Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
Dafür haben wir auch so kurzfristig das Geld gebraucht. Patente sind unverschämt teuer. Hätten wir es nicht innerhalb der Frist auf den Tisch geblättert, wäre der Antrag verfallen und jemand anders hätte mit dem Wirkstoff abgesahnt.«
»Du meinst – es ist was Legales?«, fragte ich perplex.
»Aber was glaubst du denn!«, entrüstete sich mein Vater. »Habe ich jemals was Illegales getan?«
»Keine Ahnung«, sagte ich erschöpft, woraufhin er mich beleidigt davon in Kenntnis setzte, dass Olli sein Kontaktmann zum russischen Zoll war, wo man schon lange nach einer Methode suchte, den milliardenschweren Schmuggel von Zigaretten zu unterbinden. Und hier kamen Hermann und Dorothee ins Spiel, die schon seit Jahren ihren Wodka immer gern direkt beim Erzeuger kauften,
nämlich bei Stan, mit dem wiederum Olli gut befreundet war. So kam dann eins zum anderen, und Hermann entwickelte in der Folgezeit einen geruchs- und geschmacksneutralen Zusatzstoff für das Zigarettenpapier. Beim Rauchen wäre dieser völlig unschädlich, erzählte mein Vater mit leuchtenden Augen, aber ein Schnüffelhund könne ihn noch drei Kilometer gegen den Wind riechen, selbst wenn die Schmuggelware noch so gut verpackt war. Für den Wirkstoff hatte sich dann auch alsbald ein Großkonzern interessiert, was dann die Notwendigkeit der umfassenden Patentierung nach sich zog, sonst wäre die Rendite weit geringer gewesen. Das Meiste hatten sie irgendwie zusammengekratzt, aber am Ende fehlten schlicht und ergreifend fünfundzwanzigtausend, die beim besten Willen bis kurz vor Schluss nicht aufzutreiben waren. Dann hatte aber alles noch bestens geklappt, das Patent war durchgegangen und der Konzern hatte aus dem Stand einen Vorschuss auf das Nutzungsrecht gezahlt.
»Ich fand es eine gute Idee, dass Rolfi zuerst seine Schulden bei dir und mir ausgleicht«, sagte Pauline. »Sonst hätte er es sofort ins nächste Geschäft gesteckt. Ich werde in Zukunft ein Auge drauf haben, damit da eine vernünftige Linie reinkommt.«
Mein Vater warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Damit war wohl klar, wer von den beiden künftig umdenken musste. Rolfi würde sich noch sehr wundern.
Ich tat so, als ob ich müde wäre und schloss die Augen. Als ich sie wieder aufmachte, war es nahezu dunkel im Zimmer. Mein Vater und Pauline waren gegangen.
Ich schluckte hart, weil ich so einen wunderbaren Traum gehabt hatte. Sven hatte mir vor versammelter Mannschaft während der Kanzleieröffnung einen Heiratsantrag gemacht. Genauer gesagt, er hatte allseits verkündet, dass er mich heiraten wolle. Danach war der Traum ein bisschen komisch geworden, weil Thomas mit Serena herumgerangelt hatte, aber bis zu dem Zeitpunkt war wirklich alles wunderbar und einmalig gewesen. Der schönste Traum meines Lebens. Tränen liefen mir übers Gesicht, und ich merkte kaum, wie die Tür aufging und jemand an mein Bett trat.
»Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat«, sagte Sven. Er nahm meine Hand. »Ich habe die Aufnahmeformalitäten erledigt und hinterher hast du geschlafen. Wie geht es dir?«
»Bist du echt oder ein Traum?«, wollte ich wissen.
»Annabel hat gesagt, ich wäre dein Traummann, zählt das als echt oder als Traum?«
Ich drückte seine Hand und sie fühlte sich beruhigend fest und real an. »Was hast du am Telefon mit ihr und Pauline ausgeheckt, was sie mir nicht verraten wollten? Du hast doch heute am Telefon mit ihnen gesprochen, oder?«
»Ja, und es war zuerst ein hartes Stück Arbeit, sie zum Reden zu bewegen.« Er zog sich einen Stuhl neben das Bett und setzte sich zu mir. »Sie haben mir endlich mal zur Abwechslung die Wahrheit erzählt. All die Missverständnisse und den ganzen haarsträubenden Unsinn, den du dir zurechtgelegt hast. Den ich schon viel früher hätte ad acta legen können, wenn du auch nur ein einziges Mal drüber geredet hättest!« Er beugte sich über mich und küsste mich sacht auf die Stirn. »Du hast eine Riesenbeule, weißt du das? Aber keine Sorge, bis zu unserer Hochzeit ist sie weg.«
Also hatte ich den Heiratsantrag nicht geträumt. Mein Kopfweh war mit einem Mal verschwunden. Ich fing wieder an zu heulen, diesmal vor Erleichterung.
»Britta, was ist?«
»Ich bin bloß glücklich.«
Er küsste mich abermals, diesmal auf den Mund.
»Es wäre alles nicht passiert, wenn Serena nicht … Sie ist so …«
»Sie ist ziemlich krank, Britta. Zum einen hängt es mit den vielen Todesfällen in ihrer Familie zusammen, zum anderen mit ihrer
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