Hallo Engel!
ich, du liebst mich. Aber das stimmt nicht. Liebe bedeutet Vertrauen. Es bedeutet, dass man dem anderen glaubt, auch wenn alles gegen ihn spricht.”
Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Gaby begriff plötzlich, dass sie das nicht mehr aushalten würde. Blindlings wandte sie sich um und stolperte aus dem Raum. Auf dem Flur blieb sie einen Moment stehen und suchte Halt an der Wand. Wie merkwürdig alles auf einmal aussah. Die Wand schien nachzugeben, der Teppichboden kam ihr entgegen. Gabriella strebte vorwärts, doch ihre Bewegungen waren wie in Zeitlupe. Tief im Innern empfand sie einen verzweifelten Drang, hier herauszukommen.
Sie erreichte den Lift und drückte auf den Knopf. Wieder und wieder. Der Lift kam nicht, und sie sah sich panisch um. Da, das Treppenhaus.
Sie rannte hinunter.
In seinem Büro stand Dev wie versteinert neben dem Schreibtisch und starrte auf die Tür. Er wartete, wartete auf das Gefühl von Bestätigung, dass er recht gehabt hatte – und das seinen nagenden Schmerz beenden würde. Jawohl, sie hatte ihn belogen. Sie hatte ihm nichts von ihrem Onkel gesagt. Doch der Schmerz blieb. Er breitete sich sogar aus und hinterließ nichts als eine große Leere.
In seinem Gesicht zuckte es, und mit einem Mal war ihm klar, dass er sich nicht länger selbst betrügen konnte. Gaby hatte recht. Der Augenschein sprach gegen sie, aber das war nicht wichtig. Entgegen aller Logik glaubte er ihr. Weil er sie liebte.
“Gaby!”, rief er.
Keine Antwort.
Die Leere wurde größer. Eine kalte vertraute Leere, die er von früher kannte. Als seine Mutter gestorben war. Als er merkte, dass sein Vater unfähig war zu lieben.
Noch lauter rief er: “Gaby!” Er stürmte aus der Tür und rannte zu den Lifts. Der Leuchtanzeige nach fuhren alle nach oben. Sie musste die Treppe genommen haben. Dev stürzte zum Treppenhaus. Von unten hörte er leises Keuchen und das Klicken von Gabys Absätzen auf den Stufen.
Er beugte sich übers Geländer und entdeckte ihr helles Haar. “Gaby!”
Sie sah hinauf und traf seinen Blick. Einen Moment lang war Schweigen. Dann drehte sie sich um und lief noch schneller.
“Gaby.” Er raste die geschwungene Treppe hinunter. “Warte! Mach langsam. Du wirst dir noch etwas antun.”
Gaby hörte nicht. Sie glitt aus, konnte jedoch das Geländer packen. Noch hastiger eilte sie weiter.
Ihr Herz klopfte hart. Er holte auf. Jetzt war sie im dritten Stock und spürte ihn hinter sich, keine zehn Meter entfernt. Das Treppenhaus löste sich in ein Gewirr von Farben und Geräuschen auf, während sie hinunterrannte.
Sie erreichte die letzte Biegung.
“Gaby!”, rief er. “Gaby, ich liebe dich.”
Der verzweifelte Klang seiner Stimme ließ sie innehalten, sie sah nach hinten – und schwankte. Einen Augenblick lang balancierte sie auf der Kante.
Dev streckte die Arme aus, um sie aufzufangen. Vergeblich.
Sie fiel, stürzte hinab … hinab … hinab …
Und war weg.
16. KAPITEL
D er Ort war verlassen. Niemand wartete auf Einlass, und erst als Gabriella durch den Nebel näher heranschwebte, bemerkte sie Bud, der auf einer weißen Bank vor der Himmelspforte saß.
Der goldene Heiligenschein krönte noch immer sein graues Lockenhaar, und seine alterslosen Augen blickten noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte. Er hatte sich kein bisschen verändert – aber sie war ja auch nur elf Tage weg gewesen. Komisch, wie sich in so kurzer Zeit für sie alles geändert hatte.
Er lächelte, als sie herankam. “Sei gegrüßt, Gabriella.”
Seine Freundlichkeit war ebenfalls unverändert. Gabriella gab sein Lächeln zurück und gewann einen schwachen Trost aus seinem warmen verständnisvollen Blick.
“Sei gegrüßt, Bud.” Sie setzte sich neben ihn auf die Bank. Sie blickte in sein leuchtendes Gesicht und ihr Lächeln schwand langsam. “Du weißt vermutlich, dass ich versagt habe.”
“Hast du das?”
“Ja. Ich war nicht fähig, Devlin Hunt zu helfen. Er flucht immer noch – und lügt.”
Ich liebe dich, Gaby.
Ihre Stimme wurde rau. “Ich habe alles falsch gemacht, Bud. Ich fürchte, er hat jetzt noch größere Schwierigkeiten als vorher.”
“Und wieso glaubst du das?”
Sie sah auf ihre Füße herab und betrachtete den zarten Nebel, der um ihre Schuhe wallte. “Weil er seinen Job verloren hat … und seine Verlobte. Weil er sehr unglücklich ist. Und sehr wütend.”
Die Herzlichkeit wich nicht aus seinen Augen. “Seine Zufriedenheit wäre kein Beweis für deinen
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