Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
Vom Netzwerk:
Nachtkassi e rer eingeschossen hatte, bereitete mir Unbehagen. Er form u lierte es, als würde er mich für eine Drückerkolonne rekruti e ren, hektisch und zielorientiert. Klar, ich hatte ein gewisses Interesse bekundet, aber er stürzte sich auf mich wie ein Geier, und ich glaubte im übrigen nicht, das s ich einen wachen Geist zur Schau stellte. Genau darauf zielte er ab: E r wollte mir schmeicheln, und das tat er sehr nachlässig.
    »Können wir ja noch drüber reden«, sagte ich.
    »Können wir doch auch jetzt.«
    »Können wir, aber ich fürchte, sie haben mich etwas zu reic h lich bewirtet.«
    »Sie vertragen doch einiges!« Er schlug mir auf die Schulter. »Also … haben S ie Lust?«
    Er verbiss sich in mich wie ein Terrier – ich hatte ihn unte r schätzt, wie ich mir eingestehen musste. Außerdem stellte ich durch den angenehmen Schleier, den Mr. Daniels über mich gesenkt hatte, fest, das s er irgend wann angefangen hatte, mich zu s iezen.
    »Ich überlege es mir«, sagte ich lahm.
    Er spürte meine Schwäche und setzte nach.
    »Kommen Sie schon – die paar Stunden in der Nacht.«
    Der Mann, Chef des Hauses, Pornofan und Bewacher der zu c kenden Schaufensterpuppenleute, beugte sich zu mir herüber.
    »Sie kriegen einen ordentlichen Vertrag. Von zweiundzwanzig bis fünf Uhr.«
    Unsere Nasenspitzen berührten sich fast. Ich versuchte verg e bens, meinen Blick scharf zu stellen, erkannte seine Nase aber nur als fahlen Hügel, der mir die Sicht nahm.
    »Nee«, sagte ich.
    »Kommen Sie«, presste er hervor, »das wäre doch was für Sie. Mensch!«
    Ich fragte mich unbehaglich, wann er mir sagen würde, warum das was für mich war.
    Er hatte mächtig Tempo zugelegt – zuviel für mich. Ich konnte meine Abneigung nicht mehr ignorieren.
    »Kein Interesse. Ich muss jetzt auch los.« Ich versuchte, aufz u stehen, aber der Grauhaarige wich keinen Millimeter zurück. Hätte ich mich mit Gewalt erhoben, hätte ich in seinen Armen gelegen oder ihn umgestoßen.
    »Ich sehe doch, was mit Ihnen los ist«, sagte er hart.
    »Was ist denn mit mir los?«, fragte ich.
    »Kommen hier rein mitten in der Nacht, sehen aus wie ausg e spuckt, holen sich was zu trinken. Ist doch klar: Sie haben Pr o bleme.«
    »Das sind meine Probleme. Die gehen Sie kaum was an!«
    »Außerdem riechen Sie nach … nun: Kotze, Sportsfreund. Ich kann ihnen ein Polohemd geben.«
    Wer war der Typ, mir das zu sagen? Ich bemerkte, das s ich zornig wurde, aber das schien ihn nicht zu beeindrucken.
    „Brauche ich nicht. Schönen Abend noch, Sportsfreund .“
    »Hey«, sagte er, »ganz ruhig. Der Vorschlag den ich mache, wird Ihnen sicher helfen. Arbeit ohne Stress. Kann sofort lo s gehen, wenn’s nach uns geht! Zuhause wartet doch eh keiner – oder?«
    Ich presste ihn zur Seite, stand auf und blaffte ihn an.
    »Vergessen Sie es, Mann. Ich werde nicht für Sie arbeiten. Null. Nada.«
    Der Chef des Hauses verstummte abrupt.
    Er sah mich mit einem harten Blick an, der es mir kalt den Rücken herunter laufen ließ, aber er sagte nichts mehr. Ich ging zur Tür, ohne mich umzusehen, und hörte seine Stimme, die jetzt eisig und kein bisschen launig mehr war, in meinem Rü c ken:
    »Überleg ’ s dir. Oder komm nicht wieder her.«
    Das war sowieso nicht meine Absicht, aber der Klang seiner Stimme war mir zu ruhig, zu beherrscht, und ich zog es auge n blicklich vor, die Klappe zu halten. Ich war wackelig auf den Beinen; tatsächlich hatte ich nicht schlecht getankt.
    »Okay«, sagte ich.
    Ich trat hastig in den dunklen, nach Meister Proper riechenden Zwischengang. Die Tür zum Verkaufsraum musste zugefallen oder geschlossen worden sein. Einen Moment tastete ich hö l zern herum, und stieß einen Schrubber samt Eimer um. Sche i ß e.
    Ich verlor derartig die Orientierung, dass ich nicht einmal ung e fähr die korrekte Richtung schätzen konnte . Ich erwischte in der Finsternis einen Türgriff und öffnete die Tür.
    Der Raum war so falsch, wie er nur sein konnte. Von allen Entscheidungen, die mein benebeltes Gehirn hätte treffen können, traf ich eine, die mich in einen Alptraum katapultierte, gegen den meine üblichen schlechten Nächte wie eine Reise nach Phantasialand aussahen.
     
    Der Raum war eigentlich keiner, sondern eine heftig nach Öl riechende, diffuse Passage, die zu einer Stahltür führte. Der Boden war mit Gitterplatten bedeckt, wohl um rutschfest zu sein. Ich durchschritt den Gang so sicher und geräuschlos wie möglich. Ich drückte die

Weitere Kostenlose Bücher