Handy-Falle
»Und natürlich hab ich immer meine eigene Handynummer unterdrückt, sonst wäre ich ja sofort aufgeflogen. Die meisten waren so eingeschüchtert, dass sie sofort gezahlt haben.«
Michi schüttelte den Kopf. »Ich krieg das einfach nicht in meinen Kopf. Warum hast du das bloß gemacht? Du verdienst doch bei unserem Vater im Laden genug, um über die Runden zu kommen, oder?«
Frank schnaubte verächtlich. »Pah! Von dem Hungerlohn kann doch kein Mensch leben! Aber der Alte will einfach nicht mehr herausrücken. Jedes Mal, wenn ich eine Gehaltserhöhung fordere, wimmelt mich der Geizkragen ab.«
»Na ja, der Laden wirft eben nicht mehr so viel ab«, sagte Michi. »Darum spart Vater ja auch, wo er nur kann …«
»Totale Ausbeutung ist das, und sonst nichts!«, schimpfte Frank. »Ich kann mir ja noch nicht mal ein eigenes Auto leisten! Geschweige denn eine größere Wohnung. Glaubst du etwa, ich will ewig in diesem kleinen Loch über dem Laden wohnen?« Franks Augen blitzten wütend. Das Thema schien ihn ziemlich aufzuregen. Offenbar hatte Michi einen wunden Punkt getroffen. »Darum bin ich ein paarmal zum Kartenspielen in einen privaten Spielclub gegangen. Den hatte mir ein Kumpel empfohlen. Ich dachte, ich könnte dort mein Gehalt ein bisschen aufbessern. Damit ich mir endlich auch mal etwas leisten kann …« Er seufzte. »Hat aber nicht geklappt. Die Typen haben mich total über den Tisch gezogen. Als ich da wieder rausgekommen bin, hatte ich jede Menge Schulden am Hals. Und wie sollte ich die denn jemals wieder loswerden mit dem mageren Gehalt, das der Alte mir zahlt? Ich war ganz schön fertig mit den Nerven. Außerdem können diese Spielclub-Leute sehr ungemütlich werden, wenn man mit den Raten in Rückstand gerät. Die schicken dir gleich ihren Schlägertrupp auf den Hals, und dann kannst du die nächsten Wochen erst mal im Krankenhaus verbringen. Da ist mir die Idee mit den abhörbaren Handys gekommen. Ich dachte, das wäre meine einzige Rettung …«
Frank verstummte und blickte ins Leere. Er sah auf einmal so mutlos und verzweifelt aus, dass er Kim beinahe leid tat. Er schien selbst nicht mehr zu verstehen, wie er so tief hatte sinken können. Aber das war natürlich keine Entschuldigung für das, was er Anna und den anderen erpressten Schülern angetan hatte.
»Es wird höchste Zeit, dass wir die Polizei verständigen«, sagte Kim und zückte ihr Handy.
Doch bevor sie 110 eintippen konnte, kam plötzlich wieder Leben in Frank. »Ich lasse mich nicht einbuchten!«, rief er panisch. »Jetzt ist sowieso schon alles egal!« Er setzte mit einem Sprung über die Bank und rannte in Richtung Ententeich davon.
»Der Mistkerl will abhauen!«, schrie Franziska. »Schnell! Hinterher!« Dann raste sie auch schon los. Michi folgte ihr.
Marie griff nach ihrem Fahrrad und rief: »Ich versuche, ihm den Weg abzuschneiden!« Sie trat in die Pedale und fuhr in der anderen Richtung um den Ententeich herum. Nur Anna und Kim blieben bei der Bank zurück.
Anna war kalkweiß im Gesicht und murmelte: »Hoffentlich kriegen sie den Mistkerl. Er darf einfach nicht entkommen!«
Kim tippte mit zitternden Fingern die Nummer der Polizei. Sie brauchten unbedingt Verstärkung. In Kims Kopf wirbelten tausend Gedanken durcheinander, aber sie versuchte trotzdem, so ruhig wie möglich alle nötigen Angaben zu machen.
»Ihr verfolgt gerade einen Erpresser im Jakobipark?«, fragte die Polizistin am anderen Ende der Leitung ungläubig, nachdem Kim ihr die Situation erklärt hatte.
»Genau«, bestätigte Kim. »Kommen Sie schnell, sonst entwischt er uns noch!«
Inzwischen war Franziska Frank dicht auf den Fersen. Michi folgte mit einigem Abstand. Kim stellte fest, dass Franziska wirklich wahnsinnig schnell laufen konnte. Von der anderen Seite des Sees raste Marie auf ihrem Fahrrad auf Frank zu. Sie klingelte die ganze Zeit wie verrückt mit ihrer Fahrradklingel, um die zahlreichen Spaziergänger zu warnen, die auf dem Kiesweg unterwegs waren. Ein älterer Herr machte nicht schnell genug Platz, sodass Marie ihn fast über den Haufen gefahren hätte. Im letzten Moment konnte sie ausweichen, und Kim atmete erleichtert auf.
Frank versuchte, seine Verfolger loszuwerden, indem er einen Haken schlug und plötzlich auf den Holzsteg rannte, der über den Ententeich führte. Ein paar Tretboote waren am Steg vertäut. Hierhin konnte ihm Marie mit ihrem Fahrrad nicht folgen. Aber Franziska ließ sich nicht so leicht abschütteln. Sie sprang
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