Gut gebrüllt Löwe
oben auf den Zinnen. Er lachte — lachte! Und Rao neben ihm bleckte die Zähne und hielt sich den Bauch. »Ein Heidenspaß!« rief er und wischte sich die Tränen aus den Augen. »So werde ich es mit den fremden Eindringlingen auch machen!« prahlte der Gibbon, und Rao schlug ihm zum Zeichen seiner Zufriedenheit mit der Faust vor die Brust.
Als sie sich beruhigt hatten, meinte der Gibbon: »Die Fremden stören natürlich. Wir müssen uns beeilen. Ich werde Prinz Panja in einen Hinterhalt locken. Hoheit, laßt mich nur machen, ich habe schon einen Plan.«
Kolossalis lag benommen unten im Gebüsch. Glücklicherweise war sie auf dem Bauch gelandet. Sie streckte vorsichtig Kopf und Beine aus ihrem Gehäuse. Mag mein Panzer auch unförmig sein, dachte sie, wo wäre ich jetzt ohne ihn? Sie sah über sich die Burgmauern, die Türme, die Aste der Blume, die dunklen Wolken und die ersten Sterne sich drehen wie Figuren eines Himmelskarussells. Alles war still. Nur von der Burg Machatofel klang hämisches Lachen. Und dazwischen hörte sie wie aus weiter Ferne das Kommando »Springen! — Flug!! — Fluug!!!« und das Scheppern der aufschlagenden Blechbüchsen. »Ich werde euch beweisen, daß ich fliegen kann«, brummte sie mit ihrem benommenen Kopf und schob sich durch das Gebüsch in den Wald. Sie schlug den ihr wohlbekannten Weg zum Schloß Firifalo ein.
Der schlanke Hals der Brillenschlange
Die Nacht brach an.
Der Teppich schwebte über die dunklen Wälder. Endlich meldete der Flamingo: »Wir sind da!«
Sie landeten auf der Marmorterrasse des Schlosses. Das Kamel war als erstes auf den Beinen. »Was immer auch geschieht«, wieherte es leise, »ich bin froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.«
Die Sterne glänzten wie Diamanten am Himmel, und der Mond ging über den Bergen auf. Er tauchte die Landschaft in ein silbernes Licht.
Von der Terrasse schauten sie in den großen Park, in dem die schönsten Pflanzen der Erde zu wachsen schienen. Die Luft war von Düften erfüllt. Sie sahen auf Teiche, in deren größtem ein Pavillon aus Bambus mit vergoldeten, von Drachen gekrönten Säulen errichtet war. Von den geschwungenen Giebeln hingen Glöckchen, die leise klangen, wenn ein Luftzug sie in Schwingung versetzte.
Selbst der Sultan staunte über die Pracht und Schönheit.
Plötzlich bewegte sich die um eine Säule geschlungene Verzierung und zischte: »Ich begrüße euch!«
Das Kamel hüpfte entsetzt mit allen vier Füßen gleichzeitig in die Luft. Es blähte die Nüstern und schnaubte: »Ein Gespenst, ein Gespenst!«
»Aber nein«, klapperte der Flamingo beruhigend mit dem gebogenen Schnabel: »Es ist doch nur unsere kluge Kobra.«
Vor ihnen bewegte sich der schlanke Hals der Brillenschlange wie ein Blumenstengel im Wind. »Entschuldigt, daß ich euch erschreckt habe. Ich hoffe, ihr gewöhnt euch noch an mich. In unserem Land gelte ich als ein heiliges Tier, und nur der Böse fürchtet mich. — Kommt, ich führe euch gleich zum Prinzen!«
Sie schlängelte voran; der Sultan, Löwe und das Kamel folgten ihr. Der Flamingo klärte sie über das Zeremoniell auf, das dem Prinzen gegenüber einzuhalten war, und bat sie, es ebenfalls zu wahren, und so gelangten sie an die Freitreppe des Marmorpalastes, durchquerten die große Halle, deren Wände mit Drachenbildern und vergoldeten Schnitzereien, mit Figuren von Tieren, Vögeln, Fischen und Fabelwesen reich geschmückt waren — und betraten endlich den Thronsaal, dessen riesige Türen sich lautlos vor ihnen öffneten.
Wie sie gebeten worden waren und wie es die Kobra und der Flamingo vormachten, warfen sich der Sultan, Löwe und das Kamel gleich beim Eintritt auf den Boden, bis eine freundliche Stimme rief: »Steht auf, meine Freunde!«
Sie erhoben sich und sahen den Prinzen Panja in seinem schneeweißen Gewand auf dem Thron sitzen, der mit unzähligen Edelsteinen verziert war. Über dem Haupt des Prinzen schwebte ein kostbares Diadem, und die kaum vorstellbare Pracht wurde in das dunkel-geheimnisvolle Licht riesiger Öllampen getaucht. Neben dem Prinzen stand der weiße Elefant, er fächerte mit den Ohren und erhob zum Zeichen der Begrüßung einen Wedel aus Pfauenfedern mit dem Rüssel.
»Kommt näher!« forderte sie der Prinz auf. Er schaute sie freundlich an. »Bitte verzichtet auf alles Zeremoniell.«
Die Kobra und der Flamingo geleiteten sie vor den Thron des Prinzen, und niemand konnte sich der feierlichen Stimmung entziehen. Das Kamel schlug
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