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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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Familienzusammengehörigkeit legte ich auf und bereitete mich innerlich konzentriert auf den nächsten Schritt meines Plans zur Eroberung von Joe Carpenter vor.
    Als Ärztin weiß ich, dass es nur eine Methode gibt, um abzunehmen, und die besteht darin, mehr Kalorien zu verbrennen, als man aufnimmt. Ich begnügte mich mit kargen Portionen, daher der Mangel an Lebensmitteln in meinem Haushalt. Meine Selbstbeherrschung reichte einfach nicht aus. Wenn ich mir Ben & Jerry’s Heath Bar Crunch kaufen würde, die vermutlich köstlichste Eiscreme auf diesem Planeten, würde ich den ganzen Becher auf einmal leer essen. Zu meinem Neustart gehörte jedoch, dass ich meine Ernährungsgewohnheiten änderte, und deshalb hatte ich nichts mit zu viel Zucker, Fett oder Butter gekauft – mit anderen Worten, nichts Leckeres. Um mir das Abnehmen zu erleichtern und bald ins Reich der körperlichen Fitness einzutreten, hatte ich außerdem beschlossen, mit dem Joggen anzufangen.
    Laufen ist leicht, dachte ich. Man zieht Turnschuhe an und rennt los. Da braucht man so gut wie keine besonderen Vorkenntnisse. Alles Notwendige besaß ich schon: einen Sport-BH, Nikes, schwarze Laufshorts – aber nicht diese engen Spandex-Dinger. Oh Gott, nein, meine Joggingshorts war weit geschnitten und atmungsaktiv. Dazu ein hübsches T-Shirt, auf dem „Tony Blair ist süß“ stand. Ich warf noch einen Blick auf Joes Foto und seufzte verträumt, dann verließ ich das Haus.
    Ich habe nie wirklich Sport getrieben. Überhaupt nicht. Okay, als Kind ein bisschen Softball, das war fast eine Religion hier, aber ich habe niemals Aerobic, Jazzgymnastik oder Pilates gemacht, wie zum Beispiel meine Schwester Trish. Und den Unterschied konnte man sehen. Trish, die inzwischen fünfunddreißig war, sah aus wie dreiundzwanzig, mit muskulösen, gebräunten Armen, einer schmalen Taille und einem straffen Hintern. Ich war viel zu sehr mit meinem Studium beschäftigt gewesen, um mich um mein körperliches Wohlbefinden zu kümmern. Assistenzärzte leben notorisch ungesund. Wir kochen nicht, essen stattdessen Kekse und schlafen zu wenig. Sport? Den empfehlen wir unseren Herzpatienten, wir selbst kämen nie auf die Idee!
    Nach einer Minute angedeuteter Dehnübungen ging ich meine lange unbefestigte Auffahrt hinunter zur Straße. Da das Cape im März, bevor die Touristen kommen, ziemlich einsam ist, war ich mir sicher, dass ich keine Zuschauer befürchten musste. Es war bewölkt und kühl, ein guter Tag zum Joggen, wie ich fand. Und los ging’s, trab, trab. Nicht schlecht, eigentlich sogar ganz leicht. Zum Glück brauchte man keinerlei Koordinationsvermögen. Trab, trab, trab. Die Luft war kalt und feucht, was ich empfindlich an meinen nackten Armen und Beinen merkte. Ich kam an der Auffahrt meiner Nachbarn vorbei und lief die Straße entlang. Inzwischen musste ich durch den Mund atmen. Mein Magen wurde durchgeschüttelt, und ich fragte mich, wie lange ich wohl schon unterwegs war. Ich schaute auf meine Uhr: vier Minuten.
    Ich versuchte mich ganz auf das Laufen einzulassen, indem ich die schöne Aussicht genoss. Gebogene Robinienzweige schlugen in der salzigen Brise gegen einander. Ich kam am rot-weißen Leuchtturm vorbei, der schön anzusehen in den grauen Himmel aufragte. Autsch! Ein stechender Schmerz machte sich in meiner linken Seite bemerkbar. Halt durch, feuerte ich mich an. Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt. Meine Füße trommelten auf den Asphalt. Neun Minuten. Die kalte Luft kratzte im Hals, und es war nicht gerade ermutigend, wie ich japste. „Agonale Atmung“ oder „Schnappatmung“ nennen wir das bei Sterbepatienten im Krankenhaus. War ich schon eine Meile gerannt? Machte ich irgendetwas falsch? Lag die Sauerstoffkonzentration meines Bluts in einem gefährlich niedrigen Bereich?
    Ich blieb gebückt stehen und keuchte erbärmlich. Nur eine kurze Verschnaufpause, tröstete ich mich, während mir das Herz bis in den Schädel pochte. Nach einigen Minuten richtete ich mich wieder auf und lief weiter. Sofort keuchte ich erneut. Ich versuchte, mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Wie schwer konnte das sein? Ein, aus, ein, aus, oh Gott, ich hyperventilierte ja! Und jetzt hörte ich ein Auto näher kommen. Ich spielte die Athletin und zwang mich zu größeren Schritten, für den Fall, dass es jemand war, den ich kannte. Trotz unglaublicher Schmerzen lächelte ich und winkte, was mir einen Krampf in der Schulter bescherte. Der Wagen fuhr vorbei, alles in

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