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Gut gegen Nordwind

Gut gegen Nordwind

Titel: Gut gegen Nordwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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Freundschaft. Auflösung eines herbeigeschriebenen, aber doch unbeschreiblich überdimensionierten Persönlichkeitsrätsels. Beseitigung von Blockaden. Ein gutes Gefühl danach. Das beste Rezept gegen Nordwind. Einen würdigen Abschluss einer aufregenden Lebensphase. Die simple Antwort auf tausend komplizierte, noch offene Fragen. Oder, wie Sie selbst es gesagt haben: »Wenigstens ein witziges Ende.«
     
    Fünf Minuten später
    RE:
    Vielleicht wird es aber gar nicht witzig.
     
    45 Sekunden später
    AW:
    Das hängt von uns beiden ab.
     
    Zwei Minuten später
    RE:
    Von uns beiden? Im Moment sind Sie da sehr alleine, Leo. Ich habe noch keineswegs »Ja« zur Last-Minute-Begegnung gesagt und bin, ehrlich gestanden, derzeit auch ziemlich weit davon entfernt. Ich möchte erst einmal mehr über dieses skurrile »Thefirst-date-must-be-the-last-date«-Treffen wissen. Wo wollen Sie mich treffen?
     
    55 Sekunden später
    AW:
    Wo Sie wollen, Emmi.
     
    45 Sekunden später
    RE:
    Und was machen wir?
     
    40 Sekunden später
    AW:
    Was wir wollen.
     
    35 Sekunden später
    RE:
    Was wollen wir?
     
    30 Sekunden später
    AW:
    Das wird sich zeigen.
     
    Drei Minuten später
    RE:
    Ich glaube, ich will lieber E-Mails aus Boston. Da muss sich nicht erst zeigen, ob wer von uns beiden was will. Da weiß zumindest ich schon, dass ich was will und was ich will: eben E-Mails aus Boston.
     
    Eine Minute später
    AW:
    Emmi, ich schreibe Ihnen keine E-Mails aus Boston. Ich möchte das abschließen, ehrlich. Ich bin überzeugt davon, dass es gut für uns beide sein wird.
     
    50 Sekunden später
    RE:
    Und wie lange gedenken Sie mir noch zu mailen?
     
    Zwei Minuten später
    AW:
    Bis zu unserem Treffen. Außer Sie sagen, Sie wollen sich definitiv nicht mit mir treffen. Dann wäre das quasi so eine Art Schlusssatz.
     
    Eine Minute später
    RE:
    Das ist Erpressung, Meister Leo! Außerdem können Sie ziemlich grob formulieren, lesen Sie einmal Ihre letzte E-Mail. Ich glaube nicht, dass ich den Typ, der so spricht, treffen will. Gute Nacht.
     
    Am nächsten Morgen

Kein Betreff
    Guten Morgen, Leo. Ich treffe mich mit Ihnen SICHER NICHT im Messecafé Huber!
     
    Eine Stunde später
    AW:
    Müssen wir auch nicht. Aber warum nicht?
     
    Eine Minute später
    RE:
    Dort trifft man Berufskollegen oder Zufallsbekanntschaften.
     
    Zwei Minuten später
    AW:
    Zufälliger als unsere kann eine Bekanntschaft kaum sein.
     
    50 Sekunden später
    RE:
    Ist das die Einstellung, mit der Sie unseren Kontakt gesucht hatten, geführt haben und nun beenden wollen? Dann lassen wir das Zufalls-und Verflüchtigungstreffen lieber gleich bleiben.
     
    Am nächsten Tag

Kein Betreff
    Leo, was ist eigentlich los mit Ihnen? Wieso schreiben Sie plötzlich so rüpelhaft und destruktiv? Warum machen Sie »unsere Geschichte« so herunter? Bemühen Sie sich extra, unsensibel und böse zu sein? Wollen Sie mir Ihren Ausstieg schmackhaft machen?
     
    Zweieinhalb Stunden später
    AW:
    Tut mir Leid, Emmi, ich bin gerade verzweifelt bemüht, »unsere Geschichte« aus dem Kopf zu kriegen. Ich habe Ihnen schon erklärt, warum das für mich notwendig ist. Ich weiß, dass meine E-Mails seit »Boston« fürchterlich sachlich klingen. Ich mag so gar nicht schreiben, aber ich zwinge mich dazu. Ich will schriftlich keine Gefühle mehr in »unsere Geschichte« investieren. Ich will nicht noch mehr aufbauen, bevor ich es einstürzen lasse.
    Ich will wirklich nur noch dieses eine Treffen. Ich glaube, es wird uns beiden gut tun.
     
    Zwei Minuten später
    RE:
    Und was ist, wenn wir uns nach dem Treffen wieder treffen wollen?
     
    Vier Minuten später
    AW:
    Für mich kann ich das ausschließen. Das heißt: Ich habe es bereits ausgeschlossen. Ich will Sie dieses eine und einzige Mal treffen, um »unsere Geschichte« würdig abzuschließen, bevor ich nach Amerika gehe.
     
    15 Minuten später
    RE:
    Was verstehen Sie unter »würdig abschließen«? Oder anders gefragt: Was wollen Sie, dass ich nach dem Treffen über Sie denke: 1.) Ganz nett, aber nicht annähernd so spannend wie schriftlich. Jetzt kann ich ihn mit ruhigem Gewissen und gutem Gefühl für immer aus allen Ordnern meines Lebens löschen.
    2.) Wegen diesem Langweiler habe ich ein Jahr »neben mir« gelebt?
    3.) Ein idealer Mann für einen Seitensprung. Schade, dass er jetzt auf die andere Seite des Ozeans springt.
    4.) Umwerfender Typ! Was für eine berauschende Nacht! Das monatelange E-Mailen hat sich wirklich ausgezahlt. So, abgehakt.

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