Hab ich selbst gemacht
bekommen werden, weil ich die letzten vierzehn Tage vor Weihnachten in einer katatonischen Starre auf dem Zimmerfußboden saß und geweint habe.
Als meine Wangen schon ganz nass sind und mir eine Tränen-Rotz-Soße in den Ausschnitt läuft, kommt der Mann in mein Zimmer und schaut mich mit großen Augen und krauser Stirn an. »Was ist denn mit dir los?«
»I-hich … Mei-hein Text. Abgestürzt …« Ich schluchze ihm eine Erklärung der Ereignisse vor.
»Oh scheiße«, sagt der Mann, kniet sich zu mir und legt einen Arm um mich. »Aber schnauf mal tief durch und dann setzt du dich da wieder ran. Das kriegst du hin.«
Jetzt würde ich ihm wirklich gern eine knallen für seinen verdammten Optimismus – dieses ständige innere Bedürfnis nach Ohrfeigenverteilen ist doch nicht mehr normal, denke ich im selben Moment. Aber der Mann verdrückt sich sowieso ins Wohnzimmer, und ich setze mich zurück an den Computer und an meinen Text und rede mir gut zu wie einer Wahnsinnigen: »Ich fühl mich gut, ich fühl mich toll, ich fühl mich wun-der-voll.«
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Tag 347
Ja, die hab ich selbst gemacht!
Ich schaue mit einem breiten Grinsen in meine Geschenkekiste. Eigentlich ist sie ja nur ein großer Schuhkarton, aber er ist für mich zur Quelle guter Laune geworden. Ja, gute Laune ist seit diesem Morgen wieder möglich in meinem Leben: Den Text habe ich noch am Samstagabend weggeschickt, und den Sonntag durchgenäht und hinter dem Bezug für den Wohnzimmerkasten ein Häkchen gemacht.
Den fertigen Bezug habe ich in die Geschenkekiste gelegtund gehe nun extra oft an ihr vorbei. Dann schaue ich kurz hinein, sehe die neun bereits fertigen Geschenke und inhaliere etwas von dem Stolz, der aus dieser Kiste strömt. Diese ganzen schönen Sachen hab ich selbst gemacht!
Die beste Freundin schmeißt eine kleine Jahresendfeier für ihre Freunde und wird von mir deswegen schon heute ihr Weihnachtsgeschenk bekommen. Ich nehme die Bechermuffs aus der Geschenkekiste. Das allererste Geschenk. Das auch als Erstes drin lag.
Ich halte die Muffs in meiner Hand und bin hin- und hergerissen: Einerseits ist da eben dieser Stolz und die Vorfreude, was die beste Freundin wohl von meinem Geschenk halten wird. Andererseits bin ich übermannt von dem Widerwillen, die Bechermuffs wirklich weggeben zu müssen. Ich will all die schönen Geschenke nämlich eigentlich behalten, und die Kiste will ich da auf ihrer Kommode stehen lassen, damit sie mir auf alle Ewigkeit Selbstbewusstsein spendet.
In diesem Gefühlsmischmasch steckt außerdem noch eine Prise Furcht, ob der Freundin wohl gefallen wird, was ich ihr da gehäkelt habe. Wenigstens wird sie die Mühe zu schätzen wissen. Denn die beste Freundin als Strick-Maniac weiß, wie viel »wertvoller« ein selbst gemachtes Handarbeitsstück gegenüber einem gekauften ist – einfach weil so viel Zeit darin steckt. Etwas, von dem ja die meisten Leute denken, es sich nicht leisten zu können.
Debbie Stoller schreibt in »Stitch ’n’ Bitch« über »The Fine Art of Knitting for Others«, also über »Die hohe Kunst des Strickens für andere Menschen«: »Remember how you never appreciated those lime-green-and-orange-striped sweaters your grandmother made you? Well, you’ll be reminded of that when you start knitting presents für your friends and relatives (…) So do yourself a favour: Stick to small items.« Heißt: So wie man selbst als Kind Omas kratzige Pullover nie zu schätzen wusste, werden auch Freunde nicht immer vonSelbstgestricktem begeistert sein. Also, wenn schon Selbstgemachtes verschenken, dann lieber Kleinigkeiten.
Dann ist die Enttäuschung auch kleiner, sollte die Freude beim Gegenüber ausbleiben, denke ich und hoffe, dass auch die Kleinigkeiten gut ankommen, wickle die Bechermuffs in buntes Papier und mache mich auf den Weg zur Jahresabschlussparty.
Die beste Freundin packt mein Geschenk aus, grinst, drückt mich fest an sich und drückt mir genauso fest einen Kuss auf die Wange. Gut, hier freut sich also tatsächlich jemand. Und wie! Sie stellt einen ihrer Porzellanbecher mit Bechermuff auf den Küchentisch und legt den zweiten Muff mit den Etiketten fein säuberlich drapiert daneben. Und wird im Verlauf des Abends jedem einzelnen Gast die Bechermuffs vorführen. Ich bin gerührt und werde jedes Mal ein bisschen rot, wenn wieder jemand erstaunt fragt: Die hast du selbst gemacht?
Und ich sage: »Ja. Hab ich selbst gemacht.«
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Tag 352
Martha Stewart, go home!
Es
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