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Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Titel: Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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brauchte er wirklich etwas zu trinken.
     
    Guy richtete seine Kleider und zündete die Pfeife an. Ohne Eile ging er die Straße entlang. Einige wenige Gaslaternen beleuchteten die Wege nur spärlich.
    Als er an die Abzweigung gelangte, die ihn zurück zu der Wirtschaft führen würde, stoppte er und wandte sich in eine andere Richtung. Wenn er sich schon am Tag von Hedwigs Beerdigung betrank, dann stilvoll.
    Er hatte sich den Salon schon lange einmal ansehen wollen, aber Inspektor Voigt hatte seine Beamten angewiesen, die Inhaberin nicht zu behelligen. Natalja Nikolajewna Poljakow. Eine Russin, über deren Vergangenheit Guy nur herausgefunden hatte, dass sie im Waisenhaus aufgewachsen war. Bevor sie dort abgegeben worden war, schien sie nicht existiert zu haben. Das war nicht ungewöhnlich in diesen Zeiten, viele Menschen wurden nicht registriert, führten ein Schattendasein abseits der bürgerlichen und gesetzestreuen Gesellschaft. Aber warum war Inspektor Voigt daran gelegen, Natalja Poljakow unbehelligt gewähren zu lassen? Wahrscheinlich schmierte sie ihn. Welche anderen Geschäfte sie darüber hinaus abwickelte, interessierte Guy schon lange. Warum also nicht das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden? Und es war notwendig, dass er sich betrank, bis seine Gedanken aufhörten zu kreisen und zu vibrieren und in seinem Schädel zu lärmen wie aufziehbares Kinderspielzeug.
     
    Das Haupttor war verschlossen. Guy läutete. Der Wachmann gähnte, kratzte sich im Schritt und musterte den Störenfried eingehend. »Verschwinde«, sagte er dann und drehte sich um.
    »Kommissär Lacroix«, rief Guy ihm nach und hielt seine Dienstmarke hoch.
    Der Wachmann betrachtete die Marke, sah Guy an. »Einen Moment, Kommissär.« Dann ging er in sein Häuschen zurück. Guy konnte durch das beleuchtete Fenster sehen, wie er den Hörer eines Telefonapparates abnahm, die Kurbel drehte und kurze Zeit später etwas in die Sprechmuschel sagte, wartete, nickte.
    Guy steckte die Marke ein und richtete seine Krawatte. Der Wachmann öffnete das Tor und führte Guy zum Haupteingang. Die schlanke Silhouette eine Frau zeichnete sich vor dem hellen Hintergrund ab. Er wurde also bereits erwartet. Das schien ein interessanter Abend zu werden.
    »Willkommen im Salon, Kommissär Lacroix.« Sie reichte ihm die Hand und er hauchte einen Kuss darauf. »Ich bin Natalja Nikolajewna. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?« Ihre Stimme klang wie eine Mischung aus Fingernägeln, die sich in den Rücken krallen, und sanftem Streicheln. Sie musterte ihn aus klaren blauen Augen, ihre Lippen umspielte ein amüsiertes Lächeln.
    »Zerstreuung«, antwortete Guy. »Ich bin auf der Suche nach einem guten schottischen Whiskey in angenehmer Gesellschaft.«
    »Beides werden Sie hier finden.« Sie trat zur Seite und bat ihn mit einer Geste herein.
    Ein Mädchen in schwarzer Uniform und blendend weißer Spitzenschürze nahm ihm Mantel und Hut ab. Guy zog seine Weste straff und wurde sich des Blutes bewusst, das auf der Vorderseite getrocknet war. Hedwigs Blut. An seinen Manschetten klebte das frische Blut von Havener. Natalja Nikolajewna verlor kein Wort über seine ramponierte Kleidung, beachtete sie nicht einmal. Sie führte ihn einen langen Gang entlang. An den Wänden flackerten Kerzen in Wandhaltern und tauchten die dunkelroten Samttapeten und die dicken Teppiche, die ihre Schritte dämpften, in warmes Licht. Es war still im Haus. Ungewöhnlich still für ein gut frequentiertes Etablissement dieser Art. Erst als ein Türsteher eine massive Flügeltür für sie öffnete, drangen Musik und Stimmen zu ihnen durch.
    Sie durchquerten einen kleinen Rauchsalon. Auch hier schwere Tapeten, diesmal in einem satten Moosgrün, auf denen schwarzer Efeu rankte, Parkettfußboden, Läufer mit orientalischen Mustern.
    Einige der Anwesenden waren Guy bekannt. Er nickte Professor Küpperbusch zu, der am Kaminsims lehnte, ein Glas und eine Zigarre in der Hand. Noch vor wenigen Tagen hatte er mit Hedwig über ihn gesprochen. Über ihn und seine Primadonnen. Vor wenigen Tagen? Guy schien es, als wären Jahre vergangen seit er Hedwigs Lachen gehört, ihre Hände gehalten hatte.
    Es folgte ein weiterer, ähnlich gestalteter Raum, in dem einige der »Damen« Tee tranken und Rommee spielten, als hätten sie sich zum wöchentlichen Kaffeekränzchen verabredet. In einem Ohrensessel saß ein Mann mit übereinander geschlagenen Beinen, die Hände akkurat auf den Armlehnen platziert. Sein

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