Hackschnitzel
direkt auf das Schlüsselloch geklebt worden und der österreichische Polizist hatte einige Mühe, es mit der Klinge seines Taschenmessers abzukratzen.
»Ich muss erst vorschließen«, erklärte der Bankmitarbeiter, steckte kleinen, messingfarbenen Schlüssel in den Schließzylinder und drehte einmal um. »So bitte«, nickte er Lindt zu.
Zu Jan Sternbergs Erstaunen zog der Kommissar ein kleines, schwarzes Lederetui aus seiner Tasche, öffnete es und holte einen Schlüsselbund heraus.
»Woher haben Sie ...?«
Klirrend hielt ihm sein Chef den Bund unter die Nase. Sternberg erkannte mehrere kleine und einen großen Schlüssel. Der trug den Mercedes-Stern.
Sternberg ging ein Licht auf: »Deshalb waren Sie noch bei der KTU!«
»Genau, der steckte doch in Finks Sportwagen. Hier bitte: Auto, Wohnung, Büro und noch ein paar unbekannte Schlüssel. Vielleicht passt einer davon zu dem Fach da drüben.«
»Wenn nicht?«
»Dann brauchen wir halt doch einen Schlüsseldienst und der muss dann den Zylinder aufbohren«, erklärte der Bankangestellte. »Den zweiten Schlüssel hat immer unser Kunde und die Fächer können wir nur gemeinsam öffnen.«
Lindt verglich schnell Finks Schlüssel mit dem der Bank, fand einen, der ganz ähnlich aussah, steckte ihn ins Schloss, drehte um und schon ließ sich die schmale Metalltür aufklappen.
»Na bitte!«
Er entnahm dem Fach eine Blechkassette, stellte sie auf den Tisch in der Mitte des Raumes und nickte dem Notar zu: »Jetzt kommt Ihr Part, Herr Berger.«
»Schließfachöffnung im Bankhaus Golz, Bludenz, Vorarlberg, Österreich. Im Tresorraum der Bank sind anwesend:«, begann der Justizrat routiniert auf sein schmales Diktiergerät zu sprechen. Er nannte alle Anwesenden mit Vornamen, Namen und Funktion, vergaß auch nicht das Datum und fuhr dann fort: »Ich öffne jetzt, um 16 Uhr und zwölf Minuten die Metallkassette aus dem Schließfach Nr.488, welches mit dem Schlüssel der Bank und einem von Kriminalhauptkommissar Oskar Lindt mitgebrachten Schlüssel aufgeschlossen wurde, der nach den Ermittlungen der Karlsruher Kriminalpolizei dem ermordeten Konrad Fink, wohnhaft gewesen in Rheinstetten, gehörte.«
»Toll, Chef, wie er solche langen Schachtelsätze fehlerfrei und druckreif diktieren kann«, raunte Jan Sternberg halblaut in Lindts Ohr.
Der legte nur – »psst« – den Finger auf seine Lippen und linste aufmerksam in die Kassette, deren Deckel Berger soeben zurückgeschlagen hatte. Mehrere Schnellhefter waren zu sehen.
Nacheinander entnahm der Notar die Dokumente, blätterte durch, gab erst für die Umstehenden ein paar kurze Stichworte und diktierte anschließend die Einzelheiten.
»Grundbuchauszug Eigentumswohnung Rhein-stetten-Forchheim.«
»Kennen wir«, flüsterte Sternberg ganz leise, so ergriffen war er von der Situation.
»Grundbuchauszug Appartementanlage ›Steinbock‹, Schruns.«
»Welche Wohnung genau?«, wollte Lindt wissen.
Der Notar schlug Seite für Seite um: »Es scheint sich um das gesamte Haus zu handeln. Ja, richtig, hier steht’s: Fünfundzwanzig Wohnungen in verschiedenen Größen.«
Fast synchron, wenn auch in unterschiedlichen Tonlagen, pfiffen die beiden deutschen Kriminalisten und ihr österreichischer Kollege durch die Zähne.
»Wahnsinn«, entfuhr es Jan Sternberg.
Das nächste Schriftstück brachte eine neue Überraschung: »Finks Arbeitsvertrag mit der Baufirma Langenbach in Ettlingen«, informierte Berger und vertiefte sich in die Einzelheiten.
»Erstaunlich, sehr erstaunlich!« Die Stimme des Juristen begann vor Erregung zu vibrieren. »Ein sattes Monatsgehalt und dazu kommt seit zwölf Jahren noch zusätzlich eine Beteiligung am Firmengewinn!«
»Ich werd’ verrückt!« Jan konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Das macht ja ...!«
»Im letzten Jahr gut zweihunderttausend Euro, alleine die Gratifikation«, klärte ihn Berger auf und wedelte mit einem Stapel von Kontoauszügen. »Zahlbar nämlich auf Finks Konto bei dieser Bank hier.«
»Schön am deutschen Fiskus vorbei«, brummte Oskar Lindt. »So eine Sauerei!«
Er erhielt dafür umgehend einen ebenso eindeutigen wie missbilligenden Blick des Bludenzer Bankers, kümmerte sich aber nicht darum.
Wofür diese Bank eine geräumige Tiefgarage brauchte, war ihm jetzt völlig klar.
›Diskretion ist wohl das A und O im Kapitalfluchtgeschäft! Nicht auszudenken, wenn ein kleiner, deutscher Steuerfahnder in seinem Skiurlaub eine ihm bekannte Firmenlimousine vor einer
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