Halb verliebt ist voll daneben - Roman
O-mein-Gott-Sarah-wie-tolldu-wieder-aussiehst. Ich hatte sie seit einer Ewigkeit nicht gesehen. Offenbar war ihr aufgefallen, wie viel Weihnachtspudding ich angesetzt hatte.
»Ach, ich weiß, Frau mit Fettarsch«, sagte ich besorgt. »Komme ich dir viel dicker vor?«
Zwei Tage später wollte ich nach Hollywood aufbrechen. Ich hatte seit Weihnachten versucht, etwas abzunehmen, aber wenn überall Weihnachtssüßigkeiten herumliegen, ist das nicht so einfach.
»Nein, du siehst aus wie immer«, sagte sie.
Ich setzte zur Umarmung an. Sie entzog sich.
»Was ist denn?«
»Du bist ganz braun, Sare!«, sagte sie und bezog sich damit auf die Tatsache, dass mein Gesicht noch immer geschminkt war.
»Oh, das! Ich hatte keine Lust, die Farbe zu entfernen. Es dauert ewig, und für die Abendvorstellung müsste ich mich dann wieder schminken. Macht es dir was aus?«
»Du hast ein braun angemaltes Gesicht. Politisch korrekt ist das nicht«, flüsterte sie.
»An diesen Anblick ist man hier gewöhnt. Ich gehöre zum Inventar. Vermutlich machen sie sich gleich lustig nach dem Motto ›deine Darbietung war hölzern‹.«
»Verrückt«, murmelte sie und hakte sich bei mir unter.
Wir landeten in einem lauten, gemütlichen Bistro, in dem es wirklich gutes Essen und guten Wein gab. Es war eins der Treffen mit Freunden, bei denen es so viel aufzuarbeiten gibt, dass das Gespräch einen explosiven Charakter bekommt.
»O mein Gott! Habe ich dir von Carlos und diesem Produzenten erzählt?«
»Nein.«
»Also wir waren auf dieser Pacha Party.«
»Und, wie ist es gelaufen? Was hattest du an?«
»Das rote Kleid. Aber danach habe ich es gewaschen, und es ist eingelaufen.«
»Mist. Das ist mir mit meinem schwarzen schulterfreien Pullover auch passiert.«
»Und ich habe es so gern getragen.«
»Ist da Knoblauch drin?«
»Jede Menge.«
»Wenigstens muss ich in dem Stück nicht viel sagen.«
»Wie ist Dennis Waterman denn so?«
»Ganz in Ordnung.«
»Was wollte ich erzählen?«
»Hm … was über Carlos. Ist er eigentlich schon mal auf Babys zu sprechen gekommen?«
Das war das erste Mal, dass wir in unserem Dialog zum Luftholen kamen. Sie sah mich ernst an und beugte sich vor.
»Wie meinst du das? Meinst du richtige Babys?«, fragte sie und deutete auf ein Kind in einem Hochstuhl am Nebentisch.
Es freute mich, dass sie das Wort Babys so vorsichtig aussprach, als wäre es toxisch.
»Ja.«
»Nein. Gott sei Dank. Wieso?«
»Simon wünscht sich ein Kind.«
»Wie furchtbar!«
»Genau.«
»Aber du bist meine Superstar Schauspielerfreundin. Du kannst doch im Moment kein Baby gebrauchen.«
»Ich danke dir, Jules«, sagte ich und es war mir ernst damit.
»Dann ist es ja gut. Aber man muss sagen, dass Simon mit Kindern wirklich sehr gut umgehen kann.«
»Weiß ich.«
Das war das nächste Problem, mit dem mein sadistisches Gehirn geliebäugelt hatte. Simon kam mit Kindern ganz hervorragend zurecht. Er war so etwas wie der Rattenfänger von Hameln. Wenn er unterwegs war, egal wo, tauchten sie wie aus dem Nichts auf und folgten ihm.
»Mein Gott, weißt du noch, das eine Mal, als er dieses Kind so sehr zum Lachen brachte, dass es sich übergeben musste?«
»Aber mich hassen Kinder!«, jammerte ich.
»Nein!«, warf sie sofort ein. Überlegte dann aber noch einen Moment. »Na ja, das Wort ›hassen‹ ist in diesem Zusammenhang vielleicht ein wenig übertrieben …«
Ich schaute hinüber zu dem Hochstuhl. Ein winziges Wesen, dessen Geschlecht unklar war, warf Chips auf den Boden. Ich zögerte. Dann lächelte ich das Kind an.
»Hallo, du da«, sagte ich mit einer Stimme wie Yogi Bär.
Das Baby sah mich an und erwiderte mein Lächeln. Es sah wirklich süß aus, obwohl man es ruhig mal mit einem feuchten Waschlappen hätte abwischen können. Und ich war unglaublich erleichtert, dass ein Kind mich zu mögen schien. Auch wenn auf der Hand lag, dass es mich nicht so sehr mochte, wie es Simon gemocht hätte. Aber ich konnte ein Kind zum Lächeln bringen, und das war doch schon was.
Plötzlich wurde mir klar, dass dieses Kind mich gar nicht anlächelte. Es zog eine Grimasse und fing zu weinen an. Besser gesagt, zu schreien. Ich sah Julia an. Sie zitterte vor unterdrücktem Lachen – was wirklich sehr hilfreich war.
»Verdammt, Jules. Dieses Baby hasst mich«, zischte ich ihr zu.
»Nicht fluchen vor dem Baby«, ermahnte sie mich ernst.
»Verdammt«, flüsterte ich zurück.
»Es liegt an deinem Gesicht.«
»Ich kann doch nichts
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