Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
Vom Netzwerk:
1 TANZ MIT DEN BÖSEN BUBEN
    Böse Buben hatten mich schon immer fasziniert. Und später, als ich älter wurde, waren es die bösen Kerle.
    Sechs Monate lag es nun schon zurück, dass ich Chey verlassen hatte, und mittlerweile befand ich mich in New Orleans. Der Dezember ging seinem Ende entgegen, und mir wurde ganz schwindlig, wenn ich überlegte, welche guten Vorsätze für das neue Jahr ich in der Silvesternacht wohl fassen sollte. Mal fiel mir gar nichts ein, dann wieder wurde ich von einer Flut von Ideen und rasch wechselnden Gefühlen überschwemmt. Da es mir schwerfiel, mich zu konzentrieren, konnte ich jedoch nichts von dem festhalten, was da auf mich einströmte.
    Ich fand alles nur noch langweilig. Mein Leben war eine monotone Abfolge von Tanzen, Essen, Trinken, Schlafen, gelegentlichem Ficken, dann wieder Reisen, Tanzen, Essen, Trinken, Schlafen und immer so weiter.
    Ich sehnte mich nach Chey.
    Ich sehnte mich nach bösen Buben und bösen Kerlen.
    Selbst jetzt im Winter war es in New Orleans warm und schwül, die Luft war von Düften geschwängert. Als ich zum Zeitvertreib durch die engen, malerischen Straßen des French Quarter schlenderte, strich mir vom nahen Mississippi eine sanfte Brise über die nackten Arme. Es kam mir ganz unwirklich vor, ich fühlte mich körperlos wie in einem Traum. Vor knapp einer Woche hatte ich bei Madame Denoux Weihnachten gefeiert, und wir hatten auf der Terrasse ihres Hauses, das auf der anderen Seeseite lag, gegessen. Sie hatte auch einige Freunde und Angehörige eingeladen, darunter einen entfernten Cousin, der mich später mit in die Stadt zurücknahm. Als wir in seinem Wagen über die flache Brücke fuhren, die die enorme Weite des Pontchartrain überspannt, hatte ich den Eindruck, wir würden auf dem Wasser dahingleiten und ich müsste nur den Arm ein bisschen weiter aus dem offenen Fenster strecken, um die Finger in den See halten zu können. Wie in einer Fata Morgana glitzerten am Horizont die Lichter des Vieux Carré und die Weihnachtsbeleuchtungen an den Häusern am Ufer. Ich ging dann letztlich mit dem Cousin ins Bett, doch als Liebhaber war er ausgesprochen enttäuschend. Unbeholfen und nur auf sich bedacht. Schon vor dem Frühstück schlich ich mich aus seiner Wohnung in der Magazine Street und ging den halben Kilometer zur Canal Street zu Fuß. Auf meinem Weg durch den menschenleeren Financial District verspürte ich einen nagenden Hunger in meinen Eingeweiden. Aber nicht nach Essen.
    New Orleans war eine außergewöhnliche Stadt, vor allem im Vergleich zu Donezk, meinem Geburtsort, wo jedes Gebäude ein kantiger Zweckbau war und der Horizont aus der Zackenlinie aneinandergereihter Fabrikschlote bestand, die Tag und Nacht schwarzen Rauch in den Himmel bliesen.
    Madame Denoux’ Club war über Weihnachten fünf Tage geschlossen gewesen, doch an diesem Abend sollte die gewohnte Routine wiederaufgenommen werden. Ich würde wieder tanzen.
    Als ich in die Garderobe kam, war ich in Gedanken bei den Weihnachts- und Neujahrsfesten, wie ich sie aus der Ukraine kannte. Leider hatte ich keine Erinnerungen, die besonders hervorstachen, nur einzelne Bilder, die zu einem diffusen Ganzen verschmolzen. In der Garderobe waren bereits drei andere Frauen dabei, sich auszuziehen, sich vor den großen Spiegeln zu schminken, ihre Kostüme zurechtzuzupfen, Strapse überzustreifen, den Körper abzupudern, sich reichlich mit Parfüm zu besprühen und Modeschmuck anzulegen. Ich war aus Kalifornien hierhergekommen und davor in New York gewesen, allein schon wegen dieser Großstadterfahrung lehnten sie mich ab, aber vor allem weil Madame Denoux mich als Glanznummer ihres Programms präsentierte. Wahrscheinlich hielten sie mich für schön und eingebildet, eine Kombination, mit der eine Frau nur schwer Freundinnen findet. Aber ich bin nun mal schön – was für mich nichts Besonderes ist, weil man es mir schon seit meiner frühesten Kindheit gesagt hat. Nun, ich habe mich im Leben stets nach meinen eigenen Regeln gerichtet, ohne dass ich das Bedürfnis hatte, mit Frauen Freundschaft zu schließen. Zumal ich mit ihnen kaum etwas gemein hatte, das wussten sie, und das wusste ich.
    Ich wandte den anderen im Raum den Rücken zu und zog mich aus. Ich spürte, dass sie mich musterten. Als ich mich bückte, um die Riemchen meiner Sandalen zu öffnen, durchbohrten mich ihre Blicke, die über meine Arschritze und die sanfte Erhebung meines Steißbeins wanderten. Sollten sie doch. Ich war es

Weitere Kostenlose Bücher