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Halbmast

Halbmast

Titel: Halbmast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Schmidt-Katter. Doch zu Grees’ Amtszeit wurden auffällig viele Schiffbauer entlassen, und Grees konnte sich in dieser Zeit ein neues Haus, ausgedehnte Urlaube am anderen Ende der Welt und ein sündhaft teures Mercedes Coupé leisten. Natürlich wurde gemunkelt, dass Grees seine Stimme gern gegen Geld zur Verfügung stellte. Tägliches Werftgespräch war zudem die Tatsache, dass Grees’ Ehe scheiterte und die Frau über alle gesunden Maße ausbezahlt wurde, wahrscheinlich um ihre Klappe zu halten. Kurz darauf war Grees sehr plötzlich von seinem Posten im Betriebsrat zurückgetreten und hatte stattdessen den begehrten Job des Garantiemechanikers angenommen. Er hatte sich auf ein sonniges Jahr an Bord der
Poseidonna
gefreut, danach wollte er in den vorzeitigen Ruhestand treten. Mit Mitte fünfzig. Nun, Ruhe würde er jetzt genug haben.
    Jelto Pasternak und die beiden Lotsen gerieten offensichtlich an ihre Grenzen. Diese Kurve bei Leerort war eng wie eine Falte, und man konnte den drei Männern am Steuertisch ansehen, dass die Nerven zum Zerreißen gespannt waren und man besser keinen Laut von sich gab. Dementsprechend herrschte ein drückendes Schweigen, nur ab und zu raunte einer der Lotsen eine knappe Anweisung in den Raum. «Wir müssen den Strom von backbord nutzen.»– «Wind von vorn, in Böen 6 bis 7.» – «Pod-Antrieb auf 270   Grad.»
    Mehr wurde nicht gesagt. Zumindest nicht hörbar. Nur Marten kam das Telefonat zu Ohren, bei dem der uniformierte Sicherheitsmann dicht vor der Wand in das Handy flüsterte. «Ebba? Roger Bernstein hier, Sie müssen den Journalisten umbetten. Es kann sein, dass Grees für ein paar Stunden gekühlt wird. Ich schicke Ihnen sofort zwei Männer runter. Okay?»

Carolin
    «Carolin, ich bitte dich, du zitterst am ganzen Körper.» Ebba John legte die Hand auf Carolins Stirn, als hätte sie Fieber.
    Mit einem Kopfschütteln wurde Carolin die Berührung wieder los. «Das ist Unsinn. Ich hab in meinem Job schon öfter tote Menschen   …»
    Doch Ebba ließ nicht locker. Zum wiederholten Mal reichte sie ihr den Plastiklöffel, auf dem eine blaue Tablette lag. «Die Pillen sind harmlos. Glaub mir. Rein pflanzlich. Oder meinst du, ich will unsere Top-Fotografin außer Gefecht setzen?»
    «Wo doch schon der Journalist ausgefallen ist?», ergänzte Carolin und setzte sich im Bett auf. Sie wollte kein Beruhigungsmittel nehmen. Nur weil sie vorhin zu zittern begonnen hatte, war sie kein Fall für die Medizin. Es war ihr schon übertrieben erschienen, dass die Männer in den Uniformen sie mit einer Trage vom Atrium zur kleinen Krankenstation transportiert hatten. Ebba John mochte es ja gut meinen. Doch Carolin ließ sich nicht gern verhätscheln.
    Warum der leblose Wolfgang Grees am Boden des Atriums ihr derart den Boden unter den Füßen weggezogen hatte, konnte Carolin nicht nachvollziehen. Es war ein komisches Gefühl gewesen, so, als zerfalle ihr Blick in tausend Puzzleteile. Dann war das Atmen auf einmal schwer geworden, als hätte Sinclair Bess persönlich auf ihrem Brustkorb Platz genommen. Vielleicht war es wegen Leif. Weil er nicht da war und sie nicht wusste, was mit ihm geschehen war. Er hatte ihr etwas Wichtiges sagen wollen, er hatte etwas Brisantes vorgehabt, dann war er einfach verschwunden, und niemand außer ihr schien sich darum zu scheren. Das war doch nicht normal. Viele Sachen waren ihr schon zu Beginn der Reise spanisch vorgekommen: die peniblen Sicherheitsvorkehrungen, die Kontrolle über ihre Arbeit, so viele Dinge. Und nun gab es einen Toten. Und obwohl es wirklich ausgesehen hatte wie ein Unfall, und im Grunde genommen auch nichts darauf hinwies, dass es sich um etwas anderes als einen Unglücksfall gehandelt haben könnte, hatte der Anblick der Leiche Carolin den Hals zugeschnürt. Und ihren Verdacht geschürt, dass hier an Bord etwas faul war.
    Und nun wich Ebba John nicht von ihrer Seite und hielt Carolin ständig diese Pillen vor die Nase. «Nein danke!», sagte Carolin noch einmal, legte sich wieder hin und drehte den Kopf zur Seite.
    Sinclair Bess ging es wesentlich schlechter. Mehrmals hörte Carolin, wie nach Perl gerufen wurde, der offensichtlich immer noch nicht aufzufinden war. «Ich glaube, er ist gar nicht an Bord! Also, selbst ist die Frau», sagte Ebba John schließlich. Sie setzte dem fast bewusstlosen Millionär eine Injektion, mit ruhiger Hand und einem entspannten Lächeln.
    Vielleicht hatte Carolin sich tatsächlich in dieser Frau

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