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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Halef, der unter mir zu liegen gekommen war. Nichts fehlte ihm und mir, nichts hatte weder er sich noch ich mir gebrochen, nichts tat ihm oder mir weh. Trotzdem wird man jenen seelischen Schmerz verstehen, der mich plagte – um unserer Sicherheit willen durfte ich meine Freude über das gelungene Wagnis nicht einfach hinausschreien; Halef ging es genauso. Eingedenk der oben noch immer drohenden Gefahr bewegten wir unsere Lippen lautlos. Von Halefs las ich die arabischen Worte:

    »Sihdi – du – weinst ja!«
    Ich weinte wirklich. Es gibt da nichts zu leugnen. In diesem Moment durften die Tränen fließen, mußten es sogar. Meinen Gefühlen über den bezwungenen Schrecken ließ ich freien Lauf, wenn auch mit der Einschränkung, nicht den geringsten Laut von mir zu geben. Überglücklich drückte Halef sich an mich, wir umschlangen einander für Sekunden oder eine Ewigkeit. Nun vergossen wir beide heiße Zähren: Wie hatten wir unsere Götter versucht; sie hatten uns stürzen, aber nicht fallenlassen! Wir waren errettet worden und würden wieder errettet werden, und mit uns Alma und Old Faithful! Und dann geschah es, daß alles, was ich bisher auf unserem Ritte an Großartigkeiten zu sehen bekommen, aber durch meine Zerfahrenheit nicht zu beschreiben vermocht hatte, noch einmal an meinem inneren Auge vorbeizog, freilich ohne all die Namen, welche später hießen: die Mündung des Gardner-Flusses, der Tower-Wasserfall, der Berg Washburn, das Tal Hayden, der Yellowstone-See, die Yellowstone-Fälle, der Yellowstone-Fluß, die beiden Berge Langford und Doane, der Schlangen-Fluß, der Zwei-Meere- sowie der Craig-Paß, an welchem wir gerade festhingen, und dahinter erahnte ich bereits die uns von Luchsauge gepriesenen Wasser des Feuerloch-Beckens sowie die Kepler-Kaskaden – Old Faithful erwartete uns.
    Aber während ich mit Halef traut in dem Grasneste lag, ertönte von der Hochebene wieder Hayes’ Stimme.
    »Gleich reiten wir weiter, Fräulein Alma«, hörte ich ihn auf deutsch mehr rufen als sagen. Ich wußte, warum er so laut sprach: Kilmer, der das Mädchen zu ihm geführt hatte, sollte lange Ohren machen; Hayes wollte sicherstellen, daß sein Vertrauter, den er noch für kurze Zeit brauchte, sich von der »Redlichkeit« seiner Worte überzeugen konnte, aber nur er, nicht seine Leute. Hayes also sagte:
    »Meine Männer werden für unsere Sicherheit sorgen, während Ihnen, Alma, eine besondere Ehre zuteil wird: Als erste Frau kriegen Sie den Old Faithful zu sehen!«

    »Reiten wir denn allein, Mister Hayes?«
    »Gewiß. Hier wird jeder Mann gebraucht, falls es zum Gefecht kommt. Sie aber sollen den Wasserspeier sehen, ehe er für immer versiegt.«
    »Ich weiß, Sie wollen ihn zerstören.«
    »Zerstören, Alma, was für ein Wort. Etwas Neues will ich erschaffen, etwas viel Größeres, Ehrenhafteres, Zuverlässigeres, nämlich Arbeit für Tausende von Menschen! Das Kupfer in diesem Gebirge wird dem Land noch in hundert Jahren von Nutzen sein. Wozu aber taugt ein Geysir? Man sieht ihm beim Ausspucken seines widerlichen Gebrauses zu und denkt: recht hübsch, doch nun? Geld verdienen läßt sich mit dem Kupferabbau besser als mit dem Bestaunen solcher Wasserspiele; ich komme gleich darauf. Bitte hüllen Sie sich in eine dieser Decken. Die Schoschonen behandeln sie auf eine bestimmte Weise; ihr Büffeltalg riecht streng, hält aber zuverlässig Nässe und Kälte ab. Denn haben Sie gesehen? Ihre Freunde folgen uns. Aber sie kennen das Gelände nicht, anders als ich, der ich schon viele Male hiergewesen bin. Erst recht wissen sie nichts von der Abkürzung, die am schnellsten heraufführt. Außerdem habe ich, nun ja, gewisse Vorkehrungen getroffen – – – «
    Hayes machte eine Pause. Er schien abzuwarten, ob Alma ihm etwas entgegnen würde, aber sie sagte nichts – war sie gefesselt? Und war sie trotz ihrer jungen Jahre gefestigt genug, dem Verführer zu widerstehen? Es verstand sich ja von selbst, daß er jetzt versuchen würde, sie mit seinem roten Golde zu verlocken.
    »Alma, in kaum einer Stunde werden Sie Zeuge sein, wie mir der Inhalt dieser Satteltaschen einen Reichtum verschafft, der jeden europäischen König zum Bettler macht. Wonach die Welt auch giert, mich interessiert nur Kupfer. Behaltet euer Zink, euren Nickel, euer Eisen; ohne mein Kupfer gibt es keinen Telegraphen, fährt kein Dampfschiff, schweigen alle Waffen, hören die Schlote auf zu rauchen. Länder wie die Vereinigten Staaten werden mit

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