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Hallo Engel!

Hallo Engel!

Titel: Hallo Engel! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Paul
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sich die Bibel des Priesters für einen letzten Crash-Kurs auszuleihen. Sie drehte sich abrupt um und stach ihm mit der Flügelspitze direkt ins Auge.
    “Autsch!”
    “O Verzeihung!” Er antwortete nicht. Inzwischen ähnelte der Mann mehr einem geplagten Märtyrer als einem nachsichtigen Geistlichen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, ihn um seine Bibel zu bitten.
    Es blieb ihr ohnehin keine Zeit mehr. Leises erregtes Murmeln ging durch die Reihe, und plötzlich erschien eine weiß gekleidete Gestalt neben Gabriella. Der Mann sah sympathisch aus. Sie konnte nicht sagen, wie alt er sein mochte, aber sein Gesicht mit den klaren alterslosen Augen wirkte jung. Freundliche Augen. Als würde er alles über die Menschheit wissen und trotzdem stets das Beste erwarten. Ein goldener Ring schwebte über seinem lockigen grauen Haar.
    “Seid gegrüßt”, sagte er. “Ich bin Bud.”
    “Sei gegrüßt, Bud”, gaben der Priester und die alte Dame einstimmig zurück. Die anderen Leute in der Schlange verblassten im Nebel.
    Die Großmutter gab Gabriella einen Rippenstoß. “Ja, ach so, sei gegrüßt, Bud”, sagte Gabriella schnell.
    Bud lächelte. “Ich habe eine Bitte. Da unten steckt ein Mann gewaltig in der Klemme. Würde einer von euch hingehen und ihm helfen?”
    “Er heißt nicht zufällig Herbert Smith?”, fragte Gabriella zögernd. Als Bud den Kopf schüttelte, atmete sie erleichtert auf.
    “Geht jemand freiwillig?”, forschte Bud. Mit seinem warmen Blick schaute er die drei an. Gabriella sah auf die Spitzen ihrer hochhackigen Schuhe herunter, die halb im Nebel verborgen waren. Ein Mann in der Klemme? Sie schauderte. Wie sollte sie ihn da herausholen? Nein,
sie
würde sich bestimmt nicht freiwillig melden.
    Außerdem, da sie nun schon einmal hier war, wollte sie nicht wieder weg. Onkel Herb hätte sie natürlich beigestanden, aber das musste Bud verstehen. Es gefiel ihr hier oben. Dies schien ein Ort zu sein, wie sie ihn sich von Kindesbeinen an ersehnt hatte. Hier war sie sicher. Geborgen.
    Es war wie … Heimat.
    Die großmütterliche Dame dachte offenbar ähnlich. Sie sagte: “Aber wir warten schon so lange.”
    “Es wird keine zwei Wochen dauern”, versprach Bud. “Wenn du zurück bist, kommst du direkt an die Spitze der Schlange.”
    Der Knabe da unten muss wirklich ein echter Problemfall sein, wenn es für seine Rettung so eine tolle Belohnung gibt, überlegte Gabriella.
    Bud fügte hinzu: “Wir brauchen jemanden mit viel Geduld und Selbstbeherrschung. Und viel Liebe natürlich. Denn Liebe löst alle Probleme.”
    Gabriella atmete erleichtert auf. Damit war sie eindeutig aus dem Schneider. Was wusste sie denn schon von Liebe?
    Der Priester nickte ernst auf Buds Bemerkung hin. Mit seinem knochigen Finger markierte er die Stelle in seinem Buch, sah auf und räusperte sich. “Ich habe Erfahrung mit menschlichen Schwächen. Wer ist der Mann, was ist sein Beruf?” In seinem länglichen Gesicht zeigten sich Besorgnis und Zuversicht.
    “Er heißt Devlin Hunt.” Bud zögerte. “Er ist Rechtsanwalt.”
    Ein
Anwalt
. Gabriella zog die Nase kraus.
Das erklärt einiges
.
    Die Großmutter blickte bekümmert drein. Sogar der Geistliche verlor ein Stück seiner Zuversicht. Gabriella starrte erneut auf ihre Schuhe.
    Das Schweigen wurde langsam peinlich. “Der oder die Freiwillige möge vortreten”, sagte Bud schließlich.
    Keiner rührte sich.
    Freundlich fügte er hinzu: “Die Sache ist dringend. Einer von euch
muss
hinunter.”
    Sie hätte es ahnen können. Es war ja nicht das erste Mal, dass die unangenehmsten Aufgaben an ihr hängen blieben. Gabriella fing gerade noch den einvernehmlichen Blick zwischen dem Priester und der Großmutter auf, als sie sich sanft angestoßen fühlte. Sie stolperte nach vorn.
    Auf Buds Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. “Wie lieb von dir, Gabriella, dass du einspringst.”
    Verflixt!
    “Übrigens, Gabriella …”
    Hoffnungsvoll sah sie auf. Hatte er es sich anders überlegt?
    “Nicht zu viel fluchen, ja?”
    Ihre Flügel verschwanden. Überrascht von dem plötzlichen Verlust der Last schwankte sie. Sie machte einen Schritt rückwärts. Eine leichte Brise umfing sie. Einen Augenblick lang taumelte sie am Rand der Wolke.
    Und dann fiel sie hinab … hinab … hinab …

1. KAPITEL
    D as Lokal war gesteckt voll. Und es war unglaublich heiß. Rauchige Schwaden hüllten die Gestalten ein und machten die Hitze umso drückender.
    Devlin band sich die

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