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Halsknacker

Halsknacker

Titel: Halsknacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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ächzten, die Pumpe drückte stampfend ihre Schmiere in den heißen Schacht.
    Kalle dachte an Olga. Dachte sieben Stunden lang an Olga. Und er hätte das noch bis zum Ende seiner Schicht getan, wenn nicht geschehen wäre, was geschah.
    Ohne dass er es gleich registrierte, berührte sein Bohrkopf einen empfindlichen Punkt. Die Geräusche drangen ihm erst ins Bewusstsein, als am Schaltpult bereits alle Warnlämpchen blinkten: ein fernes Grollen, das den Kran, die Insel, ja das ganze Meer erbeben ließ, ein Stöhnen, das – so unterirdisch es auch war – in höchstem Maße überirdisch klang.
    Im Gleißen der Scheinwerfer schoss eine Wasserfontäne hoch, um sich – gleich einer riesigen silbernen Blume – am Nachthimmel zu entfalten. Kurz hielten die Männer inne und starrten mit offenen Mäulern nach oben, aber gleich darauf verfielen sie in hektische Betriebsamkeit. Befehle wurden gebrüllt, Motoren gedrosselt, Ventile geschlossen. Jetzt, da das Ziel erreicht, die Schatzkammer angezapft war, galt es, die plötzlich entfesselten Kräfte in Bahnen zu lenken. Denn die Erde ist ein wildes Tier: Wenn es ihr kommt, dann kommt es ihr gewaltig.
    Die Nachtschicht war beendet. Vorzeitig beendet. Der Bohrtrupp packte zusammen, um das Feld der Wissenschaft zu überlassen. An den Physikern und Geologen lag es nun, Messungen anzustellen, Volumen und Struktur der Goldgrube zu schätzen, aus der sich – so hoffte man – bald schon Gallone um Gallone schwarzen Goldes in die Tanks ergießen würde.
    Während die frohgemuten Kollegen sogleich in Richtung Kantine strebten, zog es Kalle unweigerlich zu seiner Kajüte hin. Kalle dachte an Olga. An ihre wallenden, wogenden Bomska, an ihren glucksenden Müff. Die kurz vor dem Blow-Out beendete Bohrung, dieser gleichsam planetare Interruptus, hatte seine Fantasie beflügelt, seine Lust aufs Äußerste befeuert. Er verfiel in Laufschritt, nestelte den Zimmerschlüssel aus dem Ölzeug, riss dann voller Ungeduld die Tür zu seiner Kabine, seiner persönlichen Bohrinsel auf.
    Die säuerliche Schwade schlug ihm direkt ins Gesicht: ein Brodem aus Männerschweiß, Körpersekreten, ein Dunst wie im Dampfbad. Kalle wich zurück, riss Augen und Mund auf, schnappte nach Luft. Er rang um einen Schrei, einen Schrei, der tief in seiner Kehle steckte wie verkeilt, wie festgefressen.
    In seiner Koje lag Olga, über ihr die zwei nackten Chinesen. Der eine hatte sein kleines, drahtiges Hinterteil zwischen Olgas Schenkeln geparkt, er pumpte mit verblüffend hochfrequenten Stößen sein Gemächt in ihre Muppe. Der andere kniete über Olgas Kopf, die Hände gegen die Wand gestützt, und delektierte sich – nicht minder hektisch zappelnd – an ihrem geöffneten Mund.
    »Fick mich …«, gurgelte Olga mit erstickter Stimme. »Fick mich …«
    Kalle senkte den Kopf und schloss lautlos die Tür. Dann trottete auch er in die Kantine.
    Friedlich und schwarz lag die nächtliche See. Nur am östlichen Horizont ließ sich der erste, zaghafte Schimmer des nahenden Morgens erahnen. Von einer kühlen Brise umfächelt, standen in enger Umarmung zwei Schatten an der Brüstung des Oberdecks. Liebende, konnte man meinen.
    »Du wirst dich niemals ändern«, sagte Kalle leise. »Niemals.« Er betrachtete gedankenvoll den flachen Gegenstand in seiner Hand. Ein Klick, das Messer schnappte auf. »Kannst du dich noch erinnern? An das letzte Mal? Zwei Jahre muss es her sein …« Ein langer, fragender Blick in ihre Augen, dann schob Kalle ihr – wie nebenher – die Klinge in den Bauch. Mit sanftem Druck wand er sie höher, durch den weichen Kautschuk, bis zwischen Olgas vibrierende Bomska. »Es ist noch dasselbe Messer wie damals«, raunte er. Behutsam zog er Olga nun die Schneide aus dem Leib. Er klappte das Stilett zusammen, mit geübtem Griff, und steckte es in seinen Overall. »Nur dass du offenbar auch damals nichts gelernt hast. Es muss wohl … Ja, es steckt in deinem Hirn. Die Krankheit steckt in deinem Schädel – deinem wunderschönen Schädel …« Schon legte er die breite Hand auf Olgas Stirn und presste ihren Kopf nach hinten, knickte ihr mit einem groben, von einem hässlichen Knirschen begleiteten Ruck den Nacken ab. Er drückte und drehte, bis die Haut über ihren geborstenen Wirbeln zerriss.
    Kalle weinte. Seine Tränen wollten nicht versiegen. Erst als die Strahlen der steigenden Sonne die Spitze des Bohrturms erreichten, nahm er sich ein Herz: Nachdem er Olgas Körper über die Brüstung gewuchtet hatte,

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