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Gute Nacht Zuckerpüppchen

Gute Nacht Zuckerpüppchen

Titel: Gute Nacht Zuckerpüppchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Glade-Hassenmüller
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deinem Pappi.«

    Später lauschten Achim und Gaby atemlos dem Streit, der Wort für Wort durch die dünnen Neubauwände drang.
    »Stand schließlich nicht auf ihrer Nase, daß sie erst vierzehn ist. Mir sagte sie, sie sei sechzehn.«
    »Ein Kind zu schwängern.« Mutti weinte.
    »Du hast doch nie Zeit. Ich bin müde, Anton, Kopfschmerzen, Anton«, höhnte Pappi.
    Mutti schluchzte, ein Glas fiel um.
    Pappi lief im Wohnzimmer hin und her, redete sich immer mehr in Wut. »Eingefangen hast du mich mit deinen Gören. Der Ferdi wußte schon, warum er nicht zurückkam. Ich, Anton, als Ehemann. Ein Witz! An jedem Finger zehn kann ich haben. Junge, knusprige Püppchen!«
    Ein Stuhl polterte zu Boden; Mutti weinte laut auf.
    »Sieh doch in den Spiegel, wie du aussiehst mit deinen fünfunddreißig Jahren. Vertrocknet und fad!« Pappi lachte böse: »Da holt man sich woanders, was man braucht!«
    Kurz darauf fiel die Eingangstür ins Schloß.
    Eine Weile war es still, dann hörten die Kinder Mutti laut schluchzend in die Küche laufen.
    »Sollen wir was tun?« fragte Gaby Achim. Die Luft hielt den Atem an, so still war es auf einmal.
    Achim setzte sich auf. Sein Bett stand schräg unter dem Fenster, und sie konnte sehen, daß er mit vorgebeugtem Kopf lauschte.
    »Ich höre nichts mehr, vielleicht ist sie ins Bett gegangen.«
    »Sie ist noch in der Küche«, beharrte Gaby.
    »Uns will sie bestimmt nicht sehen«, murmelte Achim.
    Noch einmal glaubte Gaby ein lautes Schluchzen zu hören, etwas Schweres fiel zu Boden.
    Da war die Angst wieder. Sie kam aus dem Dunkel des Zimmers, legte die knochigen Hände um Gabys Hals. »Achim, bitte steh auf. Schau nach, was Mutti tut. Auf dich wird sie nicht böse.«
    Achim knipste die kleine Nachttischlampe an und starrte zu seiner Schwester. »Und wenn er gleich zurückkommt?«
    »Geh«, flehte Gaby. »Geh, bitte!«
    Auf bloßen Füßen schlich Achim zur Tür und öffnete sie leise. Die Küche lag gegenüber dem Kinderzimmer. Der spitze Lichtkegel fiel auf die geschlossene Tür. Achim machte die Deckenlampe an und starrte auf einen dunklen Fleck, der sich langsam vor der Tür ausbreitete.
    »Mutti«, schrie er, sprang zur Tür, rüttelte an der verschlossenen Klinke. »Mutti, mach auf, mach auf.«
    Gaby war ihm nachgekommen, bückte sich. »Blut«, flüsterte sie, »es ist Blut.« Sie griff mit ihrer Hand hinein, spreizte ihre Finger wie einen Fächer und bewegte sie langsam in der Lache hin und her. »Es ist ganz warm«, murmelte sie und rieb es in ihr Gesicht. »Ganz warm.«
    »Gaby«, Achim schüttelte sie, »Gaby, lauf nach gegenüber zu Frau Grund. Die haben Telefon. Die Feuerwehr muß kommen. Die Tür aufbrechen. Sag, es ist ein Unfall passiert.«
    »Ein Unfall«, wiederholte Gaby mechanisch. Sie hörte Achim gegen die Tür hämmern, während sie bei Grunds anläutete.
    Frau Grund schrie laut auf, als sie Gabys blutverschmiertes Gesicht und ihre Hände sah.
    »Feuerwehr, Polizei, gütiger Himmel, die arme Frau Malsch.«
    Irgend jemand wusch Gabys Gesicht, die Hände, zog ihr einen Bademantel über ihr Nachthemd.
    »Bleib hier, Kind!«
    Gaby machte sich los, ging wie eine Schlafwandlerin zurück in ihre Wohnung.
    Nachbarn klopften und hämmerten gegen die Tür. »Aufmachen, Frau Malsch, aufmachen!«
    Sie berieten. »Die Tür muß aufgebrochen werden, die Kinder müssen da weg.«
    Achim zog Gaby zurück ins Kinderzimmer, schloß die Tür. Draußen erklang die Feuerwehrsirene.
    »Laß uns beten«, sagte Achim und kniete auf den Holzfußboden.
    Gaby kniete neben ihm, fühlte die Bohlen in ihre Knie drücken und wiederholte zitternd: »Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden.«
    Mutti überlebte. Als Achim und Gaby sie am nächsten Tag im Altonaer Krankenhaus besuchten, lag sie wie eine blasse Blume zwischen den frisch aufgeschüttelten Kissen. Ihr Lächeln war schuldbewußt.
    »Meine armen Kinder«, flüsterte sie. Vorsichtig streichelten Achim und Gaby ihre Hände. Die Pulse waren dick mit Verband umwickelt.
    »Schick ihn weg, weit weg«, bat Gaby.
    Mutti sah zum Fenster. Kleine Schneeflocken tanzten vorbei, hüllten graue Dächer, schmutzige Straßen und Trümmerfelder in weiße Laken ein.
    »Ja«, sagte Mutti. »Vielleicht sollten wir noch einmal neu anfangen.«

    Drei Monate später sagte Mutti es ihnen. Pappi hielt ihre Hand fest.
    Wie rote Schlangen ringelten die vernarbten Wunden sich um ihre Handgelenke.
    »Ich bekomme ein Baby!«
    »Ein Baby«, wiederholte Achim und

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