Hände weg vom Abendschatten!
gleich zwei Kontrollore da, haben die Warnanlagen überprüft und sich wichtig gemacht. Am Vormittag einer von der Kriminalpolizei, sagt er, und jetzt so ein junger Blonder von einer Versicherung.“
„Und er hat natürlich von keinem den Ausweis verlangt?“
„Er hat natürlich von jedem den Ausweis verlangt, und jeder konnte ihn vorweisen!“, sagte Chiara lächelnd. „In mir kribbelt es aber, und ich werde das Gefühl nicht los, dass unser blonder Maler und der blonde Herr von der angeblichen Versicherung EINE Person sind.“
„Hm... Wie hat der Kriminalbeamte ausgesehen?“
„Dunkelhaarig, mit Brille und Schnauzbart, sagt er, ganz normal. Der Wächter hat ihn zuerst für einen gewöhnlichen Touristen gehalten, mit viel Sonnencreme im Gesicht.“
Auf der Heimfahrt im Bus saß Frau Lorena neben Tante Lisa. Wie es schien, erkundigte sich Lorena nach der Geschichte vom Unglück bringenden „Abendschatten“, und wie es weiter schien, erzählte Tante Lisa mit Genuss eine Gruselstory. Markus verstand nur hie und da ein Wort. Dafür konnte er genau hören, was Chiara mit Mister Hunter plauderte. Ihre Unbekümmertheit imponierte Markus. Das lustige Mädchen mit der Struwwelfrisur hatte sich einfach neben den Amerikaner gesetzt und schwatzte drauflos.
„Das war ein toller Tipp heute früh, Mister Hunter, mit dem Kaninchenhügel. Ich habe Marcello den ganze Vormittag von Grab zu Grab geschleppt. Und dann war dort ein junger blonder Maler vom Campingplatz, der hat uns seinen Feldstecher geliehen. Wir haben Marcellos Tante im Swimmingpool gesehen. Und Ihre Frau, wie sie mit dem Schweden Tennis gespielt hat.“ Chiara machte eine kleine Pause, dann sagte sie: „Und Sie, Mister Hunter, wie Sie im Auto weggefahren sind.“
„Ich war in Siena“, erwiderte Mister Hunter ohne zu zögern. „Ich habe gekauft sämtliche Mittel gegen Sonnenstich, die zu haben waren in den senesischen Apotheken.“
Zwei Stunden später servierte Tante Lisa ein wunderbares Nachtmahl auf der kleinen Veranda der Ferienwohnung. Sie hatte auch Chiara eingeladen. Chiara und Markus aßen um die Wette. Tante Lisa horchte zu den Nachbarn hinüber. „Ich hätte so gern auch die Hunters eingeladen“, sagte sie, „aber ich fürchte, dort drüben ist grad dicke Luft!“
Nun hörten auch Markus und Chiara die streitenden Stimmen, sie klangen gedämpft, aber heftig.
Chiara riss die Augen auf. „Sie zischt wie eine Schlange! Wie eine echte Schlange!“
Nicht lange danach marschierte Mister Hunter aus seinem Appartement, geradewegs zum Bocciaplatz hinunter. Dort besiegte er den blonden Schweden 7:3, wie er bald darauf Chiara und Markus mit strahlender Miene zurief. Mit der Bemerkung „Und jetzt ich werde schlafen wie ein toter Etrusker!“ verschwand er wieder in seiner Ferienwohnung.
„Er hat sich den Zorn weggespielt“, brummte Onkel Hans. Tante Lisa runzelte die Stirn. „Nein“, flüsterte sie. „Es war eine Art Rache. Weil seine Frau mit dem Schweden Tennis gespielt hat, während er weg war, hat er ihn nun beim Bocciaspiel besiegt. Er war eifersüchtig auf den Schweden. Darum haben sie ja auch gestritten.“
„Lisa, du hast Phantasie“, sagte Onkel Hans.
Sie schüttelte energisch den Kopf. „Ich — ich habe nicht direkt gehorcht“, sagte sie dann ein wenig verlegen. „Aber einen Satz — oder zwei Sätze — von ihrem Krach habe ich unwillkürlich mitgekriegt. Sie hat was gerufen wie: ,Hände weg, der Kerl ist ungut, rühr ihn ja nicht an!’“
Onkel Hans stimmte zu. „Wär auch blöd, sich mit dem Bären anzulegen, nur wegen eines Tennisspiels!“
An diesem Abend nahm Markus sich vor, die ganze Nacht wach zu bleiben und auf jedes Geräusch, das von draußen oder von nebenan kam, genau zu achten. Aber nach einer Viertelstunde fielen ihm die Augen zu, und er schlief tief und fest bis zum Morgen.
Als er erwachte, hörte Tante Lisa eben die Radionachrichten, um ihr Italienisch in Schwung zu halten. Da schrie sie auf: „Hans! Markus! Hans! Markus!“
Markus sprang aus dem Bett und rannte zu Tante Lisa.
„Heute Nacht ist das Museum in Volterra ausgeraubt worden! Die wertvolle Münzensammlung, der gesamte Schmuck ist fort — und der Abendschatten!“
Sie frühstückten auf der Veranda, zu viert, denn Chiara hatte sich genau eine Minute nach den Radionachrichten bei ihnen eingefunden. Nun würgte sie an einem Schinkenbrot, während Tante Lisa den ,Fall’ von allen Seiten beleuchtete.
„Es muss eine ganze Bande sein,
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