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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Mann, der offenbar zeit seines Lebens ein armer Schlucker gewesen war, wirken mußte, ließ sich denken. Prompt ging er in die Falle.
    »Du trägst mir unseren Streit nicht nach?«
    »Aber Kilmer! Du meinst, als du kürzlich wieder einmal von meinem Bärenmesser sprachst und von irgendwelchen dunklen Zeiten? Lassen wir die alten Geschichten ruhen. Zwischen uns steht nichts und niemand, uns vereint vielmehr das Geld – das ganz große Geld!«
    Wieder lachten sie. Keiner traute dem anderen, ein jeder versuchte, gerissener als sein Gegenüber zu sein, und doch waren sie aufeinander angewiesen.
    Ich dachte, wie froh ich sein durfte, einen anderen Lebensweg gewandelt zu sein als Hayes. Kein solcher Heuchler und Lügner war ich geworden, kein Betrüger und Hochstapler, nicht selbstgefällig und hochmütig wie er. Und doch dauerte er mich – wieviel Gutes hätte ein Mensch von seinen Fähigkeiten bewirken können!
    Als nächstes sagte Kilmer:
    »Und was wird aus dem Mädchen? Es kennt unser Gesicht, unseren Namen. Was nützt uns der Reichtum, wenn wir verraten werden?«
    »Du hast recht, das darf nicht geschehen. Bisher spreizt sich das Fräulein noch, sagt mir nicht ja noch nein.«
    »Du willst sie wirklich zur Frau nehmen?«
    »Ja, Kilmer, stell dir vor, so viel Bürgerehre habe ich mir bewahrt. Ein jeder von uns hat von einem solchen Mädel geträumt, gib es ruhig zu. Ich selbst mußte fast sechzig Jahre lang warten, bis sich für mich alles zusammenfügte. Aber in wenigen Stunden wird
es soweit sein: Am Becken Old Faithfuls erneuere ich mein Leben – mit oder ohne Alma.«
    »Du willst sie – – – ?«
    »Ja, ich töte sie, wenn sie sich nicht endlich zu mir bekennt. Seit Tagen weicht sie mir aus, versucht sie mir, wie sie es nennt, ins Gewissen zu reden. Das macht die Sonntagsschule, die Frömmelei, wie auch Old Shatterhand sie pflegt. Bevor du mit den Vorbereitungen beginnst, führe sie zu mir. Ich will mich mit Alma aussprechen. Habe ich anschließend nur den geringsten Zweifel, wird sie Old Faithful vorausgehen – – – «
    »Du meinst, du stößt sie in die Tiefe?«
    Hayes und Kilmer sagten nichts mehr. Ich nehme an, sie grinsten sich übereinstimmend zu, und Kilmer zog los, seine Aufträge zu erfüllen.
    Sogleich wollte ich ansetzen, die letzten Meter zu überwinden und Hayes zu überwältigen, da entdeckte ich etwas Merkwürdiges. Bisher hatte der unstete Wind immer leise gepfiffen, was mir das Lauschen nicht leichtgemacht, aber meinen vor Anstrengung schweren Atem gegen Hayes und Kilmer überlagert hatte. Jetzt war mir, als vernähme ich neben jenem Pfeifen auch ein Keuchen. Es war ein nur ganz leises, aber meine am Raunen der Wildnis geübten Ohren hörten es dennoch. Und ein Weiteres geschah: Ich fühlte eine Berührung an einem meiner Stiefel!
    Ich tat, was ich nicht hatte tun wollen, und sah nach unten. Wie erschrak ich, als ich genau unter mir einen kleinen Mann sah, der sich bis zu mir heraufgearbeitet hatte – Halef!
    Blitzschnell kam mir zu Bewußtsein, daß er die Lage erfaßt haben und das Gespräch der Gangster mit angehört haben mußte, obgleich dieses auf deutsch geführt worden war. Er wußte also, wie gefährlich es um mich, um uns stand: Das kleinste auffällige Geräusch, jedes eigene Wort von uns, und sei es noch so leise geflüstert, mußte uns verraten; dagegen würde auch unser Verbündeter, der Wind, machtlos sein.
    Ich ahnte alles: Ehrgeizig für sich und zugleich besorgt um
mich, mußte Halef sich von Hirtreiter getrennt beziehungsweise diesen allein zu Washburn geschickt haben. Er aber, der seiner eigenen Einschätzung nach mit allen Unwägbarkeiten vertraute Beduine, hatte sich gleich mir an die Felswand gemacht und war mir gefolgt; ein buchstäblich bodenloser Leichtsinn! So blickte Halef zu mir herauf: ein vor Schmerz und Anstrengung verzerrtes Gesicht, die Augen weit aufgerissen aus Ahnung vor dem Entsetzen, das um uns war – die Tiefe, die Aussicht, jeden Augenblick den Halt zu verlieren und zu stürzen.
    Es war aber noch ein anderer Ausdruck im Gesichte meines lieben Freundes. Eine gewisse Scheu stach heraus, als wollte er sagen: Verzeih, ich mußte es tun!
    Zu hadern gab es da nichts; es war, wie es war.
    Gemessen an seiner Körpergröße, war Halef viel schwerer als ich, schwerlich auch so gut gemuskelt und gestählt durch unermüdliches Turnen in der Jugendzeit. Dazu war er, nachdem die Schoschonen unser Hab und Gut zurückgereicht hatten, mit den

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