Hackschnitzel
österreichischen Bank bemerken würde‹ Doch diesen ketzerischen Gedanken behielt der Kommissar dann lieber für sich.
»Es wird noch interessanter«, kommentierte Justizrat Berger ein Schriftstück, das er einem großen, braunen Umschlag entnommen hatte.
»Finks Testament! Darin vermacht er seinen gesamten Besitz, Moment, ich lese vor: meiner Tochter Annamaria Reininger, geboren am 20. Mai 1995, wohnhaft Bludenz, Mühlgasse 18!«
»Chef, die Tochter!«, entfuhr es Jan Sternberg.
Lindt fehlten die Worte. »Tatsächlich«, stammelte er mühsam. »Wie Barbara Steinle noch sagte.«
»Wir kümmern uns drum«, schaltete sich der Vorarlberger Kripokollege ein. »Das ist gar nicht weit von hier.«
»Darf ich noch um ein wenig Aufmerksamkeit bitten?« Der Notar beförderte einen weiteren, diesmal aber ziemlich dicken Umschlag auf den Tisch. Mehrere Geldbündel rutschten heraus. Euros, Schweizer Franken und auch Dollarnoten.
»Bestimmt über hunderttausend.« Jan musste wieder einen Kommentar abgeben.
»Wird nachher genau gezählt«, beruhigte ihn Berger.
»Und jetzt noch das hier.« Er holte ein letztes Kuvert aus der Kassette, dann war sie leer.
Ein einzelnes Blatt ohne Überschrift, computerbeschrieben – eine Tabelle mit verschiedenen Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen.
Lindt blickte ratlos: »Was soll denn das sein?«
Sternberg dagegen brauchte nicht lange zu überlegen: »Chef, das sind Passwörter. Für Computerdateien, da bin ich mir ganz sicher.«
»Dann brauchen wir ja nur noch die Festplatte«, stöhnte Lindt und griff nach einem Stuhl. Er musste sich setzen. Allmählich wurde ihm das alles doch etwas zuviel.
Solange Notar Berger die einzelnen Dokumente genauer aufnahm, versank der Kommissar in Gedanken. Falls Reichtum Finks Lebensziel gewesen war, das hatte er jedenfalls erreicht. Die Wohnung, das Appartementhaus, ein fürstliches Gehalt und jedes Jahr eine enorme Gewinnbeteiligung bei Langenbach. Lindt starrte auf die Stapel von Banknoten, die Berger gerade zum zweiten Mal zählte.
»Als kleiner Buchhalter in der Städtischen Bauverwaltung wäre er bestimmt nicht so weit gekommen!«, riss ihn Jan Sternberg aus seiner Trance.
Der Kommissar gab nur einen undeutlich zustimmenden Seufzer von sich und griff – ›darf ich?‹ – nach dem Bündel mit Kontoauszügen.
Was als Ausgaben verbucht war, floss meist in Finks Wertpapierdepot, die Einnahmen stammten überwiegend aus der Vermietung der ›Steinbock‹-Wohnungen und ein Mal jährlich überwies sein Arbeitgeber die als ›Erfolgsprämie‹ titulierte Beteiligung am Gewinn der Baufirma.
›Gero Langenbach‹ stand als Absender der Überweisung auf dem Kontoauszug vermerkt. Lindt stutzte und runzelte die Stirn. Warum war da nicht der korrekte Geschäftsname aufgeführt?
»Können Sie mir sagen«, wandte er sich an den Bankmitarbeiter, »woher dieses Geld kommt?«
Der warf einen schnellen Blick in den Auszug, zögerte aber merkwürdig lange mit der Antwort.
»Also bitte, es geht um Mord!«, schaltete sich Lindts Bludenzer Kollege ein. »Sie können sich jetzt nicht mehr auf Ihr wohlgehütetes Bankgeheimnis zurückziehen!«
»Herr Langenbach hat auch ein Konto bei uns im Haus.«
»Vielleicht noch etwas genauer? Das scheint kein Firmenkonto zu sein.«
»Ich müsste erst mit unserem Vorstand sprechen.« Der Banker ging zu einem Telefon, das neben der dicken Tresortüre an der Wand hing.
Keine zwei Minuten später betrat ein gepflegt wirkender, braungebrannter, vielleicht sechzigjähriger Mann den Tresorraum. »Hubertus Golz, geschäftsführender Gesellschafter«, stellte er sich vor. »Wir sind ein Familienunternehmen, seit hundertzehn Jahren! Diskretion ist unser Markenzeichen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Die Geldbewegungen von Herrn Gero Langenbach würden uns trotzdem interessieren. Sie scheinen in direktem Zusammenhang mit dem Mord an seinem Mitarbeiter und Ihrem Kunden Konrad Fink zu stehen«, antwortete ihm Oskar Lindt, doch der in feinen anthrazitfarbenen Loden gekleidete Bankvorstand hob abwehrend die Hände: »Sehr bedauerlich, das mit Herrn Fink, ein nobler Mann, überaus sachkundig, wir kannten uns seit vielen Jahren. Über seine eigenen Konten werde ich Ihnen gerne Auskunft geben, aber darüber hinaus nur mit richterlicher Anordnung!«
»Schwierig?«, fragte Lindt in Richtung des österreichischen Beamten.
Der überlegte: »Kommt ganz auf den Richter an. Allerdings heute«, er sah auf seine Uhr,
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