Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
erinnert werden, daß wir Juden sind.«
Hausfrau, 1915
Gleich nach dem Krieg, als sie dann plötzlich auf der Straße herumliefen, mit dem Zeug noch an. Zum Teil trugen sie das sicher absichtlich. Es war ja auch Sommer, da ging das ja. Von den Amerikanern hätten, sie doch sicher irgendwo Zeug gekriegt, nicht? Um aufzufallen, taten sie das. Aber auch nicht alle.
Ich arbeitete damals auf einer amerikanischen Dienststelle. Und da kamen sie an, mit gräßlichen Fotos, sie selbst da drauf. Die Amerikaner schickten sie weg. Die konnten ihnen nicht helfen, das waren die falschen Stellen.
» Es ist besser für Sie, wenn Sie das vergessen«, sagten die Beamten.
Hausfrau, 1918
Genau am Ende des Krieges, Mai und Juni 1945, da erlebten wir dann, daß ganz viele Trupps noch durchzogen durch Mecklenburg. Die trugen noch KZ -Uniformen mit KZ -Nummern dran. Sie sahen furchtbar elend aus, hatten es aber eben nun überlebt, waren vielleicht ja auch keine Juden, sondern Kriminelle, unter Umständen sogar Politische. Politische und Kriminelle, die Adolf ja alle zusammen in KZ s steckte, die nun überlebt hatten, die auch anfingen zu erzählen. Da ist dann ja schon viel mehr bekanntgeworden. Bloß die ganze Zeit, wo Adolf eben das Regiment hatte, da wurde das ja so unterdrückt, daß eben kaum etwas durchsickerte über die gräßlichsten Grausamkeiten.
Hoteliersfrau, 1909
In der Nachbarschaft, da wohnte eine Familie, das war der allerletzte Dreck. Da sagt die Frau eines Tages: » Mein Mann ist im KZ in Hamburg.« Ich sag’: » In Hamburg gibt es kein KZ .« » Doch«, sagt sie, » in Neuengamme.« Ich hab’ mich dann erkundigt, und es wurde gesagt, er habe sich in einer Möbelfabrik was abgestaubt und mit nach Hause genommen.
Als dann die Amis in unser Dorf kamen, gingen wir hin zu dem Major und sagten: » Der Mann von Frau Sowieso ist im KZ . Holen Sie den doch raus da.«– Er hat sich alles aufgeschrieben, und nach einigen Tagen hat er gesagt: » Dieser Mann ist nicht wegen Möbelgeschichten eingesperrt worden, sondern wegen Kindergeschichten. Diese Leute kommen bei uns auch ins KZ . Da rühren wir keinen Finger.«
Und der Mann ist auch nicht wiedergekommen.
Biologe, 1928
Gehört schon. » Konzertlager« wurde das genannt vom Volksmund. » Da kommen so Leute rein, die arbeitsscheu sind oder Kommunisten«, so hieß es. Von Juden wurde nicht gesprochen, weil es in unserer Gegend keine Juden gab.
Das war alles.
Und dabei, ob Sie’s glauben oder nicht, war fünfzehn Kilometer von unserm Dorf entfernt ein kleines KZ , und das haben wir nicht gewußt. Es hieß, da wird ein Barackenlager gebaut für englische Offiziere, und als es fertig war, hat man sich keine Gedanken gemacht, wer da nun wirklich drinsitzt. Die Amerikaner haben die dann da rausgeholt. Und der erste Amerikaner, mit dem ich zu diskutieren versuchte, daß man das doch differenziert sehen müßte, nicht alle Deutschen könne man über einen Kamm scheren usw., der sagte ganz einfach: » I’ve seen enough.« Der war dabeigewesen.
Großhändler, 1922
Wir haben mit KZ -Häftlingen zusammen gearbeitet, in einem Flugzeugwerk. In Oranienburg wurde die ganze Produktion von KZ -Häftlingen gemacht. Die hatten ja verschiedene Dreiecke, schwarz, rot, gelb. Es war zu erkennen, was das für Leute waren. Für uns waren das Feinde des Staates, Verbrecher, da gab es überhaupt keinen Zweifel.
Die hatten Selbstverwaltung, z. B. bei den Lebensmitteln. Und da hat einer von denen ’n paar Zentner Fleisch verschoben. Da ist er bei erwischt worden und hat sich im Lokus aufgehängt.
Als wir entlassen wurden aus der Kriegsgefangenschaft, da haben uns die KZ -Häftlinge mit Peitschen auf dem Bahnhof empfangen, und da dachte ich an den, der sich da aufgehängt hatte. Den haben sie doch sicher zu den Toten dazugezählt, nicht wahr? Zu den sechs Millionen oder wieviel es nun waren? Den haben doch sicher die SS -Leute auch auf’m Gewissen, was?
Lehrer, 1927
KZ abreißen, das war als Demütigung gedacht, aber die Leute durften alles mit nach Hause nehmen.
» Klaus, geh noch mal eben ’n bißchen KZ -Holz holen.«
Hausfrau
Ich finde es richtig, daß wir an die Juden so viel Geld gezahlt haben, und das sollten wir auch weiterhin tun.
Was ich nicht richtig finde, das ist, daß sie uns das nun immer noch unter die Nase reiben. Da ist man dann bald so weit, daß man sagt: Was? Na, denn seht zu, wie ihr fertig werdet.
Fabrikant
Bei mir sind vor einiger Zeit zwei Herren im Büro
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