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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Klinke, presste mich gegen das stä h lerne Türblatt, das hart über den Boden kratzte, und schlüpfte durch. Helles Neonlicht umfing mich, und ich kniff die Augen zusammen. Ich befand mich in der Autowaschanlage und wäre fast über die Führungsschienen gestürzt, welche den riesigen Reinigungsbürsten den Weg vorgaben. Das hätte mich gara n tiert meine Schneidezähne gekostet.
    » Scheiße ! Scheiße ! SCHEISSE!«
    Das hatte ich wieder gut hingekriegt. Ich musste umdrehen, und wieder am Büro von Mister Kommschon! vorbei. Ich blickte mich um: D ie Halle maß vielleicht dreißig Quadratmeter, und links von den Schienen der Waschstraße war eine kleine Heb e bühne, eine Werkbank und ein Stapel alter Autoreifen. Hier schien nicht oft ein Fahrzeug h er ein zu fahren, dachte ich. Es war ziemlich schmutzig.
    Dann sah ich, dass ich nicht allein war.
    Falsch: D ann sah ich, dass ich zwar allein war , aber außer mir noch andere Körper diesen Raum füllten.
    An der Wand links vom Eingang der Halle standen vier junge Männer. Sie waren bis auf die Unterhose nackt und regten sich nicht. Ihre Augen waren geöffnet, und obwohl wir Sommer hatten, wirkte ihre Nacktheit seltsam barbarisch; es war, als würde ich eine absurde künstlerische Performance beobachten.
    Einer von ihnen, ein vielleicht zwanzig Jahre alter, magerer Mann mit einer Oberarmtätowierung, stand mit dem linken Fuß in einer Öllache, aber es schien ihm nichts auszumachen; seine Zehen hatten sich in der Pfütze aufgeweicht und schi m merten bläulich. Dann fiel mir etwas noch M erkwürdigeres auf: sie lehnten nicht an den Wänden, als würden sie auf den Bus warten, sondern als wären sie einfach da abgestellt worden – wie Sonnenschirme, die ein Cafébesitzer eilig herein holt, wenn Regen droht.
    Ein anderer schien sich offensichtlich voll gepinkelt zu haben. Die Vier befanden sich in verschiedenen Stadien einer gewissen Benommenheit, die an Lethargie grenzte, aber sie lebten, da war ich sicher. Sie sahen einfach lebendig aus.
    Ich stand vielleicht acht Meter von ihnen entfernt, als das Rol l tor, welches das Außengelände von der Waschstraße trennte, laut erbebte.
    Ich fuhr zusammen . D as Tor hob sich kreischend, und dunke l braune Beine, die in weißen Badeschlappen steckten, kamen zum Vorschein. Mich überkam sofort das übermächtige Ve r langen, mich zu verstecken; ich stellte mich hinter eine der großen Bürsten . D as musste reichen, um unentdeckt zu ble i ben.
     
    Die Bilder, die ich zu sehen bekam, verfolgen mich bis heute.
     
    Das Tor hob sich.
    Ich hatte mich hinter die riesige, flauschige Rolle gepresst, und sah nicht, wie es sich nach oben bewegte, aber irgendwann rastete es unter dem Hallendach ein. Ich spähte aus meinem Versteck hervor, und sah, wen die Nacht von den Straßen der Nordstadt in die Halle gespuckt hatte.
    Der Mann war exotischer Herkunft – genauer war es nicht zu bestimmen – , trug abgeschnittene Jeansshorts und ein T-Shirt mit »Warsteiner«-Aufdruck.
    Er hatte die Lässigkeit Bob Marleys, aber grobe, dunkle G e sichtszüge. Und er trug Dreadlocks, die schwer und meduse n artig bis zu seinen Schultern reichten – die Frisur des triefe n den Kassierers. In seiner Hand hatte er eine schlichte, weiße Plastiktüte.
    Er bemerkte die Jungs an den Wänden. Sein Blick verfinsterte sich.
    »Oha – Scheiße, Alter. Noch vier Kaputte. Scheiße. Scheiße, Alter.« Er sprach Scheiße wie Scheyse aus.
    Er drehte sich um, hieb auf einen großen, roten Knopf, und das Rolltor senkte sich wieder rumpelnd. Die Straße ve r schwand.
    Der Mann schlappte langsam auf die Männer an der Wand zu, wobei er den Kopf schüttelte.
    »Verdammter Dreck«, sagte er, als er sich vor den vier Nackten aufgebaut hatte.
    Verdammter Dreck, genau! Wie kam ich jetzt wieder raus?
    Da s s et was im Gange war, mit dem ich nichts zu tun haben wollte, war mit da schon klar. Ich durfte nichts damit zu tun haben. Ich war betrunken und gehörte nicht hierher.
    »Ihr seid schöne Exemplare, echt.« Er kniff dem Jungen, der in der Ölpfütze stand, hart in die Wange und blinzelte ihm zu. Die anderen Männer musterte er eingehender – einem schob er sogar das Augenlid nach oben, um in seine Pupille zu starren. Er hob den linken Arm des voll gepinkelten Unglücklichen an. Der Arm sackte in absoluter Zeitlupe nach unten.
    »Fuck«, murmelte der Mann. »Warum funktioniert ihr nicht?« Er schüttelte erneut den Kopf, wobei seine fetten Locken träge und schwer um

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