H2O
wolle er eine Lebensversicherung an den Mann bringen:
»Ich bitte Sie, sich das gut zu überlegen. Wie Sie sehen, geben wir uns hier alle Mühe.« Der kleine Sonderermittler nickt bekräftigend. »Mein Vorschlag sollte Sie interessieren. Sie erzählen uns alles ganz genau, und wir nehmen es auf. In einer Stunde ist die Sache überstanden, und wir gehen nach Hause.«
Er beugt sich hinab zu dem blonden Koloss, der mit Gurten an einen Stuhl gefesselt ist, und nähert sein Gesicht dem des Gefangenen.
»Ich kann viel tun, um Ihre Lage zu verbessern ...« Verstohlen deutet er auf die beiden Militärs und senkt dann die Stimme:
»Vor allem kann ich Sie aus den Fängen dieser Burschen befreien.«
Der Muskelprotz würdigt ihn keines Blickes. Seine hellen Augen sind zur Decke gerichtet. Dann lässt er seine Muskeln unter dem T-Shirt rollen und grinst.
Edouardo lehnt sich seufzend auf seinem Stuhl zurück ... Seit zwei Stunden müht er sich nun schon mit diesem Kerl ab. Er hat verschiedene Rollen ausprobiert: Edouardo, der Staatsanwalt, der Polizist, der Retter, der Verführer, der Pädagoge, der Gute, der Böse. Aber der Mann ihm gegenüber scheint mit allen Wassern gewaschen. Er weiß, wie der Hase läuft. Natürlich.
Hinter ihm erteilt Thamnir einen kurzen Befehl. Der Soldat verlässt den Raum. Mit einem dumpfen Knall fällt die Metalltür hinter ihm ins Schloss.
Edouardo wirft dem Hauptmann einen fragenden Blick zu. Thamnir ignoriert ihn hochnäsig. Einige Minuten vergehen, dann kommt der Soldat zurück. Er trägt jetzt Lederhandschuhe und hat einen Plastikeimer mitgebracht, aus dem ein Flaschenhals und ein Hammer ragen. Er kauert sich hin, nimmt den Hammer und zerschlägt die Flasche in dem Eimer. Glassplitter spritzen auf den Boden. Er sammelt sie mit der behandschuhten Hand ein und zerstößt weiter sorgfältig den Inhalt des Eimers. Dann nimmt er wieder Haltung an.
»Kommen Sie bitte zu mir, Monsieur Edouardo?«, sagt Thamnir.
Der Soldat stellt seinen Eimer vor den Füßen des Gefangenen ab, der ihm in die Augen sieht. Dann nimmt er eine Handvoll Glassplitter und presst sie ihm brutal vor den Mund. Der Riese reißt die Augen auf. Mit der freien Hand packt der Soldat seine Nase, kneift sie zusammen und dreht sie um. Der Mann versucht, mit dem Kopf um sich zu stoßen und sich von seinen Fesseln zu befreien. Seine enormen Muskeln spannen sich an, sein Gesicht färbt sich scharlachrot, Blut rinnt über den Lederhandschuh. Der Soldat lässt ihn los und versetzt ihm einige schallende Ohrfeigen. Glassplitter fliegen durch den Raum.
Hauptmann Thamnir tritt einen Schritt vor und schiebt den Soldaten sanft beiseite. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, beugt er sich zu dem Mann hinab, von dessen Lippen Blut tropft. Splitter funkeln in der Wunde an seiner Wange. Höflich sagt er:
»Ich werde den Befehl geben, dass man Sie zwingt, das ganze zerstoßene Glas zu essen. Das ist ein sehr langsamer, sehr schmerzhafter Tod. Aber Sie haben die Wahl. Vielleicht wollen Sie uns ja doch lieber erzählen, was Sie über die Sache wissen, die uns so sehr beschäftigt?«
Der Häftling wendet den Kopf und spuckt einen blutigen Strahl auf den Boden. Dann nickt er langsam.
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Edouardo schrieb:
Monsieur Sénéchal,
Sie werden sicherlich mit Interesse zur Kenntnis nehmen, dass der Bergsteiger, seines Zeichens auch Mitglied der Firma MP Corps (der Einfachheit halber wollen wir ihn »Smith« nennen), nach mehreren Verhören in den Räumlichkeiten der Nationalen Indonesischen Sicherheitsbehörde folgende Informationen zu dem Fall Shafik Mahakam geliefert hat:
1) Smith hat gestanden, von einem oder mehreren Auftraggebern, deren richtige Namen er vorgibt nicht zu kennen, angeheuert worden zu sein. Mit ihnen habe er durch örtliche Mittelsmänner (die wir bis heute nicht gefunden haben) einen Vertrag geschlossen. Von seinen Partnern wisse er nur, dass ihr Deckname »Gruppe Chimäre« gelautet habe.
2) Sein Auftrag bestand darin, Monsieur Shafik Mahakam nach einer besonderen Prozedur, für die man ihm die Mittel und die Vorgehensweise geliefert hatte, zu neutralisieren. »Neutralisieren« ist genau das Wort, das er verwendet hat.
Er bildet also ein Team, um Shafik Mahakam mit der toxischen Substanz zu »behandeln«, von der Monsieur Méjaville, Ihr Experte, Spuren in den Schuhen des Verstorbenen gefunden hat. Smith behauptet, die Herkunft dieser Substanz, die ihm ein Unbekannter gebracht habe, nicht zu kennen.
Um
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