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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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hinzu: »Oder es war so: eine Art Spiel. Der Junge öffnet dem Fremden die Tür. Zufällig vielleicht. Er will drauße tobe, reißt die Tür auf und davor steht jemand, den er nicht kennt. Aber derjenige ist sympathisch. So ein Typ, zu dem Kinder schnell Vertrauen fasse. Die beide unterhalte sich. Der Besucher erzählt eine Geschichte, vielleicht, dass er ein guter Freund vom Opa sei. Maurice will ein bissche angebe und berichtet vo den schlafende Großeltern und der Schwester, die eh nichts bemerke wird, weil sie über Ohrhörer Musik dröhne lässt. Er führt den Mann durchs Haus, wie ein Erwachsener, zeigt ihm vielleicht au den heilige Schrank mit den Gewehre. Daran ist der Besucher sehr interessiert. Der Schlüssel steckt zufällig, der Großvater hat vergesse, ihn abz’ziehen. Sie hantiere ein bisschen mit den Gewehre, gehen dann ins Arbeitszimmer des Großvaters, wo der Fremde angeblich warte will, bis Olaf Gieselke aufwacht. Maurice beobachtet aber, wie der Kerl etwas Wertvolles in seiner Tasch verschwinde lässt, kriegt es mit der Angst zu tun und will, dass der Typ das Ding wieder hergibt. Doch der erschießt den Junge, der ihn identifiziere könnt und flieht.«
    »Und was wollte der Fremde vor der Tür? Wusste er zu dieser Zeit schon, was er stehlen wollte? Hat er den Jungen bewusst getötet? Und noch einmal: Er konnte nicht ahnen, dass der Schlüssel am Waffenschrank stecken würde. Warum also hat er keine handliche Pistole mitgebracht? Nein, nein – das klingt mir zu sehr nach Struwwelpeter«, murrte Nachtigall und fügte nach einer längeren Pause hinzu: »Aber vielleicht war es gar kein Fremder?«
    »Ein Freund der Familie?« Albrecht Skorubski zuckte zusammen. »Was für eine schreckliche Vorstellung! Aber es würde natürlich erklären, woher er von dem wertvollen Gegenstand im Haus der Gieselkes wusste – wenn es einen gab. «
    »Denkbar oder nicht?« Nachtigall begann aufzuzählen, was am nächsten Tag zu tun war. »Bevor wir in diese Richtung spekulieren, müssen wir feststellen, ob überhaupt etwas aus dem Haus fehlt. Olaf Gieselke hat nichts davon erwähnt. Er stand allerdings unter Schock. Außerdem hatte zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch niemand einen Diebstahl bemerkt. Wir müssen herausfinden, wo der Schlüssel für diesen Waffenschrank normalerweise verwahrt wird und wie sicher dieses Versteck tatsächlich ist. Bisher wissen wir nur, dass es irgendwo im Arbeitszimmer sein soll. Michael?« Michael Wiener begann, eine Liste anzulegen. »Freunde der Familie: Wir brauchen Namen und Adressen. Ist jemand in Geldnot geraten? Familienangehörige und Personal: Hat jemand seinen Schlüssel verloren oder erst nach ein paar Tagen wiedergefunden? Wurde eine Handtasche gestohlen, in der sich dieser Schlüssel befand? Die Alibis der Familienangehörigen sind zu überprüfen. Ach ja – ich möchte wissen, wer die Gespräche im Sorgerechtsverfahren mit den Kindern geführt hat. Sieht nach viel Arbeit aus für morgen!«
    »Wer wird die Obduktion durchführen?«, fragte Wiener.
    »Dr. Pankratz, nehme ich an. Dieser Fall wird die Medien auf den Plan rufen. Dr. März war vorhin bereits von einem Fernsehteam belagert.«
    »Nicht schon wieder so ein Affentheater! Hoffentlich einigt man sich auf Zurückhaltung bei der Berichterstattung. Schon der Familie wegen«, quengelte Skorubski.
    »Albrecht und ich werden morgen früh in die Klinik fahren und nachfragen, ob unsere einzige Zeugin vernehmungsfähig ist. Schluss für heute!«
    Kurz bevor sie das Büro verlassen wollten, meinte Nachtigall unvermittelt: »Wenn von euch jemand nicht an der Obduktion teilnehmen möchte, habe ich dafür Verständnis. Es wird sicher sehr belastend.«
    Wiener und Skorubski tauschten einen schnellen Blick. »Wir kommen diesmal beide mit!«
     
    Nachdenklich fuhr der Kriminalhauptkommissar nach Hause. Conny, die sich immer liebevoll seiner Albträume annahm, würde heute alle Hände voll zu tun haben.
     
    »Bei den Gieselkes hat es einen Mord gegeben!«, verkündete Traute aufgeregt.
    »Ja, das habe ich auch gehört. Hat sie nun endlich ihren Mann unter die Erde gebracht?«, erkundigte sich Gundula und konnte eine gewisse Genugtuung nicht vollständig unterdrücken.
    Das Kränzchen, das unter normalen Umständen aus fünf Damen bestand, hatte sich wie jede Woche zu einem Plausch versammelt. Sie hatten vor zwei Jahren in einem emanzipatorischen Schub ihren Männern erklärt, Frauen hätten Anspruch auf einen freien Abend in

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