Habe ich dich schon mal geküsst?
war aber noch zu verschlafen, um irgendetwas vom Wetter erkennen zu können. „Hast du noch nie Schnee gesehen?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ernsthaft?“
Jetzt nickte sie. „Ich lebe auf einer Insel vor der texanischen Küste. Wie du dir vielleicht denken kannst, gibt es dort keinen Schnee.“
„Aber du warst doch bestimmt schon öfter auf dem Festland. Bist du noch nie irgendwo gewesen, wo es geschneit hat?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich fahre nicht oft weg. Mamaw braucht mich. Ich fahre nach Galveston zum Einkaufen, aber meistens erledige ich auch das online.“
Er sah, wie sie sehnsuchtsvolle Blicke zum Fenster warf, als hätte sie Angst, dass es jeden Augenblick aufhören könnte zu schneien. Seufzend meinte er: „Gib mir fünf Minuten, damit ich mich anziehen kann, dann komme ich mit.“
Ihr Lächeln erhellte den ganzen Raum. Tänzelnd verließ sie sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Langsam ließ er die Decke auf den Boden fallen und starrte an sich hinab. „Verräter“, murmelte er, bevor er im Bad verschwand.
Schon wenig später kam Rafael mit einer Mütze und einem Schal für Bryony ins Wohnzimmer.
Sie stand am Fenster und sah fasziniert nach draußen auf die dicken Flocken, die vom Himmel schwebten. Ihr Lächeln glich dem eines Kindes an Heiligabend.
„Hier“, brummte er. „Wenn du schon raus willst, brauchst du was Warmes zum Anziehen.“
Sie drehte sich um und starrte auf Schal und Mütze, bevor sie danach griff. Doch Rafael schob ihre Hand beiseite und schlang den Schal selbst um ihren Hals.
„Wahrscheinlich weißt du nicht einmal, wie man ihn umbindet“, murmelte er.
Nachdem er ihr den Schal umgeschlungen und die Mütze aufgesetzt hatte, machte er einen Schritt zurück. Sie sah … verdammt süß aus.
Ehe er noch etwas Idiotisches tun konnte, wandte er sich ab und deutete zur Tür. „Dein Schnee wartet.“
Bryony lief in den kleinen Innenhof, der zum Wohnkomplex gehörte, überrascht, dass er menschenleer war. Wie konnte man an solch einem herrlichen Tag drinnen bleiben? Eine Schneeflocke landete auf ihrer Nase, sie hob den Kopf und lachte, als immer mehr Flocken auf ihre Wangen schwebten und sich in ihren Wimpern verfingen.
Begeistert streckte sie die Arme aus und drehte sich im Kreis. Oh, es war so herrlich und wunderschön. Auf dem gepflasterten Boden lag nur eine dünne Schneeschicht, doch auf dem Zaun und den großen Blumentöpfen lag genug, um daraus einen Schneeball zu formen.
Genau das tat sie, bevor sie sich umdrehte und Rafael angrinste. Er hob warnend eine Hand.
„Wag es ja nicht …“
Ehe er seinen Satz beenden konnte, warf sie, und Rafael schaffte es nicht einmal mehr zu blinzeln, als ihn der Schneeball auch schon mitten ins Gesicht traf.
„… daran zu denken.“ Wütend funkelte er sie an, doch sie kicherte nur und kratzte schon den nächsten Schneeball zusammen.
„Wehe!“, rief Rafael drohend, doch ehe er sich versah, hatte Bryony ihn in eine herrliche Schneeballschlacht verwickelt.
Leider merkte sie ziemlich schnell, dass er sehr viel besser zielte als sie, sodass sie kurz darauf die Hände hob und rief: „Ich ergebe mich.“
„Wieso kann ich das nicht so ganz glauben?“, fragte er, den Arm wurfbereit erhoben.
Sie lächelte in aller Unschuld und streckte ihre leeren Hände vor. „Du hast gewonnen. Mir ist kalt.“
Er ließ den Schneeball fallen, kam zu ihr und fasste sie bei den Schultern. Er musterte sie abschätzend von Kopf bis Fuß, so wie er es schon bei ihrer ersten Begegnung getan hatte. Doch dieses Mal wurmte es sie nicht, denn sie wusste, dass sich unter dem gelangweilten Stolz ein Mann verbarg, der Spaß verstand und sich nur danach sehnte, befreit zu werden. Von ihr.
Sie seufzte angesichts der Ungerechtigkeit. Es war, als wollte das Schicksal ihr einen bösen Streich spielen. Obwohl sie nichts derart Schreckliches getan hatte, was rechtfertigen würde, dass die Liebe ihres Lebens und der Vater ihres Kindes sie als völlige Fremde ansah.
Sie fröstelte, und Rafael meinte sofort: „Wir sollten reingehen. Du bist nicht für dieses Wetter angezogen.“
„Als der Portier mir gesagt hat, dass du hier draußen im Schnee spielst, habe ich ihn gefragt, ob der echte Rafael von Aliens verschleppt worden ist.“
Bryony und Rafael fuhren herum und sahen Devon Carter in der Tür stehen.
„Sehr witzig“, murmelte Rafael. „Was machst du hier?“ Er nahm Bryonys Hand.
Devon hob gelangweilt eine Augenbraue.
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