Halo 02 - Die Invasion

Kreatur war zu sehen.
    „Okay“, sagte die Offizierin. „Wir müssen vier Löcher versiegeln. Ich will die Korken in dreißig Minuten am Boden des Schachts sehen. Ich gehe runter.“
    McKay beendete den Satz und ließ sich in das Loch fallen, das in die Mitte des Gitters geschnitten worden war. Wellsley berechnete bereits die genauen Maße jedes Torbogens, damit die Navy-Techniker die passenden Metall-„Korken“ herstellen konnten. Diese sollten dann in den Schacht gebracht und angeschweißt werden. Innerhalb weniger Minuten wurden Computer generierte Umrisse in Metallplatten gelasert, Schneidbrenner flammten auf, und die Arbeit begann.
    McKays Stiefel trafen auf festen Boden und sie sah sich um. Jetzt, wo sie die Umgebung zum ersten Mal mit eigenen Augen sah, bemerkte sie ein Relief, das in den unteren Teil des Schachtes eingemeißelt war. Sie wollte es sich näher ansehen und mit ihren Fingern über die lehmbedeckten Zeichen streichen, aber sie wusste, dass das nicht ging. Sie hätte nur den Verteidigungsring geschwächt und sich selbst in Gefahr gebracht.
    „Kontakt!“, rief einer der Marines nervös. „Ich habe eine Bewegung gesehen.“
    „Noch nicht schießen“, sagte McKay vorsichtig. Ihre Stimme hallte von den Wänden wider. „Spart Munition, bis ihr ein deutliches Ziel erkennt.“
    Sie hatte den Befehl gerade ausgesprochen, da ergoss sich die Flut bereits in den Schacht. McKay schrie: „Jetzt! Zieht!“, und sieben Winden rissen ihr Team nach oben außer Reichweite. Die Marines feuerten, während sie hochgezogen wurden. Ein Helljumper schrie der Kampfkreatur, die den Angriff leitete, Beleidigungen entgegen.
    Der lautstarke Marine ließ sein leeres Magazin fallen, schob ein neues in sein Gewehr und hob die Waffe an die Schulter, um weiter zu machen. Die Kampfkreatur, auf die er geschossen hatte, sprang fünfzehn Meter hoch in die Luft, wickelte ihre Beine um die Hüften des Marines und schlug ihm den Schädel mit einem Stein ein.
    Die Kreatur schlang die Waffe des Marine über ihre Schulter und kletterte wie ein großer Affe am Seil nach oben, der Plattform entgegen.
    Lister, der auf dem Gitter stand, richtete seine Pistole nach unten. Er schoss der Kreatur drei Kugeln in den Kopf und sah, wie sie in die wirbelnde Masse stürzte und darin verschwand.
    „Los, Leute!“, brüllte der Soldat. „Raus mit den Ködern und rein mit den Bomben.“
    Energiestrahlen rasten nach oben, während sich die Winden drehten, die Helljumper emporgezogen wurden und die Granaten durch das Gitter in die Masse hinabgeschleudert wurden. Es waren keine Splittergranaten, denn diese hätten die Helljumper Schrapnellen ausgesetzt. Stattdessen verwendete man Plasmagranaten, die zuerst brannten und dann in kurzen Abständen zwischen der Flut explodierten. Sie vernichteten die meisten Angreifer, und der Rest konnte mit gezielten Schüssen und weiteren Granaten getötet werden.
    Zehn Minuten später waren auch die Korken fertig. Man schickte ein größeres Kampfkontingent nach unten, außerdem vier Technikergruppen. Die Torbögen konnten ohne Zwischenfall verplombt werden, auch der Schacht wurde versiegelt und das Gitter repariert. Ewig würden diese Barrieren nicht halten, aber es kam auch nur auf ein oder zwei Tage an.
    Der Master-Chief kam im Gravitationslift oben an und kämpfte sich seinen Weg durch ein Labyrinth von Gängen und Räumen, die von der Flut oder der Allianz besetzt wurden. Er bog um eine Ecke und sah eine offene Tür vor sich. „Das sieht nach einem Shuttlehangar aus“, sagte Cortana. „Wir sollten den Kontrollraum über die dritte Ebene erreichen.“
    Die NI-Verbindung, der Cortana folgte, übermittelte eine neue Botschaft des Captains. Seine Stimme war schwach und undeutlich. „ Ich habe Ihnen einen Befehl gegeben, Soldat. Brechen Sie ab!“
    „Er halluziniert wegen der Schmerzen“, sagte Cortana. „Wir müssen ihn finden!“
    „… abbrechen! Ich habe Ihnen einen Befehl gegeben, Soldat!“
    Der Gedanke hallte in den Überresten von Keyes’ gequältem Geist wider. Die eindringende Präsenz sank tiefer. Sie wusste, dass die Lebensform ihr Ende erreichte – sie hatte nicht mehr genügend Energie, um zu kämpfen.
    Sie warf sich gegen die Erinnerungen, die von der Kreatur so eifersüchtig bewacht wurden und zuckte zurück, als sie den furchtbaren Widerstand bemerkte.
    Keyes klammerte sich an die letzte wichtige Erinnerung und schrie – in seinem Geist, in dem niemand außer ihm und der Kreatur war,