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Halbmast

Halbmast

Titel: Halbmast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Telefonat so nervös gewirkt. Außerdem waren die Männer von der Sicherheit dabei, die sich eben um Sinclair Bess und um sie gekümmert hatten.
    Carolin schlich näher an den Türspalt, so konnte sie den merkwürdigen Transport noch länger mit den Augen verfolgen. Der Tote war mit einem blauen Tuch verdeckt, nichts war zu erkennen. Nur der eine Arm lag offen, war unter dem Laken herausgerutscht, dunkle Haare auf weißer, wachsähnlicher Haut.
    Sie schoben das Krankenbett in den Raum, in dem Carolin vor ein paar Minuten auf ihrer Suche die überdimensionalen Weinfässer aus Metall gesehen hatte, und schlossen hinter sich die Tür.
    Carolin atmete durch. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas Merkwürdiges war ihr aufgefallen, und doch konnte sie sich nicht bewusst machen, was sie so irritiert hatte, abgesehen von der Tatsache, dass man die Regeln am Unfallort missachtet hatte.
    Sie wollte gerade wieder in den Flur treten, als ihr auffiel, was sie hatte hellhörig werden lassen. Welches Detail sie in Alarmbereitschaft versetzt hatte. Es war der Arm. Wenn sie sich richtig erinnerte, dann   … Sie griff in ihre Hosentasche und holte das Diktiergerät heraus. Das Interview mit Grees. Es war die dritte Aufnahme auf der CD. Carolin spulte das belanglose Geschwätz vor, bis sie an die Stelle kam, in der Leif den Mechaniker nach seinem Armverband befragt hatte. Sie lauschte:
«Ach, das meinen Sie? Ist schon ein paar Wochen alt. Ich habe mir bei der Arbeit Verbrennungen zugezogen. Ausgerechnet am linken Arm, ich bin nämlich Linkshänder. Sah scheußlich aus und wird wahrscheinlich nicht viel besser aussehen, wenn der Verband wieder runter ist. Tut aber nicht weh.»
    Sein linker Arm war verbunden gewesen. Er sprach von einer Verletzung, die man auch ohne Verband würde erkennen können.
    Doch der Arm, der eben auf diesem Bett gelegen hatte,der unbedeckt vom Laken so leblos ausgesehen hatte, er war weder von einem Verband umhüllt noch mit Verbrennungsnarben versehen gewesen. Es war ein linker Arm gewesen. Aber es war nicht der linke Arm von Wolfgang Grees.
    Carolin blieb in der Kammer. Obwohl es in dem kleinen Raum eher stickig war und die Metallrohre eine gewisse Wärme ausstrahlten, war ihr eiskalt. Wer war unter dem Laken? Leif? War es seine Leiche, die von Ebba John und den anderen hastig durch den Flur geschoben wurde? Das konnte nicht sein. Ein Leif Minnesang starb nicht einfach so. Er würde tausend gute Argumente dagegen finden und ein überzeugendes Plädoyer halten, warum er in diesem Moment unmöglich aus dem Leben scheiden könnte. Und wenn er es doch war? Sollte sie hinterherrennen und die geheimnisvolle Gruppe einholen, das Laken herunterreißen und dann eine Erklärung verlangen? Tatsache war: Wenn Leif tot war und sie seine Leiche versteckten – der Gedanke war nicht zu ertragen   –, dann gab es etwas zu verbergen. Und dann war auch Carolin in Gefahr. Sobald jemand mitbekommen würde, dass sie diesem Geheimnis auf die Schliche kam, wäre sie die Nächste, die über den Flur gerollt würde. Sie durften nichts mitbekommen. Selbst Ebba John, die ihr bislang als sicherer Anlaufpunkt erschienen war, schied nun als Vertrauensperson aus. Mit Schrecken fielen ihr wieder diese blauen Pillen ein. Valium, ein heftiges Beruhigungsmittel, angepriesen als harmloses Zuckerstückchen. Was, wenn Ebba erfolglos versucht hatte, sie für ein paar Stunden außer Gefecht zu setzen? Es musste Carolin gelingen, Ebba und den anderen weiterhin den Eindruck einer eher desinteressierten Fotografin zu bieten. Es würde schwierig werden, hinter ihren Rücken nachzuforschen, was hier vor sich ging. Doch es war die einzige Möglichkeit, wenn sie sich nicht in Gefahr bringen wollte.
    Sie blickte vorsichtig in den Flur. Ebba John und die anderen kamen aus dem Zimmer. Sie sprachen kein Wort miteinander, und einer der Sicherheitsmänner schloss die Tür zum Vorratsraum ab. Dann gingen sie in verschiedene Richtungen, Die Männer liefen hektisch an Carolins Versteck vorbei. Ebba hetzte Richtung Krankenstation, wo sie wohl gleich bemerken würde, dass Carolin sich aus dem Staub gemacht hatte.
    Carolin dachte an Pieter. Er wartete in der Kabine. Carolin musste zu ihm und ihm alles erzählen. Vielleicht würde er eine Idee haben, wie sie in diesen Raum mit dem Toten gelangen konnten. Er kannte sich mit solchen Dingen besser aus als sie. Ab jetzt wäre es besser, die geheimen Gänge zu benutzen. Sie schob sich am Klimaverteiler vorbei, dann

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