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Hackschnitzel

Hackschnitzel

Titel: Hackschnitzel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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als er die Tür aufgedrückt hatte. Der gesamte Flur und das Treppenhaus waren voll gestellt. Mühsam bahnte er sich einen Weg um Fahrräder, Mülltonnen, alte Bettroste, zwei brüchige Anrichten und einen Papageienkäfig, dem drei Gitterstäbe fehlten. Zwangsläufig kam ihm der Gedanke an Sperrmüll.
    »Da wird immer alles abgestellt. Kommt bald weg, heißt es, aber als Hausbesitzer hat man ja heutzutage nichts mehr zu melden. Man kann froh sein, wenn die überhaupt ihre Miete zahlen«, zeterte der Lockenwicklerkopf aus einer Wohnungstüre hinter dem ganzen Gerümpel.
    Der Kommissar kämpfte sich durch und erblickte schließlich unter der hellgrünen Kittelschürze noch eine abgetragene Jogginghose und dicke schwarze Wollsocken in weißen Billigschlappen.
    Die Ordnung in der Wohnung war allerdings nicht viel besser als im Treppenhaus. Die Vermüllung setzte sich nahtlos fort und Lindt fragte sich, ob nicht das meiste da draußen der Schürzenträgerin gehörte. Diese zeigte mit einer schnellen Handbewegung auf einen freien Stuhl.
    »Also, was gibt’s jetzt so Wichtiges? Ist er tot?«
    Für einen Moment war der Kommissar sprachlos, aber ein Blick in das herbe, scharf geschnittene Gesicht machte ihm klar, dass man diese Frau wohl mit nichts mehr schrecken konnte.
    »Wie kommen Sie da drauf?«
    »Sonst wird doch wohl keiner von der Kripo zu mir in die Wohnung wollen.«
    »Leider haben Sie recht. Allerdings waren die Umstände seines Todes nicht gerade, nun ja ...«
    »Also, wie?«
    »Ihr Bruder wurde zerhäckselt!«
    »Ach, war der das? Hab ich im Fernsehen und in der Zeitung gesehen.«
    Lindt lief ein Schauer über den Rücken. Noch kälter hätte wohl niemand reagieren können.
    »Berührt Sie das denn gar nicht?«
    »Ich hab’s doch schon gesagt. Es gab keinen Kontakt mehr. Er wollte nichts von uns wissen, hielt sich für was Besseres als Prokurist in seiner Baufirma. Auch meine beiden Schwestern haben das Weite gesucht. Geheiratet und fort! Die eine ins Rheinland und die andere zu den Schwaben nach Ulm! Bloß ich hab hier bleiben und den Laden weiterführen müssen. Bis die beiden Alten dann gestorben sind. Erst der Vater und ein Jahr später auch noch die Mutter.«
    »Und jetzt?«
    »Das sehen Sie ja wohl deutlich genug. Kleine Lebensmittelgeschäfte rentieren sich nicht mehr. Alle kaufen bei den großen Billigketten ein. Noch nicht mal einer meiner sieben Türken da oben wollte die Räume mieten. Also lebe ich jetzt halt von dem bisschen Miete, was ich ab und zu bekomme. Aber glauben Sie bloß nicht, dass einer von denen regelmäßig zahlt!«
    Und nach einer kleinen Pause setzte sie noch nach – etwas leiser: »Dabei war ich die Einzige von uns vier Kindern, die auf der Oberschul’ war!«
    Lindt spürte ihre Verbitterung.
    »Kannten Sie denn wenigstens das Haus, in dem Ihr Bruder gewohnt hat?«
    »Keine Ahnung. Ich hab nur von der Baufirma gewusst. Da hab ich ihn auch angerufen, als unsere Eltern tot waren.«
    Der Kommissar überlegte kurz, konnte sich aber nicht einmal ansatzweise vorstellen, dass diese Frau irgend etwas mit dem Tod von Konrad Fink zu tun haben könnte.
    Schwerfällig erhob er sich, drückte ihr schnell die Hand, atmete tief durch, murmelte etwas von ›Anteilnahme‹, gab ihr seine Karte und machte, dass er fort kam.
    Als Lindt schon im Hof war, öffnete sich das Doppelfenster über ihm wieder.
    »Gibt’s überhaupt etwas von meinem Bruder, was ich begraben könnte?«
    »Wir melden uns«, sagte er schnell und beschleunigte seine Schritte. »Das dauert noch ein paar Tage.«
     
    ›Fehlanzeige‹ musste der Kommissar bei seiner nächsten Station feststellen.
    Über die Durlacher Allee hatte er wieder die Innenstadt angesteuert, war Richtung Hauptbahnhof abgebogen und am Zoo entlang bis zur Augartenstraße gefahren. Er fand die richtige Hausnummer, aber weit und breit keinen freien Parkplatz. Erst nach drei Runden durch die umliegenden Straßen hatte er Glück, allerdings einige hundert Meter von seinem Ziel entfernt.
    ›Nächstes Mal nehme ich wieder das Fahrrad‹ dachte er beim Aussteigen, doch kaum war er einige Schritte gegangen, spürte er erste Tropfen. ›Also gut, dann halt die Straßenbahn.‹ Radfahren bei Regenwetter war nicht nach seinem Geschmack. Er drehte um und holte erst einmal seinen großen schwarzen Stockschirm aus dem Kofferraum des Citroen.
    Den Gang zum Haus, in dem Konrad Fink früher einmal gewohnt hatte, hätte er sich wirklich sparen können.
    Seit damals hatten

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