ist Frau Maul bereits bekannt, nicht wahr?«
Und so beobachteten drei Augenpaare vom Gang aus, wie der Hauptkommissar an das Bett der Patientin trat und ihr einen Zettel reichte. Wortlos las Frau Maul die wenigen Worte, ließ den Kopf ins Kissen sinken, zögerte einen Moment, hob ihn wieder und nickte deutlich.
30 Sekunden hatte er gebraucht, um diese Bestätigung zu bekommen.
»Deine Theorie ist schlüssig. Und die erste Hürde genommen.«
»Ja«, antwortete Nachtigall und hastete durch den Verbindungsgang in Richtung des Ausgangs Leipziger Straße.
»Und nun?«, fragte Couvier, der mühelos Schritt halten konnte.
»Ich rufe bei den Gieselkes an. Danach erst kann ich entscheiden, in welcher Reihenfolge ich vorgehe. Vielleicht wäre es aber nicht schlecht, wenn du hierbleiben würdest. Ein bisschen auf Frau Maul aufzupassen, wäre kein Fehler.«
»Oh weh! Da wird man auf der Station nur mäßig begeistert sein«, lachte der Profiler. »Außerdem lassen die mich eh nicht an sie ran.«
»Du wirst in etwa einer halben Stunde durch einen Kollegen in Uniform abgelöst. Dafür sorge ich. Und man wird dich mit ihr sprechen lassen, ich könnte mir vorstellen, dass sie am Ende gern deine Hilfe in Anspruch nehmen wollen.«
»Der Beamte weiß dann Bescheid? Ich muss ihm nichts mehr erklären?«
»Nein. Du kannst zu meiner Tochter nach Hause gehen.«
»Jule ist sicher schon auf. Bestimmt hat sie sich längst zu ihrer Projektgruppe aufgemacht, wenn ich komme«, schmunzelte Couvier. »Sie ist schwanger, nicht krank.«
»Grüße!«, trug ihm der Hauptkommissar knapp auf, als sich ihre Wege trennten.
Aus der Gesäßtasche zog er ein kleines Bündel Notizzettel. Es dauerte nur einen Moment, dann hatte er die richtige Nummer gefunden und gab sie in sein Handy ein, während er im Laufschritt den Parkplatz durchquerte, um den Parkschein zu bezahlen.
Klirrend fiel das Geld in den Automaten, als sich eine verschlafene Stimme meldete.
»Guten Morgen!«, fiel die Begrüßung ausgesprochen frostig aus.
»Guten Morgen, Frau Büttner. Nachtigall. Ich hätte gern mit Herrn Gieselke gesprochen.«
»Moment. Da muss ich erst nachsehen. Wir schlafen nicht immer im selben Zimmer. Wenn Johannes spät nach Hause kommt, möchte er mich nicht wecken.« Offensichtlich hatte sie das Gefühl, sie müsse sich für die getrennten Schlafzimmer rechtfertigen.
Schritte waren zu hören, die sich langsam entfernten und kurz danach deutlich zügiger zurückkamen. Atemlos teilte Frau Büttner ihm mit, Johannes sei nicht zu Hause. Schlimmer noch, sein Bett sei völlig unberührt und sein Auto stünde auch nicht vor dem Haus.
Peter Nachtigalls Miene verdüsterte sich. »Wann ist er gegangen?«
»Nun, er hatte Streit mit seinem Vater und kam überhaupt mit der ganzen Angelegenheit nicht mehr klar. Wir haben noch sehr lange darüber gesprochen. Der Tod seiner Mutter brachte ihn wohl völlig durcheinander. Jedenfalls ging er plötzlich davon aus, alle Gieselkes seien in Gefahr, er müsse seinen Vater warnen. Dann ist er losgefahren.«
»Um welche Zeit?«
»Gegen zwei oder halb drei«, schniefte sie und flüsterte: »Ihm ist doch nichts zugestoßen?«
»Hoffentlich nicht«, murmelte Nachtigall wenig tröstend und legte auf.
70
Traute hatte eine schlaflose Nacht.
Schon gegen 5 Uhr saß sie mit Tee und Marmeladentoast in der noch eiskalten Küche und überlegte, was zu tun sei. Irma Gieselke war tot! Natürlich konnte kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass sie ermordet wurde. Und Traute glaubte auch zu wissen, von wem. Das Problem bestand darin, dass ihr dummerweise die Beweise fehlten.
Als sie mit ihrer zweiten Tasse Frühstückstee an ihrem Lieblingsplatz am Fenster saß, haderte sie noch immer mit der himmelschreienden Ungerechtigkeit, die das Schicksal für viele Menschen bereithielt. Sie selbst nicht ausgenommen. Aber Irma hatte es noch
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