Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
Mastochsen, der über einem offenen Feuer gedreht wurde und war ansonsten recht schweigsam.
„Jetzt schau sich mal einer Gwyn Griflet an: Er hat die Prinzessin befreit und Camelot gerettet und dennoch macht er ein Gesicht, als habe er die Schlacht gegen Mordred verloren.“ Cecil schüttelte den Kopf. „Mensch, Junge, du bist ja schlimmer als Sir Tristan und das will wirklich etwas heißen.“
Gwyn zwang sich zu einem Lächeln. „Du solltest deinen Herrn zu Merlin schicken, um sich ein Mittel gegen seine Schwermut geben zu lassen. Der alte Mann kennt sich in solchen Dingen wirklich aus.“
„Ja, aber was ist mit dir?“, fragte Aileen.
Gwyn zuckte mit den Schultern und wich ihrem Blick aus. „Was soll schon mit mir sein. Mir geht es gut.“
„Dir geht es gut?“, fragte die Prinzessin ungläubig. „Ich beobachte dich schon die ganze Zeit. Du bist nur noch wie ein Schatten: still und unauffällig. Nichts erinnert mehr an den ungestümen Jungen, der Sir Kay so wütend die Stirn geboten hat.“
Rowan legte seinen Arm um Aileens Schulter. „Lass ihn, es waren für uns alle harte Tage. Ich kann ihn verstehen. Am liebsten würde ich auch…“ Er hielt inne und biss sich auf die Unterlippe.
„Am liebsten würdest auch was?“, fragte ihn Aileen misstrauisch.
„… meine Ruhe haben wollen“, vollendete Rowan den Satz. „Ich habe Hunger. Wie sieht es mit euch aus?“
„Ist der Ochse gut?“ fragte Cecil Gwyn.
„Vorzüglich“, antwortete Gwyn.
„Dann sollten wir ihn probieren.“
Rowan warf Gwyn noch einen Blick über die Schulter zu, dann ging auch er.
Gwyn trank sein Dünnbier aus, aß einen letzten Bissen Ochsenfleisch und wickelte den Rest ein. Dann holte er seine Sachen aus dem Saal der Knappen und ging hinüber zum Stall, um Pegasus zu satteln. Es war Zeit, seinen Entschluss in die Tat umzusetzen.
„Schade, dass du gehen willst“, sagte Rowan, der plötzlich hinter Gwyn stand. „Katlyn hatte sich schon auf einen Tanz mit dir gefreut.“
„Richte ihr aus, dass es mir Leid tut“, sagte Gwyn und stellte die Steigbügel ein.
„Warum willst du uns verlassen?“, fragte Rowan.
Gwyn seufzte und drehte sich zu Rowan um. Was sollte er ihm sagen? Dass er Humberts Tod und Urfins Verrat nicht verwinden konnte? Dass er wissen musste, was es mit seiner Mutter und dem Medaillon auf sich hatte? Und dass er es nicht ertragen konnte, Rowan und Aileen zusammen zu sehen?
„Man wird mich nicht vermissen“, sagte er schließlich mit einem Achselzucken. „Es gibt ja keinen Ritter, dem ich heute Abend aufwarten muss.“
„Hast du den König gefragt? Du weißt ja, er kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man so einfach das Weite sucht.“
„Ja, ich habe mit ihm gesprochen.“
„Selbst ich kann dich nicht umstimmen?“
Gwyn schüttelte den Kopf und wollte sein Pferd besteigen, aber er kam wie immer nicht in den Sattel. Rowan schob ihm mit dem Fuß einen Eimer zu.
„Wirst du wiederkommen?“
Gwyn schaute Rowan hilflos an. „Ich weiß es nicht. Vielleicht. Es gibt so vieles, über das ich mir erst im Klaren sein muss. Außerdem bin ich meiner Schwester noch etwas schuldig.“
Rowan nickte und strich Pegasus über den Nasenrücken. „Ich wünsche dir eine gute Heimreise.“ Dann ging er.
Gwyn flüsterte seinem Pferd etwas ins Ohr, woraufhin es sich langsam in Bewegung setzte. Er trat hinaus aus dem Stall und eine Fanfare ertönte. Plötzlich hatte er einen dicken Kloß im Hals.
Elf Ritter und elf Knappen standen vom Stall bis zum Tor Spalier, um ihn zu verabschieden.
Das war nicht fair, dachte Gwyn, als er versuchte, die Tränen zu unterdrücken. So hatte er sich den Abschied nicht vorgestellt. Er drehte sich um und sah, wie Rowan ihn breit angrinste. Selbst König Artur und Königin Guinevra standen mit Merlin und Aileen an der Treppe zur großen Halle, von wo aus sie dem Spektakel zuschauten.
Langsam ritt er weiter, während hinter ihm Sir Kay den Befehl zum Salut bellte. Schwerter wurden gezückt und in die Höhe gereckt.
„Und ich sage dir: Du kommst wieder“, hörte er Rowan rufen.
Gwyn blieb einen Moment stehen und drehte sich um. Er wollte etwas erwidern, doch seine Stimme versagte. So hob er die Hand zu einem letzten Gruß.
Dann richtete er den Blick nach vorn und ritt durch das geöffnete Tor.
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