Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
Zigarettengeschichten laufen glänzend. Aber ich gebe zu, es hat lange gedauert, bis ich es geglaubt habe.
Thomas arbeitet nach wie vor bei der Sparkasse, aber er hat sich in eine Filiale nach München versetzen lassen. Von einer Bekannten habe ich kürzlich erfahren, dass er ein paar Monate lang in Therapie war, aber in der letzten Zeit wieder recht gut drauf sein soll. Über drei Ecken will besagte Bekannte auch gehört haben, dass er eine Männer-Selbsthilfegruppe mit Namen Geschlecht Erleben gegründet haben soll (man beachte die besondere Schreibweise).
Das Frettchen habe ich nicht wiedergesehen. Olli hat mir irgendwann erzählt, dass Stan sich ziemlich schnell mit einer anderen getröstet hat, passenderweise eine Zirkusartistin, die daran gewöhnt ist, dass Männer mit Messern nach ihr werfen.
Olli, Hermann und Dorothee sind ein Kapitel für sich. Genau genommen sind sie alle drei unsere Nachbarn in der Störtebekerstraße. Das Haus nebenan ist mittlerweile renoviert und verfügt über ein voll eingerichtetes Labor, aber Hermann fuhrwerkt immer noch mit seinen alten Reagenzgläsern und seinem stinkenden Bunsenbrenner im Garten oder in der Garage herum, und Dorothee trifft man zu jeder Jahreszeit mit Sarong und Wodka an. Welche Rolle Olli in dieser merkwürdigen Konstellation spielt, habe ich noch nicht durchschaut. Sven behauptet, dass er einfach auf seine Chance wartet, weil das nun mal besser funktioniert, wenn man mit dem Objekt der Begierde unter einem Dach lebt. Ich widerspreche ihm nicht, denn er muss es ja wissen.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich bei ihm eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin absolviere? Es macht einen Riesenspaß, mir alles von ihm erklären zu lassen, vor allem, wenn Gesine Feierabend hat und wir die ganze Kanzlei mitsamt all den darüber befindlichen Schlafzimmern für uns allein haben. Mit ihm zusammenzuleben und zu arbeiten ist ein richtiger Glücksrausch, der bis in alle Ewigkeit dauern kann, wenn es nach mir geht.
Damit kommen wir zum einzigen unaufgelösten Teil der Geschichte, nämlich meiner Hochzeit.
Natürlich gab es keine Unterwasserhochzeit. Und auch keine Hochzeit am Bungee-Seil oder im Korb eines Heißluftballons. Selbstverständlich heirateten wir auch nicht am Busenberg und auch nicht in Las Vegas. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir sind immer noch nicht verheiratet. Nicht, dass wir es nicht beide gern möchten, im Gegenteil. Und das ist auch das eigentliche Problem – ich kann mich nicht entscheiden, was für eine Hochzeit ich will. Im Moment schwanke ich zwischen einer Südseehochzeit und einer Afrikahochzeit, aber auch der Gedanke an eine Polarhochzeit könnte mich reizen. Eine Weile werde ich wohl noch brauchen, um mich zu entscheiden, doch Sven trägt es zum Glück mit Fassung.
Das Gute ist, dass das Leben auch ohne Hochzeit wirklich wunderbar ist. Liebe braucht im Grunde kein weißes Kleid und keinen Traualtar, das ist die Lehre, die ich aus der ganzen Geschichte gezogen habe. Es gehören nur zwei Leute dazu, die sich jeden Tag anschauen und immer wieder wissen, dass sie zusammengehören.
So wie gestern Abend zum Beispiel. Da habe ich mal wieder mein wunderschönes altes Hochzeits-Negligé aus dem Karton geholt und es angezogen, einfach so. Und auf Svens Kommentar gewartet.
»Süße, du bist und bleibst einfach die geilste Braut weit und breit!« Mit diesen Worten packte er mich und schleppte mich zum Bett.
Verstehen Sie, was ich meine? Manche Dinge stimmen eben von allein, wozu soll man da noch heiraten?
Ende
Über die Autorin
Eva Völler, Jahrgang 1956, war Richterin beim Landgericht Darmstadt. Heute arbeitet sie als selbstständige Rechtsanwältin – wenn sie nicht gerade Bücher oder Drehbücher schreibt. Ihr viel gelobter Roman Wenn der Postmann nicht mehr klingelt erhielt den FRAUENGESCHICHTENPREIS 1996.
Von Eva Völler sind bei BASTEI LÜBBE u. a. Neulich im Bett (16205), Vollweib sucht Halbtagsmann (16211), Beiß mich (16216), Das Chaosweib (16221), Hauptsache untreu (16226), Ich schnapp mir einen Mann (16234), Kurz und herzlos (16243) und Wenn Frauen Männer buchen (16250) erschienen.
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