Hackschnitzel
haben wir auch bearbeitet.«
»Den Greifer vorne am Kran?«, wollte Lindt wissen und zeigte auf die stählernen Zangen. Der Kollege nickte – »Nichts dran, fertig!« – und gab dem ungeduldig wartenden Maschinisten ein Zeichen, dass er seine Arbeit fortsetzen konnte.
Das laute Grollen der startenden Motoren ließ jedes weitere Gespräch verstummen. »Bei 500 PS bebt der Boden«, schrie Jan Sternberg seinem Chef ins Ohr. Es dauerte eine Weile bis die Hackerscheibe im Innern der Maschine die nötige Drehzahl erreicht hatte, doch dann brach das lärmende Inferno erst richtig los.
Mit dem langen Kranausleger wurde ein ganzer Erlenstamm mit sämtlichen Ästen dran von einem seitlichen Stapel aufgehoben und in den stählernen Schlund seiner Maschine geschoben. Die beiden stacheligen Einzugswalzen zerrten den Baum in wenigen Sekunden hinein und mit infernalischem Krach zerhäckselten die scharf geschliffenen Hartmetallmesser das Holz. In hohem Bogen spuckte ein Auswurf die Hackschnitzel in den bereitstehenden Container.
Während der technikbegeisterte Jan Sternberg mit leuchtenden Augen die gewaltige, schwedische Maschine bei der Arbeit betrachtete, schauten sich Lindt und Wellmann nur gegenseitig an. Jeder wusste, was der andere jetzt dachte. Statt eines Baumstammes sahen sie einen menschlichen Körper zwischen den Stacheln der beiden Walzen verschwinden. Wellmann schüttelte seinen Kopf, wie wenn er dieses schreckliche Bild abschütteln wollte.
Oskar Lindt biss fester auf das Mundstück seiner Pfeife, wandte sich ab und als sie wieder im Wagen saßen, meinte er nur tonlos: »Hoffentlich war er schon tot!«
Nach dem möglichen Tatort am Waldrand und der Besichtigung des Großhackers hatten Lindt, Wellmann und Sternberg am späten Vormittag auch noch den großen Stahlcontainer in Augenschein genommen, der im Bauhof der Stadt Rheinstetten abgestellt und noch zu über drei Vierteln mit Holzhackschnitzeln gefüllt war.
Auch hier waren zwei Beamte der Spurensicherung schon seit dem frühen Morgen am Werk und suchten penibel das gesamte Material durch.
»Sieht wirklich sehr nach Nadel im Heuhaufen aus«, war der Kommentar von Jan Sternberg gewesen, doch Paul Wellmann hatte verbessert: »Wenn schon, dann Finger im Holzhaufen! Vielleicht taucht ja noch einer auf. Die Gerichtsmedizin würde es uns auf jeden Fall danken, wenn sie nicht nur lauter unförmige Gewebefetzen untersuchen müsste.«
»Mafia, ganz klar organisierte Kriminalität«, lautete die Einschätzung von Sternberg, als das Dreier-Team gegen Mittag wieder im Karlsruher Polizeipräsidium eingetroffen war, um die bisherigen Fakten zusammenzustellen. »Früher haben die ihre Opfer im Rhein versenkt, aber heute geht es ja viel problemloser. Hacker knacken, kurzschließen, warten bis die Messerscheibe genügend Schwung hat und dann eins-zwei-drei hinein damit.«
»Irgendwie denke ich dabei an Wilhelm Busch«, musste Oskar Lindt, der am Fenster stand, unwillkürlich lächeln. »Wenn ich mich recht erinnere, war das Ende von Max und Moritz doch ganz ähnlich. Rein in den Trichter, ab durch das Mahlwerk und hinten warteten schon die Gänse auf die Brocken.«
»Allerdings hatten die Mühlen damals keine 500 PS«, warf Paul Wellmann grinsend ein. »Aber wir könnten uns ja jetzt SOKO Max & Moritz nennen.«
Lindt stieß dichte Rauchwolken aus und meinte nachdenklich: »Ob auch in unserem Fall ein ›Böser‹ für seine Übeltaten bestraft wurde?«
»Oder vielleicht waren es ja auch zwei?«
»Das wird uns die DNA-Analyse wenigstens sagen können, aber wenn der Gen-Code nirgends gespeichert ist und die Fingerabdrücke genauso wenig, dann sieht es schlecht aus mit der Identifizierung.«
Sternberg nickte und zeigte nach vorne auf den Computermonitor: »Es gibt zwar im Kreis Karlsruhe momentan acht aktuelle Vermisstenfälle, aber ob von denen einer passt ...? Das dürfte schwierig werden.«
»... nach den bisherigen Erkenntnissen ist ein Unfall zwar theoretisch denkbar, aber ein Gewaltverbrechen für uns sehr viel wahrscheinlicher«, verkündete Oberstaatsanwalt Wolf bei der Pressekonferenz am späten Nachmittag.
Es war unumgänglich geworden, die Öffentlichkeit zu unterrichten, denn der Fingerfund hatte sich in Rheinstetten wie ein Lauffeuer herumgesprochen und das Großaufgebot der verschiedensten Polizeieinheiten tat ein Übriges, die Gerüchteküche anzuheizen.
Sogar ein privater Fernsehsender war erschienen und hatte Mutter und Kind vor der
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