HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
ein. Dann folgte er ihr nach draußen.
„Bleib auf dieser Straßenseite“, sagte er.
Zoe seufzte. „Ich weiß. Mommy sagt mir immer, wo ich fahren darf und wo nicht. Ich passe schon auf.“
Er öffnete das Garagentor und half ihr, den Helm aufzusetzen. Dann kletterte sie auf ihr Fahrrad und fuhr los. Die beiden kleinen Stützräder hielten sie im Gleichgewicht, während sie kräftig in die Pedale trat. Walker beobachtete sie eine Zeit lang, dann begann er sich umzusehen, womit er sich beschäftigen konnte, während Zoe unterwegs war.
In einer Ecke der kleinen Garage lehnte Gartenwerkzeug. Er dachte daran, dass ihm in Elissas Vorgarten neulich Unkraut aufgefallen war. Sicher hatte sie wegen der vielen Arbeit für den Kunsthandwerksmarkt keine Zeit gehabt, sich um den Garten zu kümmern. Unkraut jäten traute Walker sich durchaus zu.
Er nahm das Gartenwerkzeug, verzichtete nach kurzer Überlegung sowohl auf die Handschuhe als auch auf die kleine Matte, die offenbar dazu gedacht war, sie unter die Knie zu legen, schnappte sich einen Eimer und machte sich an die Arbeit.
Die Sonne brannte heiß vom Himmel. Walker begann, Unkraut und alle Gräser, die ihm fragwürdig erschienen, aus der Erde zu reißen und in den Eimer zu werfen. Zwischendurch sah er immer wieder nach Zoe, die die Straße auf und ab fuhr und ihm im Vorbeifahren zuwinkte.
Nach einer Viertelstunde gesellte sich das Mädchen von gegenüber zu ihr. Walker konnte sich an den Namen der Kleinen nicht mehr erinnern, aber sie war ungefähr ein Jahr älter als Zoe und nett. Die beiden radelten ein paar Minuten gemeinsam die Straße entlang, dann ließen sie sich erschöpft auf die schattige Wiese fallen.
„Ich bin gleich wieder da“, rief Zoe wenige Minuten später und lief ins Haus.
Ehe Walker aufstehen und ihr nachgehen konnte, um zu sehen, was sie vorhatte, kam Zoe mit einem Haufen Spielzeug im Arm wieder zurück. Das andere Mädchen hatte in der Zwischenzeit ebenfalls ihre Schätze geholt, und die beiden setzten sich auf den Rasen und spielten … Nun, das, was Mädchen in diesem Alter eben spielen, dachte Walker, der sich mittlerweile bis zur Hausecke vorgearbeitet hatte. Er bog um die Ecke und jätete weiter an der Hauswand entlang.
Er grub in der Erde und bemerkte nicht, dass er längst nicht mehr die Harke, sondern den Spaten in der Hand hatte und das Loch mittlerweile so groß war, dass ein Leichnam hineingepasst hätte. Ich schaufle Gräber, dachte er grimmig. Gräber …
Er erschrak und versuchte die Bilder in seinem Kopf zurückzudrängen. Es gelang ihm, und das, was er vor sich sah, waren wieder Pflanzen. Schweiß rann ihm den Rücken hinunter. Er gehörte nicht hierher, dachte er. Er würde es nicht schaffen. Nicht schaffen, normal zu sein. Er …
Plötzlich hörte er laute Stimmen. Es waren zu viele Stimmen, als dass sie nur von Zoe und ihrer Freundin kommen konnten. Walker stand auf und rannte in den Vorgarten. Als er um die Ecke des Hauses bog, sah er Zoe. Sie stand mit in die Seite gestemmten Armen vor einem Jungen, der um einiges älter war als sie. Der Junge schubste sie. Zoe taumelte. Dann versetzte ihr der Junge einen festeren Stoß, und Zoe fiel auf den Asphalt.
Mit einem Satz war Walker bei ihm und packte ihn am Hemd. Er wollte ihn gerade heftig schütteln, als er Zoe weinen hörte. Er drehte sich um und sah sie mit tränenüberströmtem Gesicht und blutigem T-Shirt am Boden sitzen.
„Tun Sie mir nichts, tun Sie mir nichts“, schrie der Junge.
Walker sah ihm scharf in die Augen. „So etwas passiert nicht noch einmal, ist das klar?“
Der Junge schüttelte ängstlich den Kopf. Walker ließ ihn los und hockte sich neben Zoe.
„Lass mal sehen“, sagte er.
Das andere kleine Mädchen und der Junge waren verschwunden. Walker untersuchte die Schramme an Zoes Knie und ihre aufgeschürfte rechte Handfläche. Dann hob er sie hoch und trug sie ins Haus.
Er setzte sie auf den Küchentisch und machte sich sofort daran, ihre Verletzungen zu versorgen. Dann desinfizierte er die Wunden mit dem antiseptischen Mittel, das Elissa in einem Regal zusammen mit Verbandszeug aufbewahrte. Nachdem er sie verarztet hatte, nahm er ein Stück Küchenrolle, machte es nass und wischte Zoe das Gesicht ab.
„Was ist passiert?“, fragte er.
Zoe schluchzte noch einmal und holte dann tief Luft. „Ein paar Jungs sind vorbeigekommen und haben gesagt, wir sind doof und würden Babyspiele spielen. Dann habe ich gesagt, dass das nicht
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