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Hamburger, Hollywood & Highways

Titel: Hamburger, Hollywood & Highways Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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nicht nur seinen eigenen Platz auswählte, sondern sich dafür von einem Künstler ein Werk erstellen ließ.
    „Eines, dass die eigene Lebensgeschichte wiederspiegelt“, sagte Ralph. „Damit sie nicht vergessen wird.“
    Womit sich der Kreis von Entstehung und Vergänglichkeit schloss. Wir standen an einem dunklen Wasser, um uns rauschten die Wälder. Ein Land, wie geschaffen dafür, Erinnerungen zu fördern. Ralph und John standen dafür Pate, jeder auf seine Weise.
    Ein paar Tage später saß ich wieder im Auto. Das tat gut, auch wenn die Highways des Ostens nicht das Fernweh des Westens vermitteln konnten. Ich wollte einen Abstecher nach Cap Cod machen, und die Halbinsel war eisenbahntechnisch gesehen Brachland. Was sein Gutes hat, denn sonst würden sich zur Hauptreisezeit noch mehr Touristen auf den Füßen stehen. Jetzt war keine Hauptreisezeit, und ich hatte die Halbinsel für mich. Zumindest kam dieser Eindruck auf – ich kenne kaum eine Landschaft, die so unterschiedliche Gesichter zeigen kann.
    Cod bedeutet Kabeljau, womit verraten ist, was der häufigste Berufszweig war, bevor die Touristen einfielen. Auch größere Meereslebewesen wurden von hier und den Nachbarinseln Marthas Vineyard und Nantucket gejagt. Die Walfänger aus der Region waren geachtet, gefürchtet, und vor allem unersättlich. Sie jagten Pottwale, aus deren Speck Tran gefertigt wurde. Das im Kopf befindliche Walrat war begehrter Zusatz für die Ölherstellung. Außerdem waren Waschmittelhersteller hinter Ambra her wie der Teufel hinter der Seele. Ambra findet man in Därmen von Pottwalen. Es lässt Wäsche glänzen, und war so begehrt, dass Waschmittelhersteller im 19. Jahrhundert eigene Fangflotten finanzierten. Viele davon liefen von hier aus. Wie 1820 das Walfangschiff „Essex“– das erste, welches durch Rammstöße eines Pottwals versenkt wurde. Als dann ein Wal mit weißer Narbe einen Walfänger nahe der Insel Mocha vor der chilenischen Küste rammte, gab man dem kämpferischen Tier den Namen „Mocha Dick“, was Hermann Neville zu seinem Roman „Moby Dick“ inspirierte. Neville war ebenfalls von Cape Cod als Walfänger aufgebrochen, doch mit dem literarischen Erfolg konnte er die Harpune gegen eine Schreibfeder eintauschen.
    Heute kommen die Leute des Lichtes wegen. Ganz im Norden der Halbinsel liegt das Städtchen Provincetown, berühmt für den magischen Glanz, welcher sich an manchen Tagen über die Landschaft legt. Auf der Fahrt von New York nach Old Saybrook hatte ich in einem Buch von Paul Theroux gestöbert, und war beim Kapitel „The True Size of Cape Cod“ hängen geblieben. Theroux gehört zu den erfolgreichsten Reiseschriftstellern weltweit. Sein Markenzeichen ist seine konstant schlechte Laune, und obwohl das eigentlich nicht zu mir passt, habe ich seine Bücher trotzdem gerne gelesen. Irgendwie bringt ihn seine Gereiztheit dazu, genauer hinzusehen. Um danach, wie in „Die Säulen des Herkules“, eine genaue Diagnose zu stellen: „Any country which displays more than one statue of a living politician is a country which is headed for trouble.“
    Diese Erfahrungen habe ich auch schon gemacht. In Ländern, die von Leuten beherrscht werden, die überall auf Statuen und Postern ausgestellt werden, dabei gerne als „Großer Führer“, „Kamerad“, „Kämpfer“ oder „Guter Vater“ gepriesen, muss man immer damit rechnen, dass es ungemütlich wird.
    Theroux ist ein Nomade, ständig auf Achse, doch in Cape Cod fühlt er sich ganz zu Hause. Er hatte eine hübsche Definition für diesen unerklärlichen Begriff gefunden: „If a place is home, most years it offers 365 faces“ . Für mich hatte sie nur einen Haken: Ich entdecke überall auf der Welt diese 365 Gesichter. Dazu muss ich nur in aller Ruhe reisen, immer wieder ein paar Wochen oder Monate bleiben – dann stellt sich auch das Gefühl ein, darüber schreiben zu können.
    All das ging mir durch den Kopf, während ich durch die Sträßchen von Provincetown schlenderte. Es gab jede Menge Galerien, Kunstschulen und renommierte Artist Colonies wie das Fine Arts Work Center. Hier war man stolz auf seine Maler, Schriftsteller und Musiker, die sich in diesem abgelegenen Zipfel angesiedelt hatten. Auch Lesben, Schwule und Drag Queens fühlten sich wohl – seit San Francisco hatte kein Ort mehr so viel Toleranz verströmt wie Provincetown. Allerdings bezahlte man dafür einen Preis: Auch die Kunst und die Freiheit lockten Touristen.
    Auf der Suche nach

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