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Gut gegen Nordwind

Gut gegen Nordwind

Titel: Gut gegen Nordwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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einfach nur gerne Ihre Stimme gehört hätte? Und wenn ich nur gerne vielleicht einen Hauch vom Geruch Ihrer Haare und Ihrer Haut inhaliert hätte?
     
    Neun Minuten später
    RE:
    Leo, Leo, Leo, manchmal klingt es so, als wären Sie die Frau von uns beiden und ich der Mann. Aber ich könnte schwören, das ist nur ein Spiel zwischen uns, auf höchstem Niveau. Ich denke männlich, um Sie zu verstehen, ich versuche mich in die Männerwelt hineinzuversetzen, lade mir aus meinen Erfahrungen die komplette maskuline Gedankenwelt plus zugehörigem Vokabular herunter – mit dem Erfolg, mir dann von Ihnen nachsagen lassen zu müssen, ICH sei sexfixiert. Leo, ich lege eure klassischen Motive für dringliche mitternächtliche Einladungenfrei – und Sie drehen den Spieß einfach um und behaupten, es seien meine. Leo, Sie Unschuldsengel, Sie schüchterner Romantiker! Geben Sie doch zu, dass Ihr virtuelles Sturmläuten bei mir um zehn Uhr abends nicht den Zweck haben sollte, mit mir Kinderfotos anzuschauen. (Haben Sie vielleicht auch nette Briefmarken? – Dann wäre ich natürlich sofort gekommen ...)
    Drei Minuten später
    AW:
    Liebe Emmi, sagen Sie bitte nie wieder »eure«, wenn Sie von MIR sprechen wollen. Ich bin mir zu individuell, um mir den pauschalierenden und zumeist auch gehässig vorgetragenen Männer-Plural überstülpen zu lassen. Schließen Sie nicht von anderen Männern auf mich. Das kränkt mich, und zwar wirklich!
     
    18 Minuten später
    RE:
    Okay, okay, Entschuldigung! Womit Sie sich wieder geschickt um »Ihr« Motiv herumgeschummelt haben, warum Sie mich plötzlich so dringlich sehen wollten, mitten in der Nacht. Leo, es ist ja keine Schande, im Gegenteil, es schmeichelt mir sehr, und Sie sinken in meiner Achtung um keinen Millimeter, wenn Sie im postalkoholischen Sexdrang und Liebestaumel mit der zwar unbekannten, aber angeblich nicht so unhübschen Emmi die Augenbinde-Nummer durchziehen wollen. Ach ja, übrigens: Es ist halb zwei Uhr früh, ich sollte dann langsam ins Bett gehen. Danke noch einmal für Ihr spannendes Angebot. Das war mutig. Ich mag es, wenn Sie spontan sind. Und ich mag es auch, wenn Sie mich betrunken mit Küssen zuschütten. Gute Nacht, Leo. Auch ein Kuss von mir.
     
    Fünf Minuten später
    AW:
    Ich will niemals und mit niemandem eine Nummer durchziehen. Gute Nacht.
     
    Zwölf Minuten später
    RE:
    Ach, zwei Dinge noch, Leo. Ich kann heute ohnehin nicht mehr schlafen: Wenn ich also wirklich zu Ihnen gekommen wäre, dann glauben Sie doch nicht im Ernst, dass ich mir von Ihnen das Taxi hätte zahlen lassen?
    Zweitens: Wenn ich also wirklich zu Ihnen gekommen wäre, welche der drei Emmis aus dem Repertoire Ihrer Schwester hätte dann zu Ihnen kommen sollen? Die quirlige Ur-Emmi? Die vollbusige Blond-Emmi? Oder die schüchterne ÜberraschungsEmmi? – Denn eines muss Ihnen schon klar sein: Ihre FantasieEmmi wäre im Augenblick unseres Zusammentreffens für immer gestorben.
     
    Einen Tag später
    Betreff: Softwareprobleme? Leo? Sie sind an der Reihe!
     
    Drei Tage später
    Betreff: Sendepause
    Liebe Emmi, ich schreibe Ihnen nur, damit Sie wissen, dass es nicht so ist, dass ich Ihnen nicht mehr schreibe. Wenn ich wieder so weit bin, zu wissen, WAS ich Ihnen schreiben könnte, dann werde ich es sofort tun. Ich bin gerade beim Aufsammeln meiner schizophrenen Einzelteilchen, in die es mich in den vergangenen Tagen zerlegt hat. Wenn ich die Teilchen erfolgreich zusammengefügt habe, melde ich mich.
    Emmi, Sie spuken mir ununterbrochen im Kopf herum. Ich vermisse Sie. Ich habe Sehnsucht nach Ihnen. Ich lese Ihre E-Mails mehrmals täglich. Ihr Leo.
     
    Vier Tage später
    Betreff: Verrat
    Hallo, Herr Leike, haben Sie mir gegenüber ein schlechtes Gewissen? Müssen Sie mir etwas verraten? (»Verraten« mit »V« wieVerrat?) Weiß ich etwas nicht, was ich wissen sollte? Für diesen Fall: Ich glaube, ich weiß es. Ich habe in meiner Mailbox eine fürchterliche Entdeckung gemacht. Wissen Sie, wovon ich rede? Wenn Sie es wissen, dann erleichtern Sie bitte Ihr Gewissen!!! Grüße, Emmi Rothner.
     
    Dreieinhalb Stunden später
    AW:
    Emmi, was ist los mit Ihnen? Was soll diese kryptische E-Mail? Brüten Sie gerade eine Verschwörungstheorie aus? Ich habe jedenfalls keine Ahnung, wovon Sie reden. Was für eine fürchterliche Entdeckung haben Sie in Ihrer Mailbox gemacht? Bitte werden Sie deutlicher! Und seien Sie nicht nur auf Verdacht so grausam förmlich! Alles Liebe, Leo.
     
    30 Minuten

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