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Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Titel: Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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im falschen Rhythmus umlegen? Oder die Kurbel in die falsche Richtung drehen?«
    Der Butler sah Guy ausdrucklos an und deutete auf mehrere Drähte, die so fein waren, dass er sie nicht bemerkt hatte. Sie waren mit den Zahnrädern verbunden und endeten in der Decke, direkt über ihren Köpfen.
    »Nun«, sagte Guy, »wir werden keinen Fehler machen.« Er stellte die Lampe auf den Boden, legte die Hand auf den ersten Hebel, ging im Geist noch einmal die Reihenfolge durch und nickte.
    Der Butler zählte zwei Takte vor und sie begannen den Mechanismus in Gang zu setzen. Als sie die Kurbeln gedreht hatten, setzten sich die Zahnräder in Bewegung und die Tür schwang lautlos auf.
    Guy nahm die Lampe vom Boden und trat in einen düsteren Raum. Die Wände waren mit schwarzem Stoff verhängt. Ein Sessel und ein kleines Tischchen bildeten das spärliche Mobiliar.
    Guy sah den Kammerdiener fragend an. Der atmete tief durch und entzündete eine Ætherlampe, die neben der Tür an der Wand hing. Nach und nach leuchteten mehrere Lampen auf, als wäre eine Kettenreaktion in Gang gesetzt worden. Dann ging er zur hinteren Wand, legte einen Hebel um und der Stoff wurde wie ein Theatervorhang zur Seite gezogen. Und genau das sollte dieser Raum anscheinend auch sein: ein Theater. Das private Theater Horatio Salvatore di Battistas. Verblüfft stellte Guy die Lampe ab und ließ sich in den Sessel sinken. »Das ist …« Ihm fehlten die Worte.
    Der Butler trat auf die kleine Bühne. »Ich war bei keiner Vorstellung anwesend«, sagt er. »Aber können Sie erahnen, wie es war, durch die Flure des Hauses zu gehen, Tee und Gebäck zu servieren, meinem Herrn beim Ankleiden behilflich zu sein, ihm seine Medizin zu reichen und all die Zeit zu wissen, was sich hier unten abspielt?« Er faltete die Hände und stand bewegungslos, mit leicht gesenktem Kopf, zwischen Apparaturen und Instrumenten, deren Funktion Guy nicht benennen konnte - und doch sträubten sich bei ihren Anblick seine Nackenhärchen und ein kalter Schauder lief seine Wirbelsäule hinab.
    An der Wand waren eiserne Fesseln angebracht. Auf einem Tisch standen, nach Größe und Material geordnet, künstliche Phalli aufgereiht, daneben hing eine neunschwänzige Katze an der Wand. Auch hier herrschte penible Ordnung.
    In der Bühnenmitte befand sich ein Gestell – ein höhenverstellbarer und kippbarer Stuhl, an dem Hände und Füße mit Lederriemen fixiert werden konnten, und ein hölzernes Fass, auf dem etwas Kleines lag, das Guy nicht erkennen konnte. Er stand auf und ging näher heran, dann presste er die Faust auf den Mund und griff haltsuchend nach dem Vorhang. Es war eine Puppe wie sie der Junge an sich gedrückt hatte, der in Haveners Wohnung versteckt gewesen war.
    Der Schock wich rasendem Zorn. Er schlug mit der Faust gegen die Wand und stöhnte auf, denn hinter den Stoffbahnen befand sich grober Stein. Mit der Linken griff er in seine Jackentasche und drehte umständlich den Verschluss des Flachmanns auf, schleuderte ihn dann in die Ecke.
    Der Kammerdiener machte einen Schritt auf Guy zu. »Herr Kommissär?«
    Guy winkte ab und schloss einen Moment die Augen, um sich zu fassen, dann begann er die Gerätschaften genauer unter die Lupe zu nehmen. Er öffnete eine Truhe, nahm seinen Stift aus der Jackentasche und hob eine schwarze Ledermaske und Handschuhe heraus. Darunter lag fein säuberlich zusammengefaltet ein Kostüm – ein einteiliger Anzug, viel zu eng und klein für einen Erwachsenen. Auf dem Grund der Truhe fand Guy eine Arzttasche. Er stellte sie auf den Tisch und sah sie nur an. Der Butler schlug die Hand vor den Mund und wandte sich ab.
    »Gehen Sie nur«, sagte Guy. »Warten Sie bitte vor der Tür auf mich, ich werde noch Fragen haben, aber ich muss das jetzt zu Ende bringen.« Er hörte, wie der Diener sich entfernte, öffnete die Schnallen der Tasche und klappte sie auseinander. Blitzende Skalpelle, ein Hammer, Zangen, eine kleine Knochensäge. Und plötzlich war es wieder da, Hedwigs Gesicht, ihr lebloser Körper zwischen rotem Samt. Das Loch, die Ärzte der DMG, die sie aufschnitten, zersägten, sie ausnahmen wie ein Schlachttier. Guy würgte und stützte sich am Tisch ab. Wer auch immer di Battista getötet hatte, er hatte der Menschheit einen Gefallen erwiesen.
    Er schloss die Tasche und verstaute sie wieder in der Truhe. Seine Mitarbeiter würden die Sachen später aufs Revier schaffen und genauer untersuchen. Mehr davon konnte er im Moment nicht ertragen und er

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