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Gute Nacht Zuckerpüppchen

Gute Nacht Zuckerpüppchen

Titel: Gute Nacht Zuckerpüppchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Glade-Hassenmüller
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Elli.
    »Nein«, Gaby stützte ihren Kopf auf, um Elli im Mondlicht besser sehen zu können. »Frau Weitgaß sagte zu meiner Mutter: ein Früchtchen, die Martha. Die treibt’s mit jedem. Was heißt das >treiben    »Bestimmt was Unkeusches«, antwortete Elli. »Aber ich werde meine Mutti fragen. Meine Mutti weiß alles, und sie sagt, ich soll ihr immer alles sagen. Weil wir ja nur uns beide haben.«
    Gaby wußte, daß sie Mutti nicht alles sagen konnte.
    Einmal hatte sie beim Abtrocknen zu Mutti gesagt: »Ich finde Pappi gar nicht mehr lieb.« Da hatte Mutti ganz erstaunt eine Augenbraue hochgezogen und gemeint: »Das ist ja etwas ganz Neues. Wenn er jemand anbetet, dann doch sein Zuckerpüppchen. Für dich würde er alles tun.«
    Da hatte Gaby nichts mehr gesagt. Wenn sie Mutti das >Andere< erzählen würde, wäre sie bestimmt nur böse auf sie. Das sagte Pappi ja auch immer.
    Sollte sie es Elli erzählen? Aber vielleicht wollte Elli dann nicht mehr ihre Freundin sein? Vielleicht fand sie sie dann ein schlechtes Mädchen, das unkeusche Dinge tat?

    Am nächsten Morgen ging Gaby als erste in die Küche und wusch sich. Für Elli wärmte sie frisches Wasser und goß es in die Keramikschüssel.
    »Jetzt bist du dran«, lachte sie und zog Elli die Wolldecke weg. Elli rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich habe von dir geträumt«, erzählte sie noch schlaftrunken. »Wir hatten zehn Kinder, und unsere Männer sahen aus wie Rainer und Holger.«
    Sie prusteten beide los. »Zehn Kinder, oje!« lachte Gaby, »und dabei sind wir erst zehn Jahre.«
    »Zusammen zwanzig«, verbesserte Elli sie und kicherte. »Dein Holger guckt wie ein verliebtes Kalb. So!« Sie verdrehte ihre dunklen Augen so, daß Gaby nur noch das Weiße sah.
    »Hör auf, hör auf!« Gaby schob sie zur Tür. »Geh, dein Wasser wird kalt. Gleich stehen meine Mutti und Pappi auf.«
    Elli ging in die Küche, und Gaby zog sich an.

    Beim Frühstück stieß Gaby Elli unter dem Tisch an. »Zehn Kinder«, flüsterte sie und gluckste vor Lachen.
    Doch Elli lachte nicht.
    Schweigend aß sie ihre Schnitte Brot mit Sirup und sah auf ihren Teller.
    »Hat deine Freundin nicht gut geschlafen?« fragte Pappi. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Elli auf und in Pappis Augen. Dabei wurde sie feuerrot.
    Oh mein Gott, dachte Gaby und fühlte, wie eine eisige Kälte von ihren Zehen hoch zu ihrem Bauch kroch. Er hat etwas mit ihr getan. Mit Elli! Lieber Gott, laß es nicht wahr sein.
    Elli stand auf: »Wir müssen gehen, sonst kommen wir noch zu spät zur Schule. Wiedersehen, Frau Malsch!« Sie sah nicht auf. »Auf Wiedersehen, Herr Malsch!«
    Sie lief in den Gang hinaus, als wäre jemand hinter ihr her. »Ein eigenartiges Mädchen«, Mutti schüttelte verwundert den Kopf. »Gestern war sie doch noch ganz aufgeweckt!«
    Gaby schluckte, glaubte an ihrer Angst zu ersticken, sah hilflos von einem zum anderen, hätte am liebsten laut geschrien: Nein, nein, nicht das. Nicht mit Elli. Pappi blinzelte ihr zu wie einer Verbündeten. Sie sprang auf, polternd fiel ihr Stuhl um.
    »Elli«, rief sie, »Elli, warte auf mich.«
    Doch Elli wartete nicht auf sie, sie rannte die Treppen hinunter und lief und lief.
    »So sag mir doch, was du hast.« Gaby keuchte, als sie Elli vor der Schulpforte einholte.
    Elli blieb stehen, atemlos vor Anstrengung. Sie sah sie an. Ihre fröhlichen, braunen Augen sahen aschig grau aus. »Ich will nie wieder mit dir reden, Gaby Mangold. Aber meiner Mutter, der sage ich es.«

    Wie betäubt saß Gaby die nächsten Stunden auf ihrer Bank. Er hatte tatsächlich etwas mit Elli getan, und jetzt war sie nicht mehr ihre Freundin. Ob er dafür ins Gefängnis kommen konnte? Und Mutti?
    Du hast schuld, würde Mutti sagen. Sie war deine Freundin. Sie fühlte sich sehr elend, und Schwester Agnes ermahnte sie, aufmerksamer zu sein.

    Am nächsten Morgen mußte Gaby zur Rektorin kommen. Elli und ihre Mutter waren schon da, und Schwester Agnes stand mit verschlungenen Armen vor dem Fensterkreuz.
    Die Rektorin kam auf sie zu. »Setze dich, Gabriele. Wir müssen dich etwas fragen. Elli hat uns gesagt, daß sie gestern nacht bei dir geschlafen hat.«
    »Ja«, sagte Gaby tonlos.
    »Elli ist deine Freundin, nicht wahr?«
    Sie war es, wollte Gaby die Rektorin verbessern, aber sie schwieg, nickte.
    »Elli erzählt uns nun, daß dein Vater sie, nun ja«, die Rektorin sah unsicher zu Ellis Mutter und dann zu Schwester Agnes: »Dein Vater hätte sie unkeusch angefaßt.«
    Er hat es

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