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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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laut, während ich zurückwich – und dann hörte ich hinter mir Schritte.
    »Es ist seine erste Schicht hier, Verzeihung, Sie müssen … «
    Ich drehte mich um. Vor mir stand der Chef, jovial wie immer.
    »Oh. Du bist es.« Sein Gesicht strahlte eine leicht unbehagliche Verwunderung aus.
    »Abend. Ja.«
    »Junge, du bist ja weiß wie die Wand!« Er lächelte, aber es wir k te antrainiert.
    »Können S ie mir mal erklären, was hier stattfindet? Was zur Hölle ist mit ihren Leuten los? WAS?«
    Ich verlor ein bisschen die Beherrschung – ein bisschen sehr sogar.
    »Komm mit. Ich lade dich auf einen Drink ein«, sagte der Chef. Er benahm sich wie mein bester Kumpel, aber er machte einen alarmierten Eindruck. Nichts gegen das einnehmende Wesen mancher Zeitgenossen, aber es irritierte mich etwas. Mich irr i tierte hier einiges.
    Er machte ein sorgenvolles Gesicht, aber für mich sah auch das so aus, als schauspielerte er nur.
    »Ich will keinen Drink. Danke. Was ist das hier?«, sagte ich und wies auf den Dreadman.
    »Komm mit ins Büro. Ich erkläre es dir. Komm ! G eht aufs Haus. Oder hast d u die Flasche schon bezahlt?«
    Hatte ich natürlich nicht. Wie denn auch , der klatschnasse Ko l lege hinterm Tresen war gerade erst dabei, die Waren zu betasten, als wäre er nicht bei Trost.
    Der Chef wand dem Rastamann meine Flasche aus der Hand und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
    »Sind sie bescheuert?«, fragte ich schockiert . D ann: » E s wird Zeit, dass wir hier mal was klären!«
    Ich fuchtelte mit den Armen, und wollte dem Besitzer der Tanke meinen Zeigefinger vor die Brust rammen, aber ich schreckte doch davor zurück. Sein Blick hatte etwas, das mir sagte, es wäre keine gute Idee.
    Der Grauhaarige ignorierte mein Bestürzung völlig. Es schien für ihn das normalste der Welt zu sein, seinen Angestellten eine runter zu hauen. Er zuckte einfach mit den Schultern.
    »Komm jetzt. Hier lang bitte.«
    Er sah mir direkt in die Augen, eine Vorgehensweise, der ich mich schon immer schlecht entziehen konnte, und da er mich zusätzlich eingeladen hatte, nickte ich. Ich brauchte sofort was zu trinken. Ein Tankstellenchef, der seine Angestellten schlug , war starker Tobak, selbst wenn es seine Söhne waren. Der G e danke, er würde Familienmitglieder beschäftigen, hatte sich eingeschlichen, kurz nachdem der Mann zugeschlagen hatte. Es war ein irgendwie vertrautes Bild, das jetzt an die Oberfläche kam : Papa haut zu, streng aber gerecht – und ich nahm es dankbar an.
     
    Ich folgte ihm durch die Tür in einen dunklen Raum, der vage nach Putzmittel roch. Er lächelte entschuldigend, öffnete im Halbdunkel eine weitere Tür und dirigierte mich in sein Büro.
    Dieser Raum war eng aber gemütlich, und scheinbar in Erwa r tung endloser Nächte mit elektronischen Geräten voll gestellt. Ich sah einen Farbfernseher, einen DVD-Player, eine ziemlich teure HiFi-Anlage und einen Beistelltisch voller DVDs, übe r wiegend Pornos und Wesley - Snipes-Filme. In der Ecke des Zimmers war eine Art amputierter Küchenzeile : U nmittelbar hinter der Arbeitsplatte abgesägt, um in einer winzigen Nische Platz zu finden.
    Dreckiges Geschirr und die Styroporschalen vieler Mikrowe l lenmahlzeiten türmten sich in der Spüle.
    Außerdem war da ein Videomonitor, auf dem der starr stehe n de Rastakassierer in grobkörnigem S chwarz -G rau zu sehen war.
    »Mein Reich. Setz dich«, sagte Chef mit ausladender Geste und wies auf einen Stuhl. »Ich hol eben Gläser . M ach’s dir gemü t lich, ja?«
    Ich hockte mich hin. Vielleicht kam jetzt die Kundenverwöh n nummer, oder er wollte mir erzählen, das s seine missratenen Söhne immer mit Drogen voll gepumpt hier zur Arbeit kamen, dachte ich. Ich war mir auf jeden Fall sicher, dass es vielleicht keine waschechte Lüge werden würde, aber die entschärfte Version irgend einer absurden Wahrheit. Ich war gespannt.
    Mehr noch aber wollte ich was trinken.
    »Also«, sagte er, als er die Gläser abgestellt hatte, »die Firma Tremonia entschuldigt sich in aller Form.«
    Wann macht e der Kerl die Flasche auf?
    Er schien meine Gedanken erraten zu haben, löste mit leichtem Knacken den Verschluss der Flasche und goss mir ein, und das nicht zu knapp. Er grinste mir dabei kumpanenhaft zu. In di e sem Moment, als er mein Glas fast bist zum Rand füllte, spürte ich, das s mir das alles entschieden zu kumpelig war. Alkohol oder nicht, ich kannte den Mann nicht, und er schüttete mein Glas voll, als wären wir

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