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Gute Nacht Zuckerpüppchen

Gute Nacht Zuckerpüppchen

Titel: Gute Nacht Zuckerpüppchen
Autoren: Heide Glade-Hassenmüller
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verstärkte den Druck seiner Hand etwas. »Einen anderen Jungen vielleicht?«
    »Ich?« Gaby blieb stehen und sah zu ihm auf. »Ich habe mich noch nie mit einem Jungen getroffen!«
    Wie konnte er so etwas denken.
    »Sei doch nicht gleich so entrüstet.« Begütigend zog er Gaby wieder an sich. »Es wäre doch normal. Andere Mädchen haben doch auch ihre Freunde und...«
    »Ich nicht«, fiel Gaby ihm ins Wort.
    »Komm«, er legte den Arm wieder um ihre Schultern und zog sie weiter. »Ich weiß ja. Du hast etwas Besonderes, eine Dornenhecke um dich herum.«
    Gaby lachte unsicher auf. »Dann paß man auf, daß dich die Dornen nicht pieksen.«
    »Nein, im Ernst; ich bin schließlich kein kleiner Junge mehr«, bestand Horst auf seinem Vergleich und fuhr dann fort: »Du weißt, daß ich zweiundzwanzig bin?«
    »Ja, ich weiß«, sagte Gaby, und außerdem hatte sie von Anne gehört, daß Horst einen Namen als Don Juan hatte.
    »Paß auf«, hatte Anne sie gewarnt, »der läßt nichts anbrennen. Für den bist du nur ein kleiner Appetithappen zwischendurch. Im allgemeinen steht unser Trainer mehr auf erfahreneren Typen.«
    Gaby hatte damals nachdenklich auf ihre Hände gesehen. Feenhände, hatte Horst gesagt, weißt du, daß du Feenhände hast? Das klang nicht nach Appetithappen, vielmehr nach Märchenland und Wunderwelt. Vielleicht träumte Horst von zarten Feen und Elfen, so wie sie von Schäfchen und saftigen Wiesen. Was hieß das schon, ein »Don Juan«? Doch nur, daß er mit irgendwelchen Mädchen das tat, was alle Männer tun. Das war doch etwas ganz anderes als das, was zwischen ihnen war. Dieses ganz und gar einzigartige Gefühl, bei dem eine Berührung mit den Fingerspitzen einen schon in den Himmel hob.
    »Ich werde dreiundzwanzig, und ich habe noch kein Mädchen wie dich gesehen. Du flirtest und alberst nicht wie die anderen Mädchen«, überlegte Horst laut, »doch deine Augen sind dunkel und wissend wie die einer Frau.«
    Gaby fühlte, wie ihr vor Entsetzen das Blut in den Kopf stieg. Er durchschaut mich, pochte es in ihren Schläfen, er weiß alles. Sie senkte den Kopf, lief weiter, nicht imstande, etwas zu sagen.
    »Wahrscheinlich weißt du nicht, was ich meine. Ich glaube, du bist die geborene Frau«, versuchte Horst in ihr Schweigen hinein seine Worte zu erklären. »Die reine Eva. Du weißt es nur noch nicht. Deine Augen sind wie dunkle Bergseen, in denen sich die Unendlichkeit spiegelt.«
    Gaby holte tief Luft und schluckte den angesammelten Speichel hinunter. »Du sprichst wie ein Dichter«, sagte sie leise und dachte: Er darf nie etwas von der Sache mit Pappi erfahren. Sie würde sich eher die Zunge herausreißen lassen, als darüber zu reden. Und Pappi? Der würde sich hüten, aus der Schule zu plaudern. Sie hatte vor kurzem einen Zeitungsartikel gelesen. Ein Mann war verurteilt worden, weil er Unzucht mit Minderjährigen begangen hatte. Sie wußte, daß Pappi auch bestraft werden konnte, wenn sie ihn anzeigen würde. Aber was half das jetzt noch? Mutti würde sich voll Abscheu von ihr wenden, ihr vielleicht sogar die Schuld geben. Und auf sie würden alle mit dem Finger weisen.
    »Deine offensichtliche Unschuld, Gabylein, die liebe ich.«
    Horst blieb stehen, hob ihr Gesicht hoch und küßte sie auf den Mund. Ganz zart, wie Blütenblätter, berührten sie seine Lippen.

11

    Der Faustschlag traf sie mitten ins Gesicht, unerwartet und mit voller Kraft. Sie spürte einen explodierenden Schmerz und taumelte gegen die Wand des Treppenhauses. Die grün getünchten Wände kamen schräg auf sie zu, verfärbten sich schwarz.
    Hart packte er sie am Arm und zerrte sie in die Wohnung. Er schlug zu, wo er sie treffen konnte. Mit dem Handrücken gegen ihr Ohr, als sie ihr Gesicht schützen wollte. Sein silberner Siegelring zerschnitt wie ein Skalpell ihre Haut. Er schlug auf ihren Hinterkopf, als sie wimmernd die Arme um ihren Kopf legte und versuchte, sich zu ducken. Dann trat er sie in den Bauch und in den Unterleib. Von ganz weit weg hörte sie ihn keuchen: »Dir werde ich es geben, du Flittchen. Deinen Vater belügen. Mit wem hast du es getrieben? Du Nutte! Du Miststück! Von wem hast du dich ficken lassen?«
    Die Schläge prasselten auf sie herab, ließen die Wirklichkeit immer mehr entschwinden. Nur noch Schmerzen existierten. Irgendwann fühlte sie, daß er in sie drang, seine Schweißtropfen brannten auf ihrem zerschlagenen Gesicht: »War es schön?« stöhnte er an ihrem Ohr. »War es schön mit ihm?«

    Als
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