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Hai Fisch Futter

Hai Fisch Futter

Titel: Hai Fisch Futter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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    Eine tätliche Auseinandersetzung zwischen zwei Straßennutten, die sich anbrüllten, an den Haaren zogen, ohrfeigten und mit Füßen traten, hatte den Verkehr in Kings Cross zum Stillstand gebracht. Als ich dort vorbeikam, wälzten sich eine dürre, tätowierte Brünette mit Shorts und Bleistifthacken und eine fette Blondine mit einem roten Stretchmini und Netzstrümpfen noch immer mitten auf der Straße herum.
    Aufgegeilte Autofahrer ließen dringende Termine platzen und gafften. Es war nicht Schlamm-Catchen, aber es kostete keinen Eintritt. Abgestumpfte Anwohner warfen höchstens einen flüchtigen Blick auf das Gerangel, ehe sie wieder ihren Geschäften nachgingen. Ein Polyp, der zu dem japanischen Takeaway-Restaurant auf der gegenüberliegenden Seite des Springbrunnens unterwegs war, machte eine schnelle Kehrtwendung und verschwand im Gewühl.
    Wieder ein Tag im Cross. Nach dem verheerenden Feuer, das erst eine Woche zuvor am frühen Morgen in einer Billigpension für Rucksacktouristen gewütet hatte, war eine Schlägerei auf offener Straße leichte Unterhaltung. Auf dem Weg zu meinem Lieblingslokal mußte ich an der rußgeschwärzten Fassade vorbei, und die Erinnerung an verzweifelte, halbnackte Jugendliche, die aus den Fenstern sprangen oder von Sanitätern ins Freie getragen wurden, ließ mich erschaudern. In einer Umgebung, in der die Raffgier den Ton angab, wurden Brandschutzverordnungen mit kommunistischen Umtrieben gleichgesetzt.
    Die Polizei mutmaßte, daß der Brandstifter derselbe war, der seit über einem Jahr in dem Geschäftsviertel im Zentrum sein Unwesen trieb. Eine Reihe von Bränden in leerstehenden Bürohäusern war auf die für Sydney bezeichnende Apathie gestoßen, aber das mit der Pension war Massenmord. Die Bewohner der Innenstadt kannten nur ein Thema: Wo würde er als nächstes zuschlagen?

    Mit der schwungvollen Bewegung eines Pokerspielers, der ein unschlagbares Blatt in Händen hält, knallte Val mir einen Teller mit Würstchen, Speck, gegrillten Tomaten und Pommes auf den Tisch: »Na, dann laß dir’s mal schmecken, Schätzchen.«
    Draußen pichelten die Penner ihr Mittagessen aus braunen Papiertüten, und weiter unten in der Macleay Street kamen die Yuppies in ihren BMWs zu gegrilltem Seebarsch und Mineralwasser angerollt.
    Rings um mich mahlten Kiefer beharrlich vor sich hin. Bis auf Bitten um Salz und diverse Soßenflaschen wurde kaum etwas gesprochen; essen war im Cafe Akropolis eine ernste Angelegenheit. Ich ging schon seit Jahren dorthin. Ich mochte es, weil sich nie etwas veränderte: Es hatte noch immer knallgelbe, kunststoffbeschichtete Tische, die zu nahe beieinanderstanden, und man konnte sich noch immer für knapp fünf Dollar den Ranzen vollhauen.
    Val war auch eine feste Größe, und wir waren alte Freunde. Ihr Mann Ron hatte sich in den Sechzigern in den Bergwerken von Wollongong irgendeine Lungengeschichte eingefangen und war seitdem in Rente. Einer ihrer Söhne hatte sich 1970 nach Westaustralien abgesetzt, ohne je wieder etwas von sich hören zu lassen, und ihre Tochter Kerry lebte als Alleinerziehende in Blacktown, in Sydneys heruntergekommenem Westen, wo sie zusehen mußte, wie sie mit drei Kindern und ohne Auto über die Runden kam. Obwohl ich Kerry nie getroffen hatte, kam sie mir vor wie eine langjährige Bekannte: Ihre Lebensgeschichte war so melodramatisch wie eine amerikanische Vorabendserie.
    Bis ich meine als Tagesgericht daherkommende Cholesterinbombe intus hatte, war es Zeit zum Schließen. Das Akropolis machte von halb drei bis sechs zu, wenn der Ansturm aufs Abendessen begann. Nachdem sie mir noch eine Tasse Tee und eine Schüssel Reispudding gebracht hatte, sperrte Val die Vordertür ab, drehte das Schild auf GESCHLOSSEN und nahm mir gegenüber Platz.
    Übergewichtig, überarbeitet und vom Leben durch die Mangel gedreht, versuchte Val am Ball zu bleiben, indem sie eine wie mit Lack eingelassene, bienenkorbförmige Frisur in dem unglaubwürdigen Rosa-Gelb eines neugeborenen Kükens und zuviel pinken Lippenstift und blauen Lidschatten trug. Sie hatte es in den Beinen und wurde langsam kurzatmig. »Ich mache mir Sorgen«, sagte sie, während sie mit einem feuchten Lappen über den Tisch wischte.
    »Weswegen?« fragte ich und erwartete als Antwort, daß eins von Kerrys Kindern eine in die Zehntausende gehende Behandlung bei einem Kieferorthopäden benötigte oder Ron wieder ins Krankenhaus mußte.
    »Selwyn.«
    Selwyn Dixon war einer von der Handvoll

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