Habiru
erkennen. Sie begann damit, sich umzuschauen, und die Hütte genauer zu betrachten. Vielleicht gab es noch mehr Hinweise darauf, wo sie gelandet war, wenn sie sich die Einrichtung näher ansah.
Am Feuerplatz hing eine Konstruktion aus Seilen, die wohl so etwas ähnliches wie einen Schwenker darstellte. Daneben stand eine Anzahl von ebenfalls reich verzierten Töpfen aus Ton und ein Korb aus geflochtenem Bast. Eine richtige Küche schien das zu sein. Am ihr zugewandten Rand der Hütte stand eine Figur, die wohl einen sehr dicklichen Menschen darstellen sollte. Sie sah zwar ungewohnt aus, und hatte ausladende Rundungen, war aber faszinierend. Und auf der anderen Seite gab es so etwas wie Feldbetten, Lager aus Wolldecken, unterlegt mit Stroh. Aber nicht genug für alle, da waren höchstens drei oder vier Lager. Alles primitiv, aber funktional, das wäre wohl das richtige Wort. Sie war irgendwie bei einem Indianervolk gelandet. Es war und blieb ihr ein Rätsel.
Sie war mittlerweile satt. Auch die anderen hatten mit dem Essen aufgehört, und wie auf ein verabredetes Signal standen alle auf, räumten den Tisch ab, um anschließend ihren Beschäftigungen nachzugehen. Sie fragte sich, wer hier welche Arbeiten erledigen musste, was für Hobbies die Menschen hatten und beschloss, so bald sich die Gelegenheit ergab, danach zu fragen.
3. Die Swastika
Nach dem Essen gingen Schena und Sarah an die frische Luft. Schena hatte Inanna um Erlaubnis gebeten, Sarah noch ein wenig rumzuführen, um ihr das Dorf zu zeigen. Inanna war erfreut, sie sagte, es könne nie schaden von den Weisheiten Anderer zu lernen, und gab den beiden mit auf den Weg, sich doch rege auszutauschen. Die Vögel zwitscherten, die Luft war jetzt, als die Sonne schon etwas tiefer stand, noch wärmer geworden. Es war aber immer noch angenehm. Sie gingen nebeneinander her. Schena führte sie zum zentralen Platz. Dort blieb Sarah plötzlich wie angewurzelt stehen. Sie war kreidebleich geworden. In der Mitte des Platzes waren Steine in einer runden Mosaikform gesetzt worden und in der Mitte des Kreises war mit dunkleren Steinen deutlich ein Hakenkreuz zu erkennen.
»Das ist ja ein Hakenkreuz.« Stellte sie erschreckt fest: »Seid ihr etwa Nazis?« Sarah hatte gerade erst im letzten Halbjahr im Geschichtsunterricht sehr viel davon erfahren, welches Unrecht unter dem Hakenkreuz in die Welt getragen wurde. Sie hatten ein KZ besucht, in dem Hitler Hunderttausende Menschen vergasen ließ. Der Schreck war ihr wirklich ins Gesicht gestiegen.
Schena antworte gelassen: »Ich weiß nicht, was ein Hakenkreuz ist. Und das Wort Nazis kenne ich auch nicht. Wie soll ich dir also sagen, ob wir welche sind. Das musst du schon näher erklären.«
Doch Sarah war sprachlos vor Schreck. Schena atmete tief ein und holte weit aus: »Das Zeichen, welches dich so sehr erschreckt hat, ist unser heiligstes Zeichen. Wir nennen es Swastika, es ist das Zeichen des Zentrums, um das sich alles dreht. Und es liegt selbst im Zentrum des Lebenskreises.«
»Swastika? Das habe ich noch nie gehört.« Sarah war immer noch verstört. »Und was sagtest du? Lebenskreis?«
»Ja. Die Natur bringt alles rund hervor. Die Körper der Menschen und der Tiere haben keine Ecken. Unsere Sternkundigen meinen, auch all das was man im Himmel sehen kann, die Sonne, der Mond, die Sterne, der Weiße Sternengürtel, sie alle sind rund und Kreise in größeren Kreisen. Und auch hier auf der Erde ist es so, denk nur an den Horizont, an einen Regenbogen oder den See, in dem du eben badetest. Wir ehren den Kreis: Der Kreis ist zeitlos, steht nie still; aus dem Tod geht neues Leben hervor - Leben, das den Tod besiegt. Der Kreis hat keinen Anfang und kein Ende. All das ist für uns schön und voller Bedeutung; es ist Symbol und Wirklichkeit zugleich. Es drückt die Harmonie von Leben und Natur aus. Wir versuchen unsere Kultur dem soweit wie möglich anzupassen. Wir sitzen im Kreis, die gesamte Sippe vereint, um den Esstisch, oder um das Lagerfeuer. Selbst unsere Hütten sind rund und kreisförmig um dieses Zentrum herum angeordnet. Selbst die umliegenden Dörfer bilden einen Kreis um Eridu herum.«
Sarah hatte den Mund sperrangelweit offen, so sehr staunte sie über die Worte Schenas.
»Ihr habt Sternkundige?« Sie war von der Weisheit Schenas beeindruckt, nicht jedoch so sehr, als das sie sich nicht gewundert hatte, als Schena von den Sternkundigen sprach.
»Aber ja, jeder geht seinen Interessen nach, in der Zeit, die
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