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Halbmast

Halbmast

Titel: Halbmast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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angehaltenem Atem hatte er die beiden Männer von der Security beobachtet, wie sie hektisch und wortlos die Schränke, das Bett und den Seesack durchwühlten. Die Kamera und die Filme steckten sie ein.
    «Die haben gesagt, dass sie hundertprozentig dieses Diktiergerät haben muss», hatte der eine gemault. «Also muss es hier sein. Suchen, Mann!»
    Zum Glück hatten sie Pieter die meiste Zeit den Rücken zugedreht und waren mit der Suche zu beschäftigt, um ihn wahrzunehmen. Als sie kurz ins Badezimmer verschwanden, nutzte Pieter die Gelegenheit und flüchtete in den Flur.
    Schnell war ihm klar, wohin er wollte. Es gab einen Ort, an dem er sich auf unerklärliche Weise sicher fühlte: das Casino. Mehrere Wochen lang hatte er mit seinen Tischlerkollegendort gearbeitet, sie hatten die massigen Roulettetische maßangefertigt und mit Zierleisten versehen, zudem mussten sie rund zwanzig einarmige Banditen in schmucken Holzgehäusen verstauen. An den Wänden hatten sie Schränke aus Mahagoni befestigt, die aussahen, als wären sie mindestens hundert Jahre alt und aus einem altenglischen Gutsherrenhaus entwendet. In Wahrheit verbargen die klobigen Verschläge die gesamte Technik der Spielhalle. Billardtische, eine Bowlingbahn im Nebenraum, dann die Theke mit einer Gesamtlänge von über dreißig Metern, an denen auch diese schwülstigen Hocker standen, mit denen er illegal an Bord gekommen war. Weil sich Pieter trotz dieser Dekadenz im Casino ein wenig heimisch fühlte, hatte er sich entschlossen, eine kurze Weile dort unterzutauchen. Es war jedoch ziemlich schwer gewesen, unbemerkt dorthin zu gelangen.
    Gambler’s Planet
hieß das Casino. Es lag auf dem 10.   Deck und war nicht über die Klimaleitungen zu erreichen. Die oberen Räume, hier befanden sich auch die Restaurants und Nachtclubs, hatten eine gesonderte Lüftung, die direkt von außen mit frischer Seeluft gespeist wurde. Es gab also nur zwei Wege zum
Gambler’s Planet
: den einen über die Notfalltreppe, die außen an der Fensterfront verlief, den anderen direkt durch das Atrium. Da die meisten der Mitfahrenden das wesentlich praktischere System der Fluchtwege benutzten, hatte Pieter sich entschieden, das Atrium zu durchqueren. Hier konnte man sich notfalls hinter einer der schneeweißen Marmorsäulen oder in einer der Balkonnischen verkriechen. Und normalerweise war hier nie jemand.
    Aber als er bereits im neunten Stockwerk angekommen war, waren da doch Leute gewesen. Merkwürdige Leute. Er hatte sich hinter einem Pfeiler versteckt. Er kannte dieStimmen nicht, zwei Männer waren es, sie stritten heftig. Die Akustik in diesem hohen, blanken Raum war atemberaubend, doch sie echote in solchem Maß, dass Pieter kaum eine Silbe der Auseinandersetzung verstanden hatte. «Was suchen Sie hier?», hätte der erste Satz lauten können. Oder: «Wer sind Sie überhaupt?» So etwas in der Art. Die Erwiderung war unverständlich geblieben. Das darauf folgende Wortgefecht hatte nicht lange gedauert. Es hatte zwar wild und sehr aggressiv geklungen, doch nicht mehr als zwei Dutzend Sätze waren zwischen den Männern gefallen. Und dann war einer gestürzt. Dem entsetzlichen Schrei war ein Gerangel vorausgegangen. Gefolgt war ihm eine Totenstille, dann hektische Schritte, die sich aus dem Atrium entfernten.
    Einige Male hatte Pieter langsam ein- und ausatmen müssen, bis er sich aus seinem Versteck getraut hatte. Sein Blick war nur kurz über das Geländer gehuscht, da hatte tatsächlich einer gelegen. Pieter kannte das Gesicht vom Sehen, aber er wusste nicht, wer der Ermordete dort unten war. Wieder war es still geworden, und Pieter hatte Angst bekommen, dass sein immer noch heftiger Atem ihn verraten könnte. Dann, wie gespenstisch und makaber, hatte irgendjemand das Licht angestellt und den kitschigen Springbrunnen in Gang gesetzt. Und Pieter war geflohen – weg aus dem Atrium. Was immer auch eben dort passiert war, es hatte nichts mit ihm zu tun. Er hatte keine Ahnung von dem tödlichen Geschehen dort. Aber eines war sicher: Sollte irgendjemand ihn nun zu fassen kriegen, dann wäre er dran. Niemand glaubt einem blinden Passagier, dass er eine weiße Weste hat. Wahrscheinlich noch nicht einmal Carolin.
    Endlich im
Gambler’s Planet
angekommen, versteckte er sich unter einem Black-Jack-Tisch.
    Ein Blick aus dem Panoramafenster hatte ihm gezeigt, dass seine Befürchtungen sich bestätigten. Sie hatten jetzt die Leda hinter sich gelassen. Die
Poseidonna
lag nun gerade in der

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