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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Wetten, daß der an die zehn Zentner wog?
    Ich brüllte Johnson zu, ihm Leine zu geben, aber bevor ich noch ein Wort raushatte, sah ich Johnson vom Stuhl weg in die Luft gehoben, so als ob er an einem Hebekran hing, und gerade einen Augenblick lang hielt er sich am Angelstock fest, und der Stock krümmte sich wie ein Bogen, und dann kriegte er den Kolben in den Bauch und der ganze Laden ging über Bord.
    Er hatte die Hemmung festgeschraubt, und als der Fisch anbiß, wurde Johnson einfach aus seinem Sitz gehoben; er konnte ihn nicht halten. Er hatte den Kolben unter dem einen Bein gehabt und den Angelstock quer überm Schoß. Wenn er das Lederzeug angehabt hätte, wäre er auch mitgegangen.
    Ich drosselte die Motoren ab und ging achteraus zum Heck. Da saß er und hielt sich mit beiden Händen den Bauch, wo der Angelkolben ihn getroffen hatte.
    «Das ist wohl genug für heute», sagte ich.
    «Was war es?» sagte er zu mir.
    «Ein schwarzer Marlin», sagte ich.
    «Wie ist es denn passiert?»
    «Na, was glauben Sie?» sagte ich. «Die Rollenvorrichtung hat 250 Dollar gekostet. Jetzt kostet sie mehr. Der Angelstock hat mich 45 Dollar gekostet. Es waren beinah 600 Yards sechsunddreißiger Leine darauf.»
    In dem Moment schlägt ihm Eddy auf den Rücken. «Mr. Johnson», sagt er. «Sie haben einfach Pech. Wissen Sie, so was hab ich mein Lebtag nicht gesehen.»
    «Halt die Klappe, du Schnapser», sagte ich zu ihm.
    «Was ich Ihnen sage, Mr. Johnson», sagte Eddy, «das ist das Merkwürdigste, was ich mein Lebtag gesehen habe.»
    «Was hätte ich machen sollen, wenn ich an so ‘nem Fisch festgehakt bin?» fragte Johnson.
    «Mit so was wollten Sie ja ganz alleine fertig werden», sagte ich zu ihm. Ich hatte die Wut im Bauch.
    «Die sind zu mächtig», sagte Johnson. «Das ist ja der reinste Selbstmord, was man da alles einstecken müßte.»
    «Hören Sie mal», sagte ich zu ihm. «Ein Fisch wie der killt Sie glatt.»
    «Man fängt sie doch aber.»
    «Ja, Leute, die angeln können, fangen sie. Aber denken Sie nicht, daß die nicht auch allerhand einstecken müssen.»
    «Ich hab ein Bild von einem Mädchen gesehen, die einen fängt.»
    «Gewiß doch», sagte ich. «Vom verankerten Boot aus. Der hat den Köder verschluckt, und sie haben ihm den Magen rausgerissen, und er kam an die Oberfläche und starb. Wovon ich rede, ist trillen, wenn ihnen der Haken im Maul sitzt.»
    «Na», sagte Johnson, «die sind zu mächtig. Wenn’s keinen Spaß macht, wozu denn dann?»
    «Das stimmt, Mr. Johnson», sagte Eddy. «Wenn’s keinen Spaß macht, wozu denn dann? Hören Sie mal, Mr. Johnson. Sie haben da den Nagel auf den Kopf getroffen. Wenn’s keinen Spaß macht, wozu denn dann?» Mir war noch ganz schwummrig vom Anblick des Fischs, und wegen des Angelgeräts hatte ich ‘ne reichliche Wut im Bauch und ich konnte ihr Gerede nicht mitanhören. Ich sagte nichts zu ihnen, und da saßen sie, Eddy in einem der Stühle mit einer Flasche Bier und Johnson auch mit einer.
    «Käptn», sagte er nach einer Weile zu mir, «könnten Sie mir einen Highball mixen?»
    Ich mixte ihm einen, ohne etwas zu sagen, und dann mixte ich mir selbst einen ordentlichen für mich. Und ich dachte: da hat nun dieser Johnson sechzehn Tage lang gefischt; schließlich hakt er einen Fisch an, für den ein richtiger Angler wohl ein Jahr seines Lebens geben würde, um ihn anzuhaken, und dann geht er ihm flöten; mein ganzes Angelzeug geht mit flöten; er macht sich lächerlich, und dann sitzt er völlig zufrieden da und trinkt mit ‘nem Süffel.
    Als wir im Hafen waren und der Nigger wartend dastand, sagte ich: «Wie ist’s mit morgen?»
    «Ich glaube nicht», sagte Johnson. «Ich hab die Art von Angelei da satt.»
    «Wollen Sie den Nigger ablohnen?»
    «Was schulde ich ihm?»
    «Einen Dollar. Wenn Sie wollen, können Sie ihm ein Trinkgeld geben.»
    Daraufhin gab Johnson dem Nigger einen Dollar und zwei kubanische Zwanzig-Cent-Stücke.
    «Wofür ist das?» fragte mich der Nigger und zeigte auf die Münzen.
    «Ein Trinkgeld», sagte ich zu ihm auf spanisch. «Aus. Schluß mit dir. Er schenkt dir das.»
    «Soll ich morgen nicht kommen?»
    «Nein.»
    Der Nigger holte seine Rolle gezwirnter Schnur, die er benutzt hatte, um den Köder zu befestigen, und seine dunkle Brille, setzt seinen Strohhut auf und geht ab, ohne Adieu zu sagen. Es war ein Nigger, der nie viel von keinem von uns hielt.
    «Wann wollen wir abrechnen, Mr. Johnson?» fragte ich ihn.
    «Morgen früh werde ich

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